YB wieder Meister? Weshalb nicht!
Können die Young Boys den Meistertitel verteidigen? Es ist noch nicht lange her, da hätte man diese Frage mit einem überzeugten «Nein» beantwortet. Doch nun hat der Wind gedreht, lautet die Antwort vielmehr: «Weshalb nicht!»
Nur noch sechs Punkte trennen aktuell in der Super League den Leader FC Basel und Titelverteidiger YB auf Rang 7. Die Differenz ist geschmolzen wie Schnee in der Frühlingssonne, die Berner, die im Oktober noch auf dem letzten Platz gelegen waren, haben längst die grosse Aufholjagd lanciert. Drei Siege gab es in den letzten drei Meisterschaftsspielen gegen Lausanne (2:1), Yverdon (6:1) und Sion (5:1).
Erinnerungen an den Sommer 2023
Die lange schwächelnde Offensivmaschinerie beginnt wieder zu laufen, und so sagte Rückkehrer Christian Fassnacht nach dem klaren Sieg gegen Sion: «Es fühlt sich für mich an wie das YB, das ich im Sommer 2023 verlassen habe. Unsere Leistung macht Mut für die nächsten Aufgaben.» Auch Trainer Giorgio Contini zeigte sich zufrieden und bilanzierte: «Insgesamt war es eine souveräne Leistung. Die Spielfreude ist zurück. Aber wir müssen weiterhin zielstrebig sein und versuchen, das Niveau kontinuierlich zu steigern.»
Nach diesen drei Siegen in Serie sind die Berner den Gegnern wieder hart auf den Fersen, und es gibt einige Anzeichen, dass der Meister doch noch ein ganz heisser Titelkandidat ist. Da ist beispielsweise der Fakt, dass es dem jeweiligen Leader immmer wieder nicht gelingt, mit einem Sieg das Punktepolster auszubauen. Zuletzt war dies auch beim FC Basel der Fall, der auswärts gegen Servette 1:2 verlor. Sechs Punkte in den verbleibenden 15 Spielen – zehn, bis die Liga aufgeteilt wird und danach weitere fünf Begegnungen – sind so definitiv aufholbar.
Geglückte Transfers
Zuversicht verleihen diesbezüglich definitiv auch die personellen Massnahmen, die zuletzt getroffen wurden. Mittelfeldspieler Rayan Raveloson, der von Auxerre gekommen ist, und Christian Fassnacht haben bereits zwei Tore erzielt – und Ex-Servette-Torminator Chris Bedia hat sogar schon dreimal eingenetzt. Diese neue oder wiedergefundene Treffsicherheit ist bei den Genfern für die kommenden Wochen ein grosser Trumpf.
In der Defensive zeigt Goalie Marvin Keller, der David von Ballmoos als Nummer 1 abgelöst hat, dass er totz seiner erst 22 Jahre ein sicherer Rückhalt ist. Ihn zu befördern, ist ein Entscheid, den der neue Trainer Giorgio Contini gefällt hat, und er erweist sich bislang als richtig. Überhaupt nehmen die Berner unter dem neuen Coach immer mehr Fahrt auf, nachdem sie in den ersten vier Spielen – zwei in der Champions League und zwei in der Meisterschaft – weder einen Sieg, noch einen Torerfolg bejubeln konnten und am Ende auf dem Totomat zweimal ein 0:0 (gegen Winterhur und gegen GC) und zweimal ein 0:1 (gegen Celtic Glasgow und Roter Stern) stand.
Mittlerweile greifen aber Continis Massnahmen. YB hat zuletzt mit Offensivfussball überzeugt und Ambitionen angemeldet. Contini hat dem Team Leben eingehaucht und dafür gesorgt, dass Stärken wie Energie, Intensität und Pressing wieder zur Geltung kommen – was unter Patrick Rahmen und Joël Magnin gefehlt hat. Wenn die Berner diese Tendenz fortsetzen und auch mit der nötigen Konsequenz überzeugen, ist ganz sicher mit ihnen zu rechnen, zumal die zusätzliche Belastung durch die Champions League wegfällt. Aber der Grat ist schmal. Fehltritte müssen ausbleiben. So sind drei Punkte am Samstag in Winterthur gegen den Tabellenletzten absolute Pflicht. Dies umso mehr, weil nicht nur Leader Basel in der Tabelle vor den Bernern liegt, sondern noch fünf weitere Teams. Und weil in der Super League aktuell jeder jeden bezwingen kann und so alle regelmässig Punkte sammeln und untereinander aufteilen.