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«Wir haben wieder Freude in der Mannschaft»

Andy

Den ZSC Lions ist der Start in die neue Saison geglückt – nach Verlustpunkten liegen sie gleichauf mit Leader Gottéron und weisen das bessere Torverhältnis auf. Sportchef Sven Leuenberger (54) spricht im Interview unter anderem über die Erfolgsgründe und das heutige Spiel gegen seinen langjährigen Klub SC Bern.

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Sven Leuenberger: Die SCB-Legende ist seit 2017 Sportchef der ZSC Lions. © IMAGO / Pius Koller

Nach einem enttäuschenden Ende der letzten Saison sind die ZSC Lions nun überzeugend unterwegs. Wie gross ist die Erleichterung?

Sven Leuenberger: Es zeigt sicher, dass wir die Mannschaft nochmals verstärkt haben. Aber ich habe auch das Gefühl, dass die Mannschaft als Mannschaft zusammengewachsen ist. Wir konnten Krankheiten, an denen wir in der letzten Saison noch gelitten haben, zumindest schon mal teilweise ablegen. Unsere aktuelle Situation ist am Ende das Resultat davon.

Können Sie betreffend Krankheiten etwas konkreter werden?

Wenn wir mal im Rückstand lagen, sind wir letzte Saison teilweise etwas in Panik geraten und wollten sofort alles besser machen. Jeder hatte das Gefühl, er müsse das Spiel selber in die Hand nehmen, statt sich zu sagen: Wir haben unser System, bleiben in diesem System, spielen so weiter, schrauben das Tempo auf die nächste Stufe hoch, dominieren auf diese Art und Weise den Gegner und kommen zu einem Tor. Ein anderer Punkt, der teilweise immer noch besteht, sind dumme Strafen im gegnerischen Drittel – da können wir sicher noch einiges verbessern.

Nach dem 0:4 im Halbfinal gegen Biel wurde in der Öffentlichkeit teilweise ein House Cleaning gefordert, doch es blieb ruhig. Es war offenbar der richtige Weg, nicht in Aktionismus zu verfallen…

Wenn es um ein House Cleaning geht, ist man als Sportchef eigentlich auch gemeint. Da bestimmen am Ende des Tages andere Leute den Weg und es bleibt nichts anderes übrig als zu warten, welche Entscheide die Verantwortlichen fällen. Ich kann nur sagen, dass wir teilwiese die richtigen Schlüsse gezogen haben und entsprechend die Qualitäten, die uns gefehlt hatten, mit Transfers in unser Team reinholten. Aber das ist meistens auch eine Aussensicht, denn für einen Hockeyspieler ist es weniger entscheidend, ob eine Serie 0:4 oder 3:4 endet –man hat einfach verloren. Ich sage immer: Man ist meist nicht so gut, auch wenn man vorne dabei ist, im Gegenzug ist man meist nicht so schlecht, wenn man in den hinteren Bereichen liegt.

«Ich bin überzeugt, dass die Qualität unserer Ausländer besser ist. Grundsätzlich ist aber auch die Mannschaft dynamischer, schneller und auch physisch besser geworden.»

Ein Faktor für die Besserung sind die beeindruckend starken Ausländer. Sind sie einfach besser als ihre Vorgänger oder gibt es noch andere Gründe?

Ich bin überzeugt, dass die Qualität unserer Ausländer besser ist. Grundsätzlich ist aber auch die Mannschaft dynamischer, schneller und auch physisch besser geworden. Zudem haben wir im Kader an Tiefe zugelegt. Die jungen Spieler, die wir in den letzten zwei Jahren an die National League heranzuführen versuchten, sind jetzt in der Lage, auf diesem Niveau zu spielen. Dazu kam der glückliche Zufall, dass wir Vinzenz Rohrer von den Montréal Canadiens zurückbekommen haben. Ihn hatten wir so nicht auf dem Radar, weil er schlicht und einfach in Kanada unter Vertrag stand und die Canadiens ihn uns nun überlassen haben. Das gab uns eine zusätzliche «Waffe».

 Und inwiefern hat Coach Marc Crawford das Team verändert? Was macht er besser als zuvor Rikard Grönborg?

