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Steht die Nati unter Zugzwang? Zwei Meinungen

Mit den Spielen gegen Serbien und Spanien beschliesst die Nati ihre Nations League-Kampagne 2024. Nach zuletzt drei Niederlagen in vier Spielen täte ein positiver Jahresabschluss Not – oder doch nicht? Unsere Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek sind sich nicht einig.

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In diesen Tagen in Zürich herrschte in der Nati gute Laune... © KEYSTONE/Til Bürgy

Patrick Y. Fischer sagt: Ja

Die Nations League? Gut getarnte Freundschaftsspiele in einer Verpackung, die mehr verspricht, als sie hält. Nein, es ist mit Sicherheit mehr als die Angst vor dem Abstieg in diesem Wettbewerb, der mich zu der Aussage verleitet, dass die Schweizer Fussballnationalmannschaft nicht einmal fünf Monate nachdem Erreichen des EM-Viertelfinals einen positiven Jahresabschluss gut gebrauchen könnte.

Wir alle können uns noch gut an den 29. Juni dieses Jahres erinnern. An jenem Samstag trumpfte die Schweiz gross auf, bezwang das in diesem Jahr nicht ganz so grosse Italien im EM-Achtelfinal verdient mit 2:0. Doch leider markierte dieser grossartige Moment gleichzeitig auch den fast schon einsamen Höhepunkt im Nati-Jahr 2024. Gewiss, da gab es noch das euphorisierende 3:1 gegen Ungarn im EM-Startspiel und das starke 1:1 gegen Deutschland, aber sonst? Zwei weitere Siege gegen die Fussballgrossmächte aus Irland und Estland, vier Unentschieden sowie vier Niederlagen, inkl. dem bitteren EM-Aus im Viertelfinale gegen England. Ist das die Bilanz einer Mannschaft, die von sich selbst behaupten kann, zu Europas erweiterter Spitze zu gehören?

Natürlich nicht. Und was die momentane Situation rund um unsere Nati nicht besser macht: Die aktuelle Phase ist bereits der zweite enttäuschende Herbst in Folge, nachdem im Vorjahr zwischen Juni und Dezember nur eines von acht Spielen (notabene gegen Gegner wie Weissrussland, Israel oder den Kosovo) gewonnen werden konnte. Die Tendenz ist klar – die Leistungskurve der Schweizer Nationalmannschaft zeigte zuletzt mit wenigen Ausnahmen nach unten. Sie war in den letzten 18 Monaten nicht mehr in der Lage, eine Mehrheit ihrer Spiele positiv und dominant zu gestalten.

Kommt hinzu: Nach den Rücktritten von Yann Sommer, Xherdan Shaqiri und Fabian Schär steckt die Schweiz mitten in einer Phase des Umbruchs. Weitere langjährige Stützen wie Ricardo Rodriguez oder Silvan Widmer wackeln zudem alters- oder leistungsbedingt und werden in absehbarer Zeit ersetzt werden müssen. Auch deshalb sind regelmässige positive Ergebnisse wichtig, um das alte Selbstverständnis beizubehalten oder auch um ein Neues zu entwickeln. Denn Zweifel bei Staff oder Team wären im Hinblick auf die schon im März beginnende Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2026 kein gutes Vorzeichen. Viel besser wären da Erfolgserlebnisse gegen Serbien und/oder sogar Spanien. 

Andy Maschek sagt: Nein

Ich denke, wir sind uns einig: In den Spielen seit der EM hat die Schweiz nicht wirklich überzeugt und wurde den Erwartungen nicht gerecht. Und ja, es ist immer schöner, wenn man ein Jahr mit einem positiven Gefühl abschliessen kann. Aber ob die Mannschaft von Murat Yakin nun in den Spielen gegen Serbien und Spanien gross aufspielt und den Abstieg aus der Gruppe A der Nations League in letzter Minute noch verhindern kann oder nicht – matchentscheidend für die Zukunft ist das nicht.

Die vielen Verletzten, die es momentan rund um das Nationalteam gibt, haben auch eine positive Seite. Murat Yakin erhält die Möglichkeit, in diesen Matches, die weder normale Testspiele noch wirklich ernstzunehmende Ernstkämpfe sind, neue Spieler zu testen, sie während ein paar Tagen kennenzulernen. Und anderen, die in der Vergangenheit gewisse Probleme hatten, eine neue Chance zu geben.

Ganz klar, in der Nati geht der sanfte Umbruch weiter. Die zurückgetretenen Yann Sommer, Fabian Schär und Xherdan Shaqiri werden nicht die letzten Spieler sein, die es kurz- bis mittelfristig zu ersetzen gilt. Und dafür sind genau diese Spiele in der Nations League gut. Denn im März beginnt mit der Qualifikation für die WM 2026 die nächste heisse Phase. Wer dann die Gegner der Schweizer sind, entscheidet sich am 13. Dezember bei der Auslosung in Zürich. Erst danach geht es wieder richtig um die Wurst.

Murat Yakin hat in der Vergangenheit gezeigt, dass die Resultate nicht immer im Vordergrund stehen müssen oder dürfen. Nach einem tristen zweiten Halbjahr 2023 eroberte die Nati an der EM in Deutschland mit beherzten Auftritten viele Herzen. Dies vor allem auch, weil Taktikfuchs Yakin immer wieder die richtigen Entscheide fällte. Es spricht in meinen Augen nichts, aber auch wirklich gar nichts dagegen, dass er und sein Team dies im kommenden Jahr erneut tun. Dann, wenn er sich in seinen Castings einen Eindruck über die Akteure verschafft und das nicht minder wichtige Gefühl für die Spieler der kurzfristigen Nati-Zukunft gewonnen hat. Jener Spieler, welche die zweifellos bestehenden Baustellen schliessen müssen.

Um auf diesem Weg, in diesem Prozess vorwärtszukommen, sind die Resultate in den kommenden Tagen sekundär. Und spielt es auch keine Rolle, ob gegen Serbien und Spanien der Abstieg noch verhindert werden kann oder nicht. Auch wenn es zugegebenermassen angenehm wäre, wenn es gelingen würde.

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