Spengler Cup 2024: Showcase mit sportlich relevanter Note
Ab heute spielen sie wieder. Mit der Auftaktpartie zwischen dem HC Fribourg-Gottéron und dem HC Pardubice startete heute Nachmittag der traditionsreiche Spengler Cup in seine 96. Ausgabe. Sechs Tage Spektaktelhockey sind garantiert, doch für Lars Leuenberger, Fribourg-Gottéron und Neo-Lakers-Import Tanner Fritz hat das Turnier auch eine ernste Seite.
Nichts zu verlieren
Die Gefahr bestand. Die Gefahr, dass es das gewesen sein könnte mit der Karriere als Trainer im Schweizer Spitzeneishockey, acht Jahre nach dem Gewinn des Schweizer Meistertitels mit dem SC Bern. Dabei hatte Lars Leuenberger grossen Anteil an jenem Titel, den er mit dem SCB als Lückenbüsser für den entlassenen Guy Boucher errang. Damals war er mit seiner selbstbewussten, kompetenten und zielstrebigen Art genau der Richtige, um einer talentierten aber zaudernden Berner Equipe den Weg zum Gipfel zu weisen. Am Ende der Saison blieb Leuenberger dennoch ohne anschliessendes Engagement. Dasselbe Schicksal ereilte ihn diesen Sommer, als der ehemalige Stürmer nach dreieinhalb Jahren in Biel (Rang 7 und Out im Pre-Playoff 2020/21) und Olten (zweifacher Playoff-Finalist 2022 und 2023) trotz solider bis guter Ergebnisse monatelang keine neue Anstellung fand. War er in der täglichen Arbeit möglicherweise gar zu fordernd? Nicht für den HC Fribourg-Gottéron, der den Bruder von ZSG-GM Sven Leuenberger am vergangenen Sonntag zurück an die National-League-Banden holte. Gezielt, um einer in die Jahre gekommenen, aber talentierten Mannschaft Beine zu machen, die noch in der vergangenen Spielzeit zu den Titelkandidaten gehörte (Rang 2 in der Quali, Out im Playoff-Halbfinale). Noch immer verfügen die Drachen mit dem langjährigen Nationalkeeper Reto Berra und dem Quartett Marcus Sörensen / Lucas Wallmark / Christoph Bertschy / Ryan Gunderson über ein Korsett an Spielern, die die NL im vergangenen Jahr dominierten (alle in den Top 20 der Scorerliste), im bisherigen Saisonverlauf jedoch speziell in wegweisenden Momenten (u.a. 2:23 Punkte gegen Kloten, Langnau und Rappi) nicht auf Touren kamen. Dies zu ändern ist nun die Aufgabe von Leuenberger, der die Bühne Spengler Cup im Idealfall gleich dazu nutzen kann, um Schwung für das Pre-Playoff-Rennen (aktuell Rang 10 mit 42 Punkten) zu holen und Werbung in eigener Sache zu betreiben. Bekanntlich steht bereits fest, dass in Fribourg im Sommer der Schwede Roger Rönnberg (Frölunda) übernehmen wird. Trotzdem hat der 49-jährige wenig zu verlieren. Zuletzt begleitete er die National League als Experte für MySports.
Letzte Chance für einen Spätzünder
Von der North Peace Hockey League direkt zum möglicherweise traditionsreichsten Klubturnier der Welt. Zumindest der Weg, der Tanner Fritz in die Schweizer Alpen führte, dürfte zu den aussergewöhnlichsten in der über 100 jährigen Geschichte der Davoser Eishockey-Festspiele gehören. Doch dass der 33-jährige, zuletzt in einer semiprofessionellen Liga in Alberta und British Columbia engagierte Center im Team Canada Unterschlupf gefunden hat, hat einen guten Grund: Der ehemalige Stürmer der New York Islanders (42 Spiele / 9 Punkte zwischen 2017 und 2019) steht nach dem Spengler Cup nämlich bei den Rapperswil-Jona Lakers unter Vertrag. Am Obersee soll der ehemalige Ohio State Buckeye (NCAA) etwas Druck auf die in ihren Leistungen schwankenden Imports wie Pontus Aberg, Victor Rask und Niklas Jensen ausüben und dem Team im Kampf um die Pre-Playoffs eine weitere Alternative bieten. Ob dies auch gelingen wird, ist freilich offen. Zwar gilt Fritz als smarter Playmaker mit Abschlussqualitäten, nach dem nicht verlängerten Engagement bei Dinamo Minsk (KHL) fiel er zuletzt aber aufgrund einer Hüftoperation aus. Ein potentielles Problem für einen Spieler, zu dessen grössten Stärken seine schlittschuhläuferischen Fähigkeiten zählen und der körperlich ohnehin nicht zur ersten Garde zählt. Entsprechend soll der Mann aus der Provinz Alberta am Spengler Cup dringend benötigte Spielpraxis sammeln, um im Anschluss für die Lakers eine valable Alternative sein zu können. Fritz könnte in der Schweiz aber auch eine Antwort auf die Frage geben, ob er im westeuropäischen Profi-Eishockey überhaupt eine Zukunft hat.