Verteidigt Manchester City den Meistertitel? Zwei Meinungen!
Heute Abend beginnt die neue Premier League-Saison. Manchester City ist der grosse Favorit auf den Titelgewinn. Wird das Team von Pep Guardiola aber wirklich erneut Champion? Die Sky-Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek erklären ihre Sichtweisen.
Patrick Y. Fischer sagt: Ja!
Schon vor dem ersten Premier-League-Spieltag lege ich mich fest: Manchester City wird nächsten Mai seinen neunten Meistertitel – den sechsten in den letzten sieben Jahren – feiern. Die Konkurrenz schläft zwar nicht, aber Pep Guardiola und Co. sind auch in der Saison 2023/2024 zu stark.
1,25 Mrd. Euro beträgt der aktuelle Marktwert des Kaders von Manchester City – Bestwert in der Premier League und überhaupt im Weltfussball. Aber die letzte Saison hat auch endgültig gezeigt: Die Citizens verfügen nicht nur auf dem Papier über die stärkste Mannschaft der Welt. Mit Ederson, Ruben Dias, Phil Foden, Rodri, Kevin De Bruyne, Bernardo Silva, Jack Grealish, Erling Haaland und «unserem» Manuel Akanji verfügt Man City auch nach dem Weggang von Ilkay Gündogan (zu Barca) in jeder Reihe über mehrere absolute Weltklasse-Spieler. Der FC Arsenal oder Stadtrivale Manchester United mögen diesen Sommer auf dem Transfermarkt aktiver gewesen sein, über mehr Qualität als der Triple-Verteidiger verfügt dennoch kein anderer Klub der Premier League. Kommt hinzu, dass der Kern des aktuellen City-Teams und Trainer Pep Guardiola bereits seit mehreren Jahren erfolgreich zusammenarbeiten und bewiesen haben, dass sie sich auch von kurzfristigen Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen. Der langersehnte Triumph in der Champions League dürfte nun auch noch die letzten Zweifel in den Köpfen der Citizens zerstreut haben.
Natürlich: Irgendwann endet jede Serie, überschreitet jedes Team seinen Zenit. Nur wird das bei City dieses Jahr (noch) nicht der Fall sein. Die Hoffnung, das Team möge nach dem Gewinn des Triples den letzten Biss vermissen lassen, scheint vage. Viel wahrscheinlicher ist das Szenario, dass der erlösende CL-Triumph neue Kräfte freimacht, um die Premier League-Geschichtsbücher umzuschreiben. Mit einem erneuten Meistertitel wäre Man City der erste Klub in der Geschichte der EPL mit vier Championships in Folge, eine Marke, an der selbst der bisherige Rekordhalter Manchester United bereits zweimal scheiterte. Dem ehemals überlegenen Stadtrivalen auch diese Bestmarke abzujagen, dürfte für die Citizens Motivation genug sein, um auch in diesem Jahr sowohl den Stadtrivalen als auch die Konkurrenz aus London, Liverpool oder Newcastle in die Schranken zu weisen.
Andy Maschek sagt: Nein!
Ganz klar: Manchester City ist der grosse Favorit auf den Meistertitel. Es ist schon fast ein «Who is Who» des aktuellen Fussballs, auf das Coach Pep Guardiola zurückgreifen kann. Glücklich, wer diese Mittel zur Verfügung hat und mit einem Kader rotieren kann, in dem kein Feldspieler gemäss transfermarkt.ch über einen geringeren Marktwert als zehn Millionen Euro verfügt. Und Abgänge wie von Captain Ilkay Gündogan (Barcelona) oder Riyad Mahrez (Al-Ahli) wegstecken kann.
Eigentlich ist es so ja nur logisch, dass der Triple-Gewinner der vergangenen Saison auch jetzt wieder von Erfolg zu Erfolg eilt und den Konkurrenten nur Ehrenplätze übriglässt. Und es fällt schwer, Argumente zu finden, die dafür sprechen, dass die erfolgreiche Titel-Herrlichkeit endet. Dennoch sagt mir mein Bauchgefühl, dass die beste Mannschaft der Welt in der neuen Saison zumindest in der Premier League für einmal hintenanstehen muss und der sechste Meistertitel in den letzten sieben Jahren ein Traum bleibt.
Schlagkräftige Argumente dafür zu finden ist schwierig. Ja, vielleicht ist der Hunger der Spieler nach dem Triple so gestillt, dass sie nicht mehr ganz an ihre Leistungsgrenze herangehen. Vielleicht tritt nach dem Gewinn der Champions League der Teamgedanke ein wenig in den Hintergrund und dominieren die Egos dieser erfolgreichen Kicker, von denen sich keiner gerne in der zweiten oder dritten Reihe – auf der Bank oder der Tribüne – wieder findet. Und vielleicht ist es ja auch so, dass die doch sehr fordernde Art von Coach Pep Guardiola beim einen oder anderen Profi auf die Stimmung schlät. Oder dass die Verletzungshexe so stark wütet, dass nicht einmal die Citizens das Vakuum ausfüllen können. Zugegeben, es müssen viele «vielleicht» bemüht werden…
Aber es besteht in meinen Augen auch die Möglichkeit, dass ein anderer Klub schlicht und einfach eine bessere Saison erwischt. In erster Linie denke ich da an Arsenal, das ManCity den englischen Nationalspieler Declan Rice weggeschnappt hat und sich mit Kai Havertz auch in der Offensive verstärkt hat. Ein erstes Signal für die grossen Ambitionen setzten die Gunners im Duell um den Community Shield, als sie Manchester City im Penaltyschiessen besiegten. Es war der dritte Erfolg von Arsenal unter Trainer Mikel Arteta, nach dem Cup-Sieg 2020 und dem Erfolg im Supercup 2021. «Für uns ist es ein Statement. Es ist ein Zeichen, dass wir City in einem wichtigen Spiel schlagen können, wenn es darauf ankommt», sagte Arsenals Torhüter Aaron Ramsdale danach. «Ich bin mir nicht sicher, wie es diese Saison sein wird. Aber die mentale Blockade ist weg. Wir sind jetzt bereit.» Bereits letzte Saison schnupperte Arsenal, damals noch mit Granit Xhaka, am Titel, führte lange die Liga an, ehe Manchester City doch noch triumphierte. Zumindest die Hoffnung lebt, dass den Gunners nun der Coup gelingt.