YB-Sportchef Von Bergen bilanziert zum Ausscheiden mit 0 Punkten
Bei den Young Boys ist auch nach dem Trainerwechsel kein Aufschwung festzustellen. Als erster Schweizer Klub bleiben sie in einer Europacup-Kampagne punktelos. Sportchef Steve von Bergen ordnet ein.
YB-Sportchef Steve von Bergen ordnet das Abschneiden der Young Boys in der Champions League ein. Der 41-Jährige spricht über die Lehrstunden gegen die Top-Teams, darüber, warum diesem YB im Moment kein Coup wie einst gegen Manchester United gelang, und er verrät, dass auf dem Transfermarkt schon bald Bewegung herrschen dürfte. Den oft kritisierten Offensivkräften spricht der Neuenburger aber sein Vertrauen aus.
Steve von Bergen, im achten Champions-League-Spiel gab es für YB die achte Niederlage. Warum hat es auch gegen Roter Stern Belgrad nicht gereicht?
"Weil wir eine ungenügende Leistung gezeigt haben."
Im letzten Jahr überwinterte YB erstmals nach einer Gruppenphase der Champions League europäisch. Jetzt steht es im reformierten Wettbewerb am Ende mit einem Torverhältnis von 3:24 und 0 Punkten auf dem 36. und letzten Platz. Was ist passiert?
"Auch als es uns in der Liga top lief, war die Champions League nie einfach. Da gelang uns vielleicht ein Heimsieg wie damals gegen Manchester United oder Juventus Turin. Jetzt erleben wir in der Liga eine schwierige Phase und spielen international gegen Gegner, die in Form sind. Das macht einen grossen Unterschied."
YB schien in dieser Liga oft überfordert. War es fehl am Platz?
"Nein. Wir haben es verdient, an der Champions League teilzunehmen, weil wir in der Qualifikation gegen Galatasaray Istanbul zwei sehr gute Leistungen gezeigt haben. Aber wir haben in der Meisterschaft unsere Probleme, und da ist die Lücke zu europäischen Teams im Moment zu gross. Wir müssen die Champions League jetzt hinter uns lassen und uns auf die wichtigen Spiele in der Liga konzentrieren."
Sind Sie demnach froh, ist die Dreifachbelastung nun vorbei?
"Wir sind nicht froh, aus der Champions League ausgeschieden zu sein. Wenn du dich qualifizierst, weisst du, dass es normalerweise schwierig wird, in die K.o-Runde zu kommen, aber es ist immer eine Ehre, dabei zu sein. Von daher können wir stolz sein. Klar waren die Spiele eine grosse Belastung für uns, aber solche Erfahrungen sind für unsere Spieler sehr wertvoll."
Kam die Champions League zu früh für diese Mannschaft?
"Nein, nein. Wir wissen, wann die Champions League anfängt. Wenn sie zu früh gekommen wäre, wären wir nicht in der Lage gewesen, zwei Leistungen wie gegen Galatasaray abzuliefern. Aber wir haben mit Aston Villa, Atalanta Bergamo und dem FC Barcelona gegen Top-Mannschaften gespielt, gegen die wir im Moment nicht mithalten können. Das ist unsere Realität."
Würden Sie mit den Erkenntnissen, die Sie aus den acht Spielen ziehen konnten, heute etwas anders machen?
"Nein. Wir haben uns qualifiziert. Das ist für einen Schweizer Verein ein grosser Erfolg. Natürlich gibt es wohl Dinge, die man anders hätte angehen können, wenn man in einem Wettbewerb Letzter wird. Aber das Problem heute ist nicht nur die Champions League, sondern vor allem auch die Tabellensituation in der Meisterschaft."
Kann YB überhaupt etwas lernen, wenn es wie auswärts in Barcelona oder zuhause gegen Atalanta Bergamo chancenlos ist?
"Unbedingt. Die Intensität und technische Qualität, wie seriös diese Mannschaften über 90 Minuten gespielt haben - das war beeindruckend. Nach dem 0:5 gegen Barcelona gab es ziemlich viel Kritik, weil wir fünf Gegentore kassierten. Aber ich glaube, wir sind nicht die Einzigen, denen das in diesem Jahr passiert ist. Wir müssen versuchen, etwas für uns mitzunehmen und auf unser Niveau zu adaptieren. Aber wir müssen uns auch eingestehen, dass diese Spiele einfach ein paar Stufen zu hoch waren für uns."
In manchen Medien hiess es, YB würde die Schweiz gar europäisch blamieren.
"Es ist klar, dass es Kritik gibt. Wir reden die Situation intern auch nicht schön. Wir sind nicht stolz darauf, mit 0 Punkten auszuscheiden. Wir haben die Schweiz repräsentiert, und nach Galatasaray waren wir alle glücklich. Heute stehen wir da und müssen sagen: Das tut weh."
In vier Spielen unter dem neuen Trainer Giorgio Contini ist YB noch kein Tor gelungen. Wo die grösste Baustelle liegt, ist augenscheinlich.
"Anfangs Saison haben wir viel über die Abwehr gesprochen. Heute sprechen wir über die Offensive. Ja, wir haben mit Giorgio noch 0 Tore erzielt. Aber unsere Spieler haben Qualität. Das ist meine Überzeugung, und das haben sie auch schon gezeigt. Jetzt geht es darum, diese Freude am Spiel nach vorne wiederzufinden, Torchancen zu kreieren und unsere Gegner unter Druck zu setzen. So wie uns das im Heimspiel gegen Winterthur gelungen ist. Leider aber ohne Torerfolg. Es ist unser Job, den Schlüssel zu finden, dass wir wieder Tore schiessen. Ich hoffe, wir finden ihn schon am Wochenende gegen Lausanne."
Contini sprach sich kürzlich für Verstärkung in der Offensive aus. Präsentieren Sie schon bald einen neuen Stürmer?
"Wir sind in der Transferperiode. In den nächsten Tagen werden noch ein paar Sachen passieren, aber, noch einmal, wir haben in der Offensive Spieler mit Qualität. Jetzt müssen wir es einfach auf dem Platz beweisen."
Und dann plötzlich doch wieder in der Champions League auftauchen und das Schweizer Image aufpolieren?
"Nein. Wir müssen nicht über die Champions League von nächster Saison reden. Für uns geht es darum, so schnell wie möglich in die Top 6 der Super League zu kommen, den Weg zum Tor zu finden, Leistungen zu zeigen, die uns eine Basis liefern, wieder erfolgreich zu sein."