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«Paris ist der Ort, an dem es eigentlich passieren sollte!»

Andy

Der Berner Tennisprofi Dominic Stricker hat zuletzt in Prag zum fünften Mal in seiner Karriere ein Challenger-Turnier gewonnen und schnuppert in der Weltrangliste an den Top 100. An den French Open in Paris, wo er 2020 das Juniorenturnier gewann, will der 20-Jährige nun erstmals in seiner Karriere bei einem Grand Slam die Qualifikation überstehen und ins Main Draw einziehen.

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Dominic Stricker befindet sich auf dem Weg nach oben. © IMAGO / Beautiful Sports

Wie geht es Ihnen?
Dominic Stricker: Gut, danke.

Sie hatten zuletzt Fussprobleme und mussten pausieren. Ist alles auskuriert?
Es ist alles weg, ja. Ich hatte eine Fussverletzung und verzichtete aus diesem Grund vier, fünf Wochen auf Turniere. Ich kehrte dann in Prag auf die Tour zurück und erlebte eine super Woche. Eine solche Rückkehr ist selbstverständlich cool, auch wenn die Zeit nach einer Verletzung nie einfach ist.

Sie haben bei Ihrem Comeback auf Anhieb das Challenger-Turnier in Prag gewonnen, es war Ihr fünfter Erfolg auf dieser Stufe. Wo sehen Sie die Gründe für diese starke Rückkehr?
Das ist eine gute Frage. Ich denke, da haben verschiedene Dinge zusammengespielt. Die Wochen ohne Turnier waren nicht einfach, da beginnt man zu überlegen und fragt sich nach den Gründen für die Verletzung. Gleichzeitig konnte ich gut an mir arbeiten, sehr intensiv trainieren, am Anfang vor allem auch im Gym, da ich nicht gross auf dem Court trainieren konnte. Bei Swiss Tennis unter der Leitung von Marc Frey konnte ich mich so körperlich und konditionell gut auf das Kommende vorbereiten. Als es dann wieder möglich war, kehrte ich auf den Platz zurück, fühlte mich sofort gut und reiste dann mit wenig Erwartungen nach Prag. Dass es dann gleich so gut lief, ist natürlich perfekt.

«Am Ende machen ganz kleine Details den Unterschied aus und sorgen dafür, dass man den Pokal in den Händen hat»

In der zweiten Woche scheiterten Sie in Prag dann aber an Henri Laaksonen. Sind das die Eigenheiten des Tennis, wo so viele kleine Details entscheiden?
Im Tennis ist alles extrem eng beieinander, schon in der ersten Woche hätte alles ganz anders laufen können. Eigentlich kann auf dieser Stufe fast jeder Spieler das Turnier gewinnen, am Ende machen ganz kleine Details den Unterschied aus und sorgen dafür, dass man den Pokal in den Händen hat. Zumal mein Körper nach einer so harten Woche, mit vielen Dreisatz-Matches und nach meiner Rückkehr von der Verletzung einfach zu müde war, um nochmals 100 Prozent frisch auf dem Platz zu stehen.

Wie sieht nun das weitere Programm aus?
Bis zum Beginn der French Open trainiere ich, und dann hoffe ich, dass mein Aufenthalt in Paris doch eine Zeit lang dauert. Nach Paris folgt der Wechsel auf Rasen, wobei ich noch nicht weiss, welche Turniere ich da bestreiten werde, bevor Wimbledon beginnt. Und dann folgen schon die Turniere in der Schweiz, beispielsweise im Berner Oberland in Gstaad, worauf ich mich sehr freue.

In Paris bestreiten Sie die French Open-Quali. Wie zuversichtlich sind Sie, erstmals das Hauptfeld eines Grand Slams zu erreichen?
Eigentlich bin ich sehr zuversichtlich, denn ich fühle mich auf Sand sehr wohl, habe auch in Prag gut gespielt. Grand Slam-Qualifikationen sind immer cool, doch in der Vergangenheit ist nicht immer alles für mich gelaufen. Ich bin gespannt, wie es nun in Paris ausschaut.

An den Australian Open waren Sie sehr nah an der Qualifikation fürs Hauptfeld…
Ja, die knappe Niederlage in der dritten Runde der Qualifikation war sehr schade. Doch daraus lernt man, zudem bekommt man so die Gewissheit, dass nur wenig fehlt, dass man nahe dran ist. Es tut auch gut, das zu wissen.

Paris mit Ihrer Geschichte, dem Junioren-Triumph von 2020, wäre der geeignete Ort für die Grand Slam-Premiere…
Das stimmt, Paris ist der Ort, an dem es eigentlich passieren sollte!

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French Open 2020: Im Juniorenfinal bezwang der Berner Dominic Stricker den Zürcher Leandro Riedi.

