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Soll Murat Yakins Vertrag verlängert werden? Zwei Meinungen

Zum zweiten Mal steht die Schweiz unter Trainer Murat Yakin im Achtelfinal eines grossen Turniers. In Deutschland straft der 49-Jährige seine Kritiker bislang Lügen, überzeugt mit Taktik und Teamführung. Soll der Vertrag mit Yakin also am besten schon morgen verlängert werden? Unsere Redaktoren Andy Maschek und Patrick Y. Fischer sind sich nicht einig.

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Coach Murat Yakin und sein Captain Granit Xhaka. © KEYSTONE/Peter Klaunzer

Andy Maschek sagt: Ja

Seien wir ehrlich: Die Schweiz hat an der EM mit der Achtelfinalqualifikation das Minimalziel erreicht. Mehr nicht. Ist es also vermessen, jetzt über eine sofortige Vertragsverlängerung mit Murat Yakin nachzudenken? Nein!

Ja, die Qualifikation für die EM war kein Schaulaufen. Die Nati schwächelte, es gab Dissonanzen zwischen dem Trainer und Führungsspielern. Anspruch und Wirklichkeit klafften meilenweit auseinander. Man musste sich Sorgen machen um dieses Nationalteam, gab Murat Yakin und seiner Mannschaft keinen Kredit mehr. Der Coach wurde in Frage gestellt, eine Trennung schien unausweichlich.

Die Verbandsführung und der Trainer fanden sich am Ende doch wieder, der SFV wollte mit Yakin vorzeitig verlängern – mit einer möglichen Ausstiegsklausel für den Fall eines frühen EM-Outs – doch Yakin lehnte ab, ist Stand heute nach dieser EM vertrags- und arbeitslos.

Sorgen muss man sich um ihn nicht machen. Er hat an dieser EM in Deutschland überraschende Entscheide getroffen, sei das mit Kwadwo Duah oder Michel Aebischer, um nur zwei Beispiele zu nennen, und wurde belohnt. Seine Schachzüge waren Volltreffer. Yakin bewies einmal mehr, über welch hervorragendes Gespür er verfügt, wie er einen Gegner mattsetzen kann. Und es ist ihm gelungen, sein Team so weit zu bringen, dass es jedem Gegner Paroli bieten kann.

Noch wichtiger ist: Yakin hat es geschafft, ein verschworenes Team zu formen, in dem jeder für jeden kämpft. Der Teamgedanke ist ganz offensichtlich grösser, als es die Eigeninteressen der Spieler sind. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Und auch der Graben zwischen dem Coach und dem Leithammel der Mannschaft, Granit Xhaka, ist ganz offensichtlich zugeschüttet worden.

Selbstverständlich, es ist lediglich eine Momentaufnahme. Aber den Achtelfinal gegen Italien als Entscheidungsgrundlage für eine Vertragsverlängerung zu nehmen, wäre unfair, wenn nicht gar töricht. Denn Yakin hat gezeigt, dass sein Weg stimmt. Dass er die junge Generation in eine erfolgreiche Zukunft führen kann.

So, wie es auch Eishockey-Nationalcoach Patrick Fischer gelungen ist. Die Messer waren in der Öffentlichkeit mehrfach gewetzt worden. Fischers Entlassung schien eine Frage der Zeit zu sein. Dann stürmten die Eisgenossen vor etwas mehr als einem Monat bis in den Final, sorgten für grosse Begeisterung. Das Festhalten am Nationalcoach und die jahrelange Zusammenarbeit, diese Konstanz, hatten sich ausbezahlt. Ähnlich sollte es beim SFV sein. Der Vertrag mit Yakin – und seinem Assistenten Giorgio Contini – muss in meinen Augen lieber bereits heute als erst morgen verlängert werden. Denn mit seinen Entscheiden in Deutschland hat Yakin nicht nur mich überzeugt, sondern ganz sicher auch das Interesse von Klubs aus ganz Europa auf sich gezogen…

Patrick Y. Fischer sagt: Nein

Ist das also unser Anspruch? Zugegeben, die Schweizer Nationalmannschaft überrascht an der EM-Endrunde bislang positiv, hat Ungarn geschlagen, dem Erzrivalen aus Deutschland die Stirn geboten und sich mit fünf Punkten relativ souverän für das Achtelfinale qualifiziert. Aber ist diese Momentaufnahme, notabene nach Spielen gegen überschaubare Gegner wie Schottland und Ungarn, in der Tat bereits genug, um mit einem Schwamm über die Versäumnisse der letzten eineinhalb Jahre hinwegzuwischen? Nein, zumindest nicht für mich.

Denn schliesslich ist es nicht so, dass es das, was gerade in Deutschland passiert, in der Vergangenheit nicht auch schon gegeben hätte. Unter Yakin, mit dem man die Qualifikation zur WM 2022 furios abschloss und im Anschluss in Katar mit Siegen gegen Kamerun und Serbien das Achtelfinale erreichte. Oder unter seinen Vorgängern Vladimir Petkovic und Ottmar Hitzfeld, welche mit ihren Teams ebenfalls in die Runde der letzten 16 vorstiessen. Am Ende des Tages scheiterten sie aber alle und fast immer in der ersten K.o.-Runde.

Soweit ist es dieses Mal zum Glück noch nicht. Und es wäre der Schweiz zu gönnen, würde sie am Samstag mit einem Sieg gegen Italien zum zweiten Mal in Folge in ein EM-Viertelfinale (und weiter?) vorstossen. Nur: Den Beweis, die Mannschaft unter der speziellen Drucksituation eines K.o.-Spiels zur bestmöglichen Leistung führen zu können, muss der gebürtige Basler erst noch erbringen. Beim ersten Versuch vor 18 Monaten scheiterte Yakin grandios und von unschönen Nebengeräuschen begleitet, die das Team schlussendlich durch die gesamte EM-Qualifikationsphase verfolgten. Keine gute Basis für eine Vertragsverlängerung, die erst jetzt dank viel Arbeit im zwischenmenschlichen Bereich sowie mit Erfolgen wieder aufgebaut werden konnte. Trotzdem bin ich noch nicht bereit, die vergangenen neun Monaten ob dem, was aktuell auf dem Platz zu sehen ist, zu vergessen. Erst wenn sich der Eindruck einer solidarischen Einheit, eines intakten Verhältnisses zwischen Mannschaft und Trainer verfestigt, ist für mich der Zeitpunkt gekommen, um den Vertrag mit Murat Yakin zu verlängern. Idealerweise mit etwas Abstand zum Hype rund um das aktuelle Turnier und – natürlich – mit der notwendigen Sachlichkeit in der Analyse.

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