Im Prozess um den Kuss-Skandal im spanischen Fussball hat ein Lippenleser Ex-Verbandspräsident Luis Rubiales entlastet.
In einem Video sei zu erkennen, dass der wegen sexueller Aggression angeklagte Mann Weltmeisterin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung nach dem Finaltriumph bei der WM 2023 in Australien um Genehmigung für den Kuss auf den Mund gebeten habe. Das versicherte der Gutachter vor dem Staatsgerichtshof in Madrid. Hermoso hatte zuvor vor Gericht bekräftigt, der Kuss sei gegen ihren Willen erfolgt.
Dem Ex-Profi droht eine lange Haftstrafe
Rubiales wird der sexuellen Aggression und auch der Nötigung beschuldigt. Dem 47 Jahre alten Ex-Profi droht eine mehrjährige Haftstrafe. Mitangeklagt sind wegen Nötigung drei weitere ehemalige Verbandsmitarbeiter. Die mündliche Verhandlung soll längstens bis zum 19. Februar gehen. Die Urteilsverkündung wird aber erst nach einigen Tagen oder Wochen erwartet.
Nach dem Gutachter war der Hauptangeklagte an der Reihe. Rubiales beteuerte wie bei früheren Aussagen, der Kuss sei einvernehmlich gewesen. "Sie drückte mich fest, hob mich hoch. Ich fragte sie, ob ich ihr einen Kuss geben darf, und sie sagte "Okay"." Er sei sich "völlig sicher, dass sie mir ihre Zustimmung gegeben hat".
Dieser Einschätzung verlieh die Aussage des Gutachters mehr Glaubwürdigkeit. Er habe ein Tiktok-Video von guter Qualität analysiert und erkannt, dass Rubiales zu Hermoso gesagt habe: "Darf ich dir ein Küsschen geben?" Er habe "keine Zweifel. Ich habe es mehrere Male gesehen und bin mir sicher", beteuerte der gehörlose und als Lippenleser ausgebildete Mann in der Gebärdensprache.
"Ekel und Abscheu"
Der Gutachter David Murillo wurde zwar von der Verteidigung vorgeladen, er beteuerte aber auf Frage der Staatsanwaltschaft, er habe keine Beziehung zu Rubiales. Er arbeite regelmässig mit der spanischen Polizei zusammen. Ein weiterer Gutachter sagte aus, das Video sei echt und nicht manipuliert worden.
Hermoso hatte gleich am ersten Verhandlungstag berichtet, der unfreiwillige Kuss nach dem Finale der Frauen-WM 2023 in Sydney habe bei ihr "Ekel und Abscheu" ausgelöst und "einen der glücklichsten Tage meines Lebens überschattet". Die 34-Jährige hatte auch erzählt, sie sei in den Tagen nach der WM von Rubiales und damaligen Verbandsmitarbeitern unter Druck gesetzt worden, damit sie die Sache herunterspiele und Rubiales nicht beschuldige.
Der Hauptangeklagte sagte zu seiner Verteidigung vor Gericht unter anderem auch aus, er habe bei ähnlichen Situationen "auch viele männliche Fussballer mit Küssen bedeckt".