Sarrazin auch für Odermatt nicht zu schlagen
Ende Dezember feierte der Franzose Cyprien Sarrazin mit einem Husarenritt in Bormio seinen ersten Abfahrtsieg im Weltcup. Nun feierte er in Wengen auch im Super-G Premiere.
Der 29-jährige Franzose ist einer jener Fahrer, die sich immer am Limit bewegen, auf der Rasierklinge tanzen – auch deshalb wird er im Skizirkus teilweise «Psycho» genannt. Und in Wengen zeigte er einmal mehr auf, wieviel er zu riskieren bereit ist – und brachte es ins Ziel. Seine Fahrt mit der Startnummer 3 war der Massstab für alle anderen, wobei diesmal auch Marco Odermatt nicht mit ihm mithalten konnte. Im Ziel war der Bormio-Sieger 0,58 Sekunden schneller als der Nidwaldner und genau eine Sekunde vor Aleksander Aamodt Kilde. Somit waren dieselben Namen auf dem Podest wie in der Abfahrt am Donnerstag, als Odermatt vor Sarrazin und Kilde gewonnen hatte.
Sarrazin zauberte eine Traumfahrt in den Berner Oberländer Schnee, hatte aber auch das Glück, dass er vor Alexis Pinturault ins Rennen dufte und schon im Ziel war, als sein Landsmann, der am Dreikönigstag erstmals Vater geworden war, schwer stürzte und mit einer Knieverletzung mit dem Helikopter ins Spital gebracht werden musste. Später sagte er: «Es ist immer schlimm, wenn man sowas mitansehen muss. Aber klar ist auch: Wir riskieren hier unsere Gesundheit, das ist Teil unseres Sports.»
Andere wie Odermatt mussten während des Rennunterbruchs im Startgelände warten, was der Risikobereitschaft kaum förderlich war. So sagte Odermatt im Ziel: «Ich habe Sarrazins Fahrt am Start gesehen und wusste, es wird nicht leicht, ihn zu schlagen. Und ein langer Unterbruch braucht dann auch viel Energie. Wenn man weiss, dass Pinturault gestürzt ist, der sonst so super auf den Ski steht und praktisch nie Fehler macht, ist im Unterbewusstsein bestimmt auch ein Prozent Sicherheit mitgefahren. Deshalb bin ich sehr zufrieden mit dem zweiten Platz.» Sein Energielevel habe nicht ganz bei 100 Prozent gelegen, er habe beim Fahren gemerkt, dass seine Beine sehr blau sind. «Es ist der längste Super-G des Jahres und dann kommt morgen die längste Abfahrt. Dann kamen gestern und heute Unterbrüche dazu, die den Tag verlängert haben. Die Erholung ist deshalb bestimmt nicht riesengross.»
Ob Odermatt ohne die Zwangspause Sarrazin hätte schlagen können, ist ebenso Spekulation wie irrelevant. So oder so ist die Bilanz des Nidwaldners beeindruckend. Nach zuvor drei Siegen in drei verschiedenen Disziplinen (Super-G, Riesenslalom, Abfahrt) sowie fünf Siegen in den letzten sechs Super-Gs musste er sich zwar wieder einmal geschlagen geben, aber seine Podestserie im Super-G baute er auf zwölf Rennen aus und egalisierte damit die Bestmarke von Hermann Maier (zwischen 2001 und 2004). Und: In den letzten 21 Super-G-Rennen raste Odermatt 18 Mal in die Top 3…
Neben dem Zweiten Odermatt schafften es auch Justin Murisier (Rang 7) und Stefan Rogentin als Neunter in die Top Ten. Drittbester Schweizer war Arnaud Boisset, der mit Startnummer 33 auf den beachtlichen 14. Platz fuhr. Das sorgt auch für Optimismus im Hinblick auf die am Samstag stattfindende «richtige» Lauberhornabfahrt auf der Originalstrecke.