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Rollt YB jetzt das Feld von hinten auf? Zwei Meinungen

Fünf Spiele, zwei Punkte, letzter Tabellenplatz. Den Berner Young Boys ist der Start in die Meisterschaft gründlich missglückt. Doch das war vor der Gala gegen Gala. Rollen die Berner das SL-Feld nun von hinten auf? Unsere Redaktoren Andy Maschek und Patrick Y. Fischer sind sich uneinig.

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Alan Virginius bezwingt Galatasaray-Goalie Fernando Muslera – schlagen die Berner nun auch in der Meisterschaft wieder zu? © KEYSTONE/Thomas Hodel

Andy Maschek sagt: Ja

In den letzten Jahren waren die Young Boys national das Mass aller Dinge und feierten viele Titelgewinne. Nun schwächeln sie, liegen in der Meisterschaft auf dem letzten Platz, haben schon einen respektablen Rückstand auf die Spitze. Wozu sie aber in der Lage sind, haben die Young Boys gegen Galatasaray gezeigt. Der Triumph gegen den massiv höher eingeschätzten türkischen Meister war nicht glücklich, sondern überzeugend und verdient.

Ganz klar, die Young Boys haben alles in ihrem Team, um die Gegner alt aussehen zu lassen, und sie werden das auch tun. Sie verfügen über das breiteste und qualitativ beste Kader in der Liga. Angefangen beim Goalie, wo der Ausfall von David von Ballmoos durch den talentierten Marvin Keller problemlos weggesteckt werden konnte. Dazu kommen Feldspieler, die auf der europäischen Bühne ihre Muskeln gezeigt haben und auch in der Super League Präsenz und Stärke markieren werden. Und mit Patrick Rahmen ein Trainer, der durch Ruhe und Kompetenz beeindruckt.

Ja, die Berner haben in der Meisterschaft einen Fehlstart hingelegt und sind bereits im Hintertreffen. Ja, das ist beunruhigend. Aber nein, deswegen werden sie im Kampf um den Meistertitel am Ende nicht das Nachsehen haben, auch wenn sich andere Klubs bei einem Blick auf die Tabelle heute verständlicherweise Hoffnungen machen.

Das Erfolgserlebnis in der Champions League wird YB auch in der Liga stärken. Die Spieler wissen, was sie können und werden nun das Feld von hinten aufrollen. Mit breiter Brust die Herausforderungen annehmen. Immer auch im Wissen, dass das nationale Championat noch wichtiger ist als die Königsklasse, wo die internationalen Auftritte den Alltag bereichern. Die Mannschaft ist in der Lage, jederzeit eine Siegesserie zu starten. Und die Klubführung verfällt wegen des Fehlstartes nicht in falschen Aktionismus. 

Dazu kommt, dass dank der Champions League die Geldspeicher voll sind. Finanziell spielt YB in der Schweiz in einer eigenen Liga und kann auf dem Transfermarkt bei Bedarf nachbessern. Wie gut es trotz der nationalen Baisse um die Berner steht, zeigt ein Blick in die Offensive. Cedric Itten stand bei insgesamt acht Spielen nur gerade dreimal in der Startformation. Deshalb ist für mich klar: YB  beginnt mit dem europäischen Schwung im Rücken einen Steigerungslauf, der auch in dieser Saison früher oder später an die Spitze führen wird.

Patrick Y. Fischer sagt: Nein

Zugegeben: Was die Berner Young Boys im Rahmen ihrer beiden Auftritte gegen den türkischen Meister Galatasaray Istanbul zeigten, war beeindruckend. Marvin Keller – bombensicher. Sandro Lauper – stets zur Stelle. Ebrima Collet – nicht zu stoppen. Nur: Wo waren diese Spieler und ihre Teamkollegen in den ersten knapp fünf Wochen der neuen Saison, als die Gegner nicht Galatasaray sondern Sion, Yverdon, St. Gallen oder Servette hiessen? Die Antwort kennen wohl nicht einmal die Berner selber. Fakt aber ist, dass sie in nur fünf Partien 13 Punkten liegen liessen. Ein gewaltiger Rucksack für den Rest der Meisterschaft.

Und genau dieser ist einer der Gründe, warum ich nicht an einen «worst to first»-Turnaround des Titelverteidigers glaube. Mit mindestens sieben Punkten Rückstand auf den FCZ, Basel, Lugano, Servette oder St. Gallen ist das selbst verursachte Handicap bereits beträchtlich. Die Konkurrenz hat Lunte gerochen und ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass ein bis zwei dieser Teams die Young Boys bis zum Saisonende auf Distanz halten können, als realistisch ein. Schliesslich ist die Fehlermarge in Bern bereits jetzt beinahe aufgebraucht.

Denn so überzeugend YB gegen Istanbul auftrat, so fehlerhaft und fragil agierte Patrick Rahmens Mannschaft bislang in der Meisterschaft. Eine klare Steigerung ist zwingend, denn Gelb-Schwarz muss endlich beginnen zu gewinnen. Bereits jetzt helfen den Bernern nur noch Serien und Siege, aber die sind einfacher herbeigeschrieben als erspielt. Schliesslich haben die Young Boys in der CL-Qualifikation eben selbst erlebt was passiert, wenn ein Favorit gegen einen motivierten Underdog nicht bereit ist, mit letzter Konsequenz zu spielen. Doch unter Druck fällt oft alles ein wenig schwerer.

Womit wir bei letztem Grund dafür wären, warum ich in dieser Spielzeit nicht mehr an einen Schweizer Meister aus Bern glaube. Je mehr Spiele eine Mannschaft im Laufe einer Saison absolvieren muss, desto schwieriger ist es, mental in jeder einzelnen Partie auf der Höhe zu sein. Und im Vergleich mit einem FCZ oder FCB werden die Berner bis Ende Januar mindestens acht zusätzliche Partien bestreiten. Da ist ein punktueller Spannungs- und Leistungsabfall nahezu unvermeidlich, insbesondere, wenn man sich unter der Woche noch mit Inter Mailand oder Barcelona messen durfte. Punkteverluste in einem halbleeren Letzigrund oder in Yverdon sind da fast schon unvermeidlich – nur dass YB sich diese bereits nicht mehr leisten kann. Denn beim wiedererstarkten FCB, im ambitionierten Lugano oder im euphorischen Kybunpark hat man bereits Blut geleckt. Zu Recht, wie ich meine.
 

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