Queen Mikaela
Wer ist «The GOAT»? Der oder die Grösste aller Zeiten? Es ist eine Frage, die immer wieder für Diskussionen sorgt. Selten ist sie so einfach zu beantworten wie im Ski alpin, wo die Amerikanerin Mikaela Shiffrin mit ihrem 100. Weltcupsieg eine fabelhafte Bestmarke gesetzt hat.
Roger Federer? Rafael Nadal? Novak Djokovic? An Stammtischen wird immer wieder darüber debattiert, wer denn im Tennis die ewige Nummer 1 ist. Neben Titeln und Trophäen spielen da jeweils auch die Sympathien und der Lokalpatriotismus mit. Eine allgemeingültige Antwort ist kaum möglich.
Anders ist es im Skirennsport der Frauen, wo die die 29-jährige Amerikanerin Mikaela Shiffrin seit Jahren das Mass aller Dinge ist. Welch fabelhafte Leistungen sie weltweit in den Schnee zaubert, zeigt ein Blick in die Zahlen und Statistiken, die nach ihrem 100. Weltcupsieg am Sonntag im Slalom in Sestriere mit einem weiteren Höhepunkt angereichert wurden. Damit hat sie als erste Skirennfahrerin überhaupt diese Schallmauer durchbrochen. Hinter ihr folgen der Schwede Ingemar Stenmark (86 Siege) und die Amerikanerin Lindsey Vonn (82), also zwei absolute Superstars.
4448 Tage zwischen Nr. 1 und Nr. 100
Angefangen hat es bei Shiffrin am 20. Dezember 2012. 17 Jahre jung war sie, als sie im schwedischen Aare (wo am 8. und 9. März übrigens die nächsten Rennen für die Technikerinnen stattfinden) vor Frida Hansdotter und Tina Maze den Slalom gewann. Es war ihr 24. Weltcupstart. Am vergangenen Sonntag bestritt Shiffrin nun ihr 278. Weltcuprennen – und feierte ihren Jubiläumssieg 4448 Tage nach ihrem ersten Erfolg.
Shiffrin ist ein Evergreen und erfolgreich in allen Disziplinen. Natürlich, ihre Paradedisziplin ist der Slalom, wo sie 63 Siege einfuhr, dazu kommen aber auch Weltcup-Triumphe im Riesenslalom (22), Super-G (5), in Parallelrennen (5), in der Abfahrt (4) und einer in der Kombination. Damit siegte sie bisher in 35,9 Prozent der Weltcuprennen, die sie bestritt – es ist eine ebenso unglaubliche Quote wie jene der Podestplätze: 155 Mal fuhr die Amerikanerin im Weltcup in die Top 3, das heisst in 55,7 Prozent der Rennen, in denen sie am Start stand!
Erstmals gelang ihr dieses Kunststück übrigens am 29. Dezember 2011 in Lienz, als sie den Slalom hinter der Österreicherin Marlies Schild und der Slowenin Tina Maze auf Rang 3 beendete. Mit ihren 155 Rangierungen in den Top 3 ist Shiffrin jedoch nicht alleinige Rekordhalterin: Schwedens Ski-Legende Ingemar Stenmark hat es ebenfalls auf 155 Podestplätze gebracht, wird aber schon bald von Shiffrin überholt werden.
Die vielen Erfolge im Weltcup – allein in der Saison triumphierte sie in 17 Rennen – sorgten auch für einen wahren Kristallsegen. Shiffrin besitzt 16 Kristallkugeln, davon fünf grosse für den Gewinn des Gesamtweltcups und elf kleine für den Gewinn einer Disziplinenwertung – sie gewann acht Mal die Gesatmwertung im Slalom, zweimal jene im Riesenslalom und einmal im Super-G.
Es sind Zeugnisse für ihre Polyvalenz und ihre Konstanz über eine Saison hinweg. Aber Shiffrin war und ist auch eine Frau für Grossanlässe. Zweimal eroberte sie Olympia-Gold, einmal -Silber. Und an Weltmeisterschaften raste sie zu 15 Medaillen: achtmal Gold, viermal Silber, dreimal Bronze. Der letzte Triumph gelang ihr an den Titelkämpfen in Saalbach, wo sie mit Breezy Johnson den Titel in der Teamkombination gewann.
Video-Botschaft von Roger Federer
Mikaela Shiffrin brilliert mit einer Karriere der Superlative. Und erhielt für ihren 100. Sieg Gratulationen von Prominenten aus aller Welt, darunter Roger Federer. Der Tennis-Maestro schickt eine Video-Botschaft, in der er erklärte: «Deine hundert Siege sind unglaublich. Ich weiss nicht, wie du das machst.» Und: «Es ist grossartig, du bist die Beste. Du und dein Team könnt richtig stolz auf euch sein. «Geniesse es, solche Momente gehen leider wie der Blitz vorbei.»
Shiffrin geniesst die Gegenwart ganz sicher, denkt aber auch an die Zukunft. Anlässlich ihres 100. Weltcup-Sieges hat sie sich mit der US-Stiftung «Share Winter» zusammengeschlossen, um 100’000 Dollar für Kinder und Jugendliche zu sammeln, denen der Zugang zum Schneesport verwehrt war. «Ich sehe diese 100 Siege als Gelegenheit, mehr Menschen für den Sport zu begeistern und mehr Leidenschaft zu wecken», erklärte Shiffrin. «Share Winter dabei zu helfen, mehr Kinder auf den Berg zu bringen, ist wirklich wichtig. Das ist viel grösser, als wenn ich 100 Rennen gewinne. Das macht diesen 100. Sieg zu einem der bedeutendsten für mich.»