Start in die 2. Bundesliga: Neun Schweizer und ganz viel Tradition
Am Freitag startet in Deutschland die Fussball-Saison 2024/2025. Zum Zweitliga-Auftakt treffen mit dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV direkt zwei Schwergewichte aufeinander. Auch neun Schweizer Legionäre sind mit dabei – mit unterschiedlichen Perspektiven.
Die Talente
«Die beste zweite Liga der Welt». Zumindest in Sachen Zuschauerzuspruch wird die 2. Bundesliga diesem Anspruch mehr als gerecht. In der vergangenen Hinrunde besuchten nicht weniger als 28'308 Zuschauer pro Partie die Spiele im Fussball-Unterhaus. Rang 5 in der Rangliste aller europäischen Ligen, noch vor der Ligue 1. Doch die 2. Liga ist viel mehr als einfach nur populär, sie ist auch ein hervorragendes Sprungbrett für junge Talente. Zu ihnen gehören u.a. Noah Rupp (20), Andrin Hunziker (21) und Aaron Keller (20), drei junge Schweizer, die in der anstehenden Spielzeit ihre Bundesliga-Premiere feiern werden. Mittelfeldspieler Rupp, der beim FC Luzern überwiegend in der Promotion League zum Einsatz kam, und Mittelstürmer Hunziker, der sich letzten September in Basel das Kreuzband riss, tun dies für den Karlsruher SC, den badischen Traditionsverein und letztjährigen Tabellenfünften. Keller, der in Hong Kong aufgewachsene und in Deutschland ausgebildete schweizerisch-brasilianische Doppelbürger bei Aufsteiger SSV Ulm. Allen drei winkt die Chance, sich mit starken Leistungen für höhere Weihen zu empfehlen. Gleichzeitig gilt allerdings auch die Devise, erst einmal im Profi-Fussball Fuss zu fassen. Die besten Perspektiven diesbezüglich könnten sich Keller, dem linken Flügel der U21-Nati eröffnen. Im vergangenen Halbjahr erzielte er für die SpVgg Unterhaching in der 3. Liga nicht weniger sieben Tore und drei Assists.
Der Neuling
Gestatten, Adrian Gantenbein. Der 23-jährige Rechtsverteidiger wechselte diesen Sommer vom FC Winterthur nach Deutschland. Sein neuer Arbeitgeber: Der grosse FC Schalke 04. Die Knappen mögen sportlich schon bessere Zeiten gesehen haben, ein faszinierender Verein mit einer riesigen Fangemeinde sind sie nichtsdestotrotz. Auch jetzt, kurz vor dem Start in dritte Zweitliga-Saison in den letzten vier Jahren gehört der S04 noch immer zu den bedeutendsten Klubs im Land des viermaligen Weltmeisters. Für Gantenbein ist der Wechsel denn auch so etwas wie die Belohnung für eine starke letzte Super-League-Saison, die es nun in der Gelsenkirchener Fremde zu bestätigen gilt. Der Auftakt mit der Vorbereitung scheint geglückt, Gantenbein gilt als Kandidat für die Startelf. Erster Gegner ist am Samstagabend Eintracht Braunschweig.
