Slalom in Levi: Der Schweizer Fokus auf Wendy
Am Wochenende starten die Slalom-Spezialistinnen und -Spezialisten in Levi in den neuen Weltcupwinter. Bei den Frauen sind neun Schweizerinnen dabei – und werden die Augen vor allem eine gerichtet sein.
Wendy Holdener (31)
Die Schwyzerin hat eine schwierige Zeit hinter sich. Im vergangenen Dezember zog sie sich bei einem heftigen Abflug im Training einen Bruch im linken Sprunggelenk zu, musste sich einer Operation unterziehen und verpasste den Rest des Winters, nachdem sie in den drei Slaloms bis zu ihrem Unfall die Ränge 12, 8 und 3 belegt hatte. Während ihrer Reha verlor sie ihren Bruder Kevin, der treu an ihrer Seit war, sich um Medien- und Sponsorentermine seiner Schwester kümmerte, seit er 2011 seine eigene Ski-Karriere beendet hatte, nachdem bei ihm eine Krebserkrankung diagnostiziert worden war. Am 22. Februar 2024 verlor er im Alter von nur 34 Jahren den Kampf gegen den Krebs und hinterliess ein grosses Loch im Leben der ganzen Familie. Wendy Holdener hat den Weg zurück gemeistert. Kehrte beim Riesenslalom in Sölden Ende Oktober mit Rang 25 in den Ski-Zirkus zurück. Und greift nun auch in ihrer Paradedisziplin Slalom wieder an. Zwei Slaloms hat sie im Weltcup bis heute gewonnen, 35 Mal fuhr sie aufs Podest. 16 Mal ist Holdener in Levi schon gestartet, viermal reichte es ihr in die Top 3: 2016, 2019 und 2022 fuhr sie auf Rang 2, 2017 wurde sie Dritte. Bei ihrem Slalom-Comeback am Samstag eine Top-Platzierung zu erwarten, ist vermessen. Aber Überraschungen sind natürlich willkommen.
Michelle Gisin (30)
Im vergangenen Winter brillierte sie im Slalom mit schier unheimlicher Konstanz, drehte nach einem verhaltenen Saisonstart in Levi mit den Rängen 21 und 15 mächtig auf, fuhr in den folgenden neun Weltcupslaloms immer in die Top Ten, stand in Lienz und Are als Dritte gar auf dem Podest – in ihrer Karriere fuhr sie im Weltcup im Slalom total neunmal in die Top 3 – und beendete die Saison im Disziplinenweltcup hinter Mikaela Shiffrin, Lena Dürr und Petra Vlhova auf Rang 4. In Levi stand Gisin bisher 14 Mal am Start, einmal schaffte sie es auch auf Podest: 2020, als sie hinter der Slowakin Petra Vlhova Zweite wurde, nachdem sie bei Rennhälfte noch geführt hatte.
Camille Rast (25)
Nach schwierigen Jahren ist die Walliserin im Weltcup gerade im Salom eine fixe Grösse geworden. Neunmal fur sie bei Weltcupslaloms bisher in die Top Ten, dreimal landete sie als Vierte nur knapp neben dem Podest – in der letzten Saison war das in Kranjska Gora und Jasna der Fall. Eine Platzierung auf dem Stockerl ist für die Neunte des Disziplinenweltcups der vergangenen Saison überfällig, allerings war Levi in der Vergangenheit nicht wirklich ihre Lieblingsdestination: Im vergangenen Winter fur sie auf die Plätz 18 und 19, bei bislang insgesamt acht Starts ist sie noch nie in die Top 15 gefahren. Es ist Zeit, dies zu ändern.
