Rappi zu Gast in Lugano: Mehr Krise geht nicht
27. Runde in der National League und im Tessin kommt es heute Abend zum Krisengipfel zwischen dem HC Lugano und den Rapperswil-Jona Lakers. Beide Teams stecken seit Wochen im Formtief, doch woran liegt’s? Sky Sport hat genauer hingeschaut.
HC Lugano: Ein Plan, der (bis jetzt) nicht funktioniert
32 Jahre alt ist Luganos Luca Gianinazzi erst und damit nach über zwei Jahren im Amt noch immer der mit Abstand jüngste Head Coach in der National League. Der ehemalige Lugano-Junior gilt eishockeyverrückt, überzeugt als sachlicher Kommunikator und mit einem enormen taktischen Know-how. Trotzdem will es mit den sportlichen Erfolgen seit seiner Amtsübernahme nicht so richtig klappen, insbesondere in der aktuellen Phase. Nach einem guten Start in die Saison (Rang 5 nach 10 Runden), stecken die Luganesi zur Zeit wieder einmal in einer veritablen Krise. Aus letzten 14 Spielen resultierten nur vier Siege, in der Tabelle ging es parallel runter bis auf Rang 13. Ein Problem: Die Tessiner agieren viel zu ineffizient, schiessen zwar über 33 Mal pro Partie auf das gegnerische Tor (Nr. 3 der Liga), treffen aber nur in 7,75% aller Fälle (Nr. 13 der Liga). Hinzu kommt, dass sich Tessiner auf der Torhüterposition bislang absolut unterdurchschnittlich präsentieren. Zum einen aufgrund von Verletzungen, zum anderen aufgrund von durchzogenen Leistungen, kommen doch weder Niklas Schlegel (Nr . 17 der Liga, Fangquote 88,25%), noch der mittlerweile verletzt ausfallende Joren van Pottelberghe (89,29%), noch Ersatz Adam Huska (85%) auf eine Fangquote von 90% oder mehr. Keine gute Basis für eine Mannschaft, die zudem auch in den Special Teams nicht zu überzeugen weiss. Alles in allem kein Ruhmesblatt für Gianinazzi und seinen Staff, auch wenn gesagt werden muss, dass die Ausfälle von Leistungsträgern wie Topscorer Calvin Thürkauf (kehrte vor zwei Wochen zurück) und Ex-NHL-Verteidiger Mirco Müller die Aufgabe im Tessin sicherlich nicht vereinfacht haben. Und nun? Die Vereinsführung um Sportchef Hnat Domenichelli und CEO Marco Werder steht öffentlich noch immer hinter ihrem «Coaching-Eigengewächs», wenn auch möglicherweise nicht mehr so uneingeschränkt wie auch schon. Noch lebt die Idee, mit Gianinazzi den Turnaround zu schaffen und sich mittelfristig mit einem Übungsleiter mit Stallgeruch wieder unter den Spitzenteams zu etablieren. Vorsichtshalber wurde dem jungen Coach mit Antti Törmänen jetzt aber ein erfahrener Berater zur Seite gestellt. Ein Sieg gegen die Lakers wäre da sicher das beste Mittel, um die Perspektiven dieser Konstellation mit drei Punkten zu festigen.
SCRJ Lakers: Den Faden verloren
Quizfrage: Welches Team führte nach vier Spielen die NL-Tabelle an und punktete darüber hinaus in jedem seiner ersten acht Meisterschaftspartien? Richtig, die Rapperswil-Jona Lakers. Und: Die Seebuben spielten auch nach 14 Partien noch oben mit, standen mit 23 Punkten auf Rang 4. Von solchen Höhen können die St. Galler zur Qualifikationshalbzeit nur träumen, liegen mittlerweile nach Verlustpunkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. Was ist passiert? Nun, zum einen ist das eingetroffen, was rund um den Obersee vor Saisonbeginn befürchtet werden musste. Der plötzliche Abgang von Roman Cervenka konnte nicht wettgemacht werden – und zwar auf allen Ebenen. Der tschechische Weltmeister fehlt als Scorer, Leader und als Spielmacher, der Teamkollegen wie Tyler Moy (vor zwei Jahren die Nr. 4 der NL-Skorerliste) in Szene setzt und deren Stärken akzentuiert. Neu oder für Cervenka geholte Offensiv-Cracks wie Malte Strömwall (21 Punkte in 21 Spielen) oder Pontus Aberg konnten diese Lücke bis anhin nur zum Teil füllen. Zum anderen scheint sich der Entscheid der Klubführung um Sportchef Janick Steinmann, nach einer schwierigen Vorsaison umso mehr auf das nordische Element zu setzen, nicht bezahlt zu machen. Im Gegenteil. Wer die Mannschaft zur Zeit sieht, hat stets das Gefühl, dass sie mit einer Art eingebauten taktischen Handbremse spielt, dass es ihr an Emotionen und der Fähigkeit fehlt, ein Spiel auch einmal dreckig zu gewinnen. Doch genau das ist möglicherweise notwendig, fehlen den Lakers mittlerweile doch zahlreiche verletzte Leistungsträger (Djuse, Larsson, Strömwall, Albrecht), welche in der Theorie für den Unterschied hätten sorgen sollen. Kommen dann noch formschwache Routiniers wie Jeremy Wick oder Igor Jelovac, können auch zwei solide Torhüter in Melvin Nyffeler (Nr. 10 der Liga, Fangquote 91,09%) und Ivars Punnenovs (Nr. 7, Fangquote 91,60%) die Kohlen nicht mehr aus dem Feuer holen. Könnte die fatal negative Entwicklung (zuletzt fünf Pleiten in Serie) am Ende sogar das vorzeitige Ende der Ära «Hedlund» (Vertrag bis Ende Saison 2026) einläuten? Sollten die wegweisenden Spiele im Tessin und gegen die SCL Tigers auf die gleiche, blutleere Art und Weise verloren gehen wie zuletzt, könnte die Geduld und das dicke Fell von «Hedlund-Fan» Steinmann ein erstes Mal so richtig strapaziert werden.