Letztes Jahr hat Marc Crawford eine bestehende Mannschaft während der Saison übernommen und konnte es auch nicht ganz richten. Nun spielen wir aber sicher gradliniger und schiessen mehr dreckige Tore. Letzte Saison haben wir öfters mal mit Ach und Krach gewonnen, danach herrschte aber in der Garderobe keine gute Stimmung, sondern das Gefühl: Glück gehabt. Heute haben wir wieder Freude in der Mannschaft, das ist der Hauptunterschied. Man hat wieder das Gefühl, einen Sieg verdient zu haben, dass man ihn erspielt oder sich erkämpft hat. Die Automatismen greifen besser, früher war es viel mehr ein Krampf. Marc Crawford ist zwar hart in der Analyse, aber zwischenmenschlich und in der Garderobe sehr offen, redet auch über Freizeit.

 Am Dienstag spielt der ZSC nun gegen den SC Bern – ist es für Sie als SCB-Legende trotz der Tatsache, dass Sie nun seit über sechs Jahren für die ZSC Lions arbeiten, nach wie vor eine spezielle Sache?

Wenn man gewisse Leute auf der Gegenseite so gut kennt, sind es natürlich spezielle Spiele. Und so gesehen möchte man gegen Bern unbedingt gewinnen. Wenn man ehrlich ist, dann ist in solchen Spielen der Ehrgeiz schon noch ein wenig grösser.

 Die Berner haben aus ihrer jahrelangen Krise herausgefunden. Sind Sie überrascht?

Das nicht, nein. Wenn man schaut, was passiert ist, war es kein Wunder, dass man in eine Krise gerutscht ist, sondern ein natürlicher Weg. Die Spieler, mit denen man sehr erfolgreich war, wurden älter, gleichzeitig kamen in einigen Jahrgängen wie in der ganzen Schweiz nicht genügend Spieler nach. Jetzt und auch schon im letzten Jahr hat man wieder Spieler geholt, die für eine klare Vorwärtsstrategie stehen. Deshalb überrascht es mich nicht, dass der SCB wieder vorne mitmischt.

«Ich hatte schon beim Match in Bern das Gefühl, dass viel für uns lief, deshalb erwarte ich nun eine ausgeglichenere Angelegenheit.»

Das erste Direktduell der Saison hat der ZSC in Bern gleich mit 6:1 gewonnen. Wird es wieder so klar?

Das würde mich überraschen. Ich hatte schon beim Match in Bern das Gefühl, dass viel für uns lief, deshalb erwarte ich nun eine ausgeglichenere Angelegenheit.

 Mit der aktuellen Mannschaft, diesem Star-Ensemble, ist der Z zum Erfolg verdammt. Einverstanden?

Zum Erfolg verdammt? Man will den Druck auf die ZSC Lions ausüben, weil niemand sonst sich getraut hinzustehen und zu sagen: Wir wollen erfolgreich sehen. Aber schauen Sie, der amtierende Meister Servette wurde nicht schlechter, der EV Zug ist wieder voll da, der SCB ebenfalls und der ZSC wurde seit 2018 nicht mehr Meister. So gesehen ist die Favoritenrolle genauso bei anderen Teams wie bei uns, man will sie uns einfach in die Schuhe schieben. Am Ende ist aber klar: Man steht am Morgen auf und will gewinnen – und so ist auch das Mindset.

 Klar ist aber auch: Abgerechnet wird am Schluss der Saison, nach den Playoffs. Haben Sie davor Respekt, dass nach einer wunderbaren Regular Season plötzlich der Wurm im Team stecken kann?

Das ist das Risiko, das unser System in sich birgt. Man bekommt mit den Playoffs eine zweite Chance und kann sie entweder nutzen oder eben auch nicht. Man weiss das von Anfang an, und die Playoffs sind immer auch eine Freudenzeit. Es ist allen klar: Jetzt kommt es drauf an, man kann zeigen, was man drauf hat. Der ganze Aufbau einer Saison läuft in diese Richtung, man probiert Situationen zu kreieren, die in den Playoffs entstehen könnten, um dann damit umgehen zu können. Zudem darf man in den Playoffs nicht Verletzungspech haben – trotz einer Tiefe im Kader kann man den Ausfall von zwei Topverteidigern oder Topstürmern nicht verkraften. Dies gelingt vielleicht mal über zwei, drei Spiele hinweg, aber nicht viel mehr.   

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