Mélanie Meillard (26)
Ihre Krankengeschichte ist umfassend, deshalb hatte sie in ihrer Karriere viele Tiefs zu überwinden. Im vergangenen Winter meldete sie sich aber zurück, beendete die Saison im Slalom-Weltcup auf dem 14. Platz. Zweimal fuhr sie dabei in die Top Ten: beim Saisonauftakt in Levi als Siebte und in Jasna als Fünfte. Zwölfmal ist Meillard bisher in ihrer Paradedisziplin im Weltcup in die Top Ten gefahren, viermal gelang ihr dieses Kunststück in Levi. Es sieht also definitiv danach aus, dass ihr dieser Hang gefällt. Das macht Hoffnung…
Nicole Good (26)
Den Zuschauern stockte der Atem, als Nicole Good im Frühling an den Schweizer Meisterschaften im Super-G schwer stürzte und regungslos liegen blieb. Sie zog sich Knochenbrüche im Gesicht und eine Gehirnerschütterung zu und sagte später: «Wenn ich mir heute das Ganze als Video anschaue, ist das, als wäre es irgendjemand, der stürzt. Ich erinnere mich zum Glück an nichts – das ist wohl der Schutzmechanismus des Körpers.» Der Sturz ist verarbeitet, der Blick nach vorne gerichtet. Und da will sie im Slalom wieder Gas geben, nachdem sie im vergangenen Weltcupwinter sechsmal in die Top 30 gefahren und in Lienz mit Rang 9 ihr bislang bestes Resultat erreicht hat. In Sölden stand sie achtmal am Start und fuhr zweimal in die Punkte: 19. Platz (2022) und 21. Platz (2023).
Aline Danioth (26)
Dass die Urnerin wieder am Start von Weltcuprennen steht, ist vor allem etwas zuzuschreiben: ihrem unbändigen Biss und Willen, ihrer Beharrlichkeit. Im März 2023 riss sie sich das Kreuzband – bereits zum vierten Mal in ihrer Karriere. Rehabilitation und Therapien sind ihr damit fast ebenso vertraut wie Schneetrainings. Dabei hatte sie vor ihrer erneuten schweren Verletzung gerade Schwung aufgenommen. Bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking wurde sie Zehnte, im Februar 2023 fuhr sie dann im WM-Slalom in Méribel auf Rang 6, verpasste die Bronzemedaille um lediglich 28 Hunderstelsekunden. Es war der Höhepunkt in der bisherigen Karriere von Danioth, weitere sollen nun folgen. Auch im Weltcup, wo sie einen siebten Platz in Lienz 2019 als Bestresultat und total drei Top Ten-Klassierungen aufweist. In Levi stand sie bisher fünfmal am Start und eroberte dreimal Punkte (Plätze 18, 18 und 28).
Elena Stoffel (28)
Ihr Weltcup-Debüt gab die Walliserin im März 2015 in Are, doch der Durchbruch lässt bis heute auf sich warten. Noch nie hat sie es im Weltcup in die Top Ten geschafft, ein 14. Platz (2019 in Splindleruv Mlyn) ist ihre Bestmarke. Im vergangenen Winter kam sie nie in Schwung, gewann lediglich dreimal Weltcuppunkte (Ränge 16, 20 und 23). Nun muss sie lefern, um weiterhin im Weltcup starten zu können, doch Levi war für die in der Vergangenheit kein gutes Pflaster: Neunmal startete Stoffel in Finnland zum Slalom, nur gerade einmal reichte es zu Punkten – im November 2019 mit dem 23. Platz.
Janine Mächler (19)
Die Zürcherin hat bis heute vier Weltcupslaloms bestritten, aber noch nie die Qualifikation für den zweiten Lauf geschafft. Im vergangenen November fuhr sie in Levi auf den 52. Platz, verlor 4,11 Sekunden auf Petra Vlhova, die den Lauf am schnellsten absolviert hatte, und verpasste die Top 30 und den zweiten Durchgang um 1,05 Sekunden. «Im Vergleich zum letzten Jahr bin ich vor allem im Oberkörper stabiler geworden. Und auch die Technik passt besser», sagte die Schwester von Reto Mächler (23), einem der grössten Talente im Schweizer Skisport, kürzlich gegenüber dem Blick. Da sind wir doch gespannt.
Aline Höpli (23)
Die Karriere der St. Gallerin war von vielen Verletzungen geprägt, innert drei Jahren erlitt sie drei Kreuzbandrisse. So stehen erst fünf Weltcupeinsätze in ihrem sportlichen Curriculum Vitae, darunter zwei in Levi 2022, als sie mit den Plätzen 43 und 45 aber zweimal die Top 30 verpasste. Für Höpli geht es nun darum, einmal mehr Weltcupluft zu schnuppern, die Chance zu packen, wenn sich das Fenster für eine Top-30-Platzierung öffnen sollte und sich in den kommenden Wochen und Monaten vor allem in der Startliste weiter nach vorne zu arbeiten.