Die Routiniers
Miro Muheim (26). Jan Elvedi (27). Jasper van der Werff (25). Und Haris Tabakovic (30). Vier Schweizer, die in der zweiten Bundesliga im Verlauf der letzten Jahre ihre Spuren hinterlassen haben. Muheim, der Linksverteidiger aus Zürich, bei Liga-Krösus HSV, mit dem er seit mittlerweile drei Spielzeiten vergeblich dem Aufstieg hinterherrennt. Elvedi, ebenfalls hinten Links zu Hause, geht nach drei Jahren bei Jahn Regensburg in seine zweite Saison mit dem Traditionsverein aus Kaiserslautern. In der Pfalz stand er in der vergangenen Spielzeit nicht weniger als 33 Mal während 90 Minuten auf dem Platz und spielte auch im verlorenen Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen durch. Auf ein weniger erfolgreiches Jahr blickt hingegen Innenverteidiger Jasper van der Werff zurück, dessen Leihe nach Rostock im Abstieg in die 3. Liga endete. Nun kehrt der 25-jährige für seine vierte Zweitligasaison nach Paderborn zurück. Das Problem: Dort kam er vor seiner Leihe in der Saison 2022/2023 kaum mehr zum Einsatz. Und schliesslich ist da noch Haris Tabakovic, in der Schweiz ausgebildeter Torjäger, der mittlerweile für das Nationalteam von Bosnien-Herzegovina spielt. Der gebürtige Grenchner galt in der Schweiz eigentlich schon als gescheitert, ehe er seine Karriere in Österreich neu lancierte. Vor einem Jahr wechselte Tabakovic in die Hauptstadt Berlin und geht seither für die alte Dame Hertha auf Torejagd. In der vergangenen Spielzeit mit Erfolg: Mit 22 Toren sicherte sich der 1,94 Meter Mann direkt die Torjägerkrone (gemeinsam mit Robert Glatzel und Christos Tzolis).
Der Vergessene
Vor eineinhalb Jahren stand Filip Stojilkovic (damals 22) die Tür’ zur grossen Fussball-Welt offen. In der Winterpause wechselte der ehemalige U21-Nationalspieler für zwei Mio. Euro vom FC Sion zum SV Darmstadt 98, einem Zweitliga-Spitzenklub und peilte mit diesem den Aufstieg in die 1. Bundesliga an. Der gelang auch, allerdings ohne Stojilkovic in einer tragenden Rolle. Im Gegenteil: Der bullige Mittelstürmer rückte in der internen Hackordnung immer weiter nach hinten. Nach einem Jahr wurde er vergangenen Winter an den 1. FC Kaiserslautern ausgeliehen, kam aber auch dort nicht über eine Statistenrolle hinaus. Stojilkovic’ frustrierende Bilanz nach 18 Monaten Deutschland: 27 Einsätze, 4 Tore und kein einziges Spiel über 90 Minuten. Zurück in Darmstadt sucht er nun nach einem Ausweg. Gemäss Medienberichten könnte ein Wechsel nach Bulgarien unmittelbar bevorstehen.
Vier ist einer zu viel
Grossklubs mit ruhmreicher Vergangenheit wie der HSV, Schalke 04 oder der 1. FC Köln. Der gescheiterte «Big City» Club aus Berlin. Absteiger Darmstadt. Fast-Aufsteiger Düsseldorf. Sowie die Traditionsvereine aus Nürnberg, Karlsruhe und Hannover. An Kandidaten für einen möglichen Erstliga-Aufstieg mangelt es vor dem morgigen Auftakt in die neue Zweitliga-Saison nicht. Doch wer macht am Ende das Rennen? Der HSV versucht sein Glück mit Sportvorstand Stefan Kuntz als neuem starken Mann und dem prominenten Sturmduo Glatzel/Selke. Der 1. FC Köln, noch einmal von der im Winter auslaufenden Transfersperre ausgebremst, mit dem nahezu unveränderten Abstiegskader und einem neuen Trainer (Gerhard Struber). Hertha BSC will mit Neo-Trainer Cristian Fiél und z.T. namhaften Verstärkungen aus der 1. Liga und der Serie A angreifen. Und S04 hofft, dass der von Trainer Karel Geraerts in der Rückrunde eingeleitete, leichte Aufwärtstrend auch in der neuen Spielzeit und trotz Abgängen anhält. Immerhin: Die Transfers der Talente Assan Oudraogo (Leipzig) und Keke Topp (Bremen) spülten 12 Millionen in die Kasse, die zudem durch den Deal mit dem nicht unumstrittenen neuen Hauptsponsor «Minimeals» aus dem appenzellischen Wolfhalden weiter aufgefüllt wird. Trotzdem bleibt die Erkenntnis: Vier ist mindestens einer zu viel. Auch in diesem Jahr wird voraussichtlich mehr als eine Zweitliga-Grösse am Ende enttäuscht zurückbleiben.