Bei den «Erwachsenen» haben Sie sich schnell weit nach vorne gearbeitet. Was fehlt noch für den Sprung in die Top 100?
Es stimmt, ich konnte sehr schnell im Ranking nach oben klettern, schneller, als wir alle gedacht hatten. Es lief weiter gut, und ich bin auch mit dem bisherigen Jahr 2023 sehr zufrieden, ich bin konstant wie noch nie. Was genau noch fehlt, ist schwierig zu sagen, ich denke, es ist ein Mix aus allem, dass überall noch ein paar Prozente dazu kommen sollten, und dann ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit. Aber es passiert sicher nicht von allein, die harte Arbeit ist enorm wichtig. Wir sind jedoch auf einem guten Weg, und ich hoffe, dass es noch in diesem Jahr klappt.

Sind die magischen Top 100 nicht nur sportlich, sondern auch mental eine Herausforderung?
Das ist sicher so. Aktuell liege ich um Platz 115 herum, da weiss man, dass mega, mega wenig fehlt, aber trotzdem braucht es noch ziemlich viele Punkte. Man hat das immer im Kopf, versucht aber, dies nicht in den Vordergrund kommen zu lassen, da es ablenken könnte.

War der Junioren-Grand-Slam-Titel 2020 rückblickend teilweise auch eine Belastung, weil er eine grosse Erwartungshaltung mit sich brachte?
Natürlich sorgt ein solcher Erfolg für Erwartungen, aber in meinem Umfeld haben alle gesagt: Ein solcher Titel ist keine Garantie, dass du es auch bei den Erwachsenen schaffst. Das hat mir geholfen, immer dranzubleiben. Rückblickend war es eine super schöne Woche damals in Paris, aber zusätzlicher Druck entstand nicht.

«Dann ergab sich die Möglichkeit mit Didi, und das hat bis jetzt bestens gepasst. Wir haben drei Turniere bestritten und zwei gewonnen, da kann man nicht viel sagen.»

Sie haben kürzlich den Coach gewechselt und arbeiten nun mit Dieter Kindlmann. Weshalb erfolgte dieser Schritt?
Ich hatte mit Sven Swinnen eine super Zeit, wir waren gemeinsam sehr erfolgreich. Dennoch kamen wir zum Schluss, dass etwas Neues vielleicht mal nicht schlecht wäre, zumal er eine Familie hat und weniger reisen wollte. Dann ergab sich die Möglichkeit mit Didi, und das hat bis jetzt bestens gepasst. Wir haben drei Turniere bestritten und zwei gewonnen, da kann man nicht viel sagen (lacht). Wir verstehen uns super auf dem Platz, aber auch daneben. Das ist mega cool. Und neue, zusätzliche Tipps können sehr wertvoll sein.

Und welche Rolle hat Peter Lundgren, der einstige Coach von Roger Federer? Ist er ein externer Berater?
Wir hatten sehr gute Wochen zusammen, entschieden dann aber, dass ich mit Didi Kindlmann arbeite. Peter ist jedoch sicher eine Ansprechperson für mich.

Ist es korrekt, dass Sie nun auch von einem Physiotherapeuten begleitet werden?
Das ist so, er war in Prag erstmals dabei. Es ist schon sehr wertvoll, wenn man jemanden dabei hat, der den Körper sehr gut kennt. Das behalten wir nun so auch bei.

Ist es ein schmaler Grat, wenn man in der Weltrangliste so schnell wie möglich nach vorne will und gleichzeitig dem Körper Ruhepausen gönnen möchte?
Da die richtige Balance zu finden, ist extrem schwierig. Der Körper ist für uns im Sport das wichtigste Gut. Wir haben immer wieder kleinere Verletzungen, mal schmerzt hier etwas, mal tut da etwas weh und man fragt sich, ob man so noch spielen kann oder besser pausieren sollte. Natürlich, der Physiotherapeut spürt diesen Schmerz nicht, aber er kann helfen, Verspannungen lösen.

Kürzlich wurde geschrieben, dass Ihr Team 14 Personen umfasst. Viele davon arbeiten ehrenamtlich, dennoch sind Sie nun auch ein Unternehmer, der die nötigen Finanzen einspielen soll. Ist das nicht sehr herausfordernd?
Es ist sicher nicht immer einfach, aber ich habe sehr gute Leute um mich die mir immer helfen. Sei dies mein Vater, der sich um das Management kümmert, oder mein Mami, die immer für mich da ist, meine Schwester, die mir hilft und viele andere, die mich unterstützen. Bis jetzt läuft alles gut, darüber bin ich sehr happy. Und trotz allem bin ich auf Partner und Sponsoren angewiesen. Ich bin diesen sehr dankbar. Sie helfen mir, dass ich meinen Traum «to the top» realisieren kann.
 

«Mit 20 Jahren rund um die Welt zu reisen, das können nicht viele. Umso wichtiger ist es auch, dass ich dieses Privileg geniesse»

Sie stehen kurz vor den Top 100, verfügen über grosses Potenzial, da kann man den Moment auch geniessen…
Mit 20 Jahren rund um die Welt zu reisen, das können nicht viele. Umso wichtiger ist es auch, dass ich dieses Privileg geniesse.

Hat sich Ihr Leben in den zwei Jahren, in denen Sie auf der Männer-Tour spielen, sehr stark verändert?
Es ist sicher ein anderes Leben, als es die meisten 20-Jährigen führen. Aber ich kenne das wie nicht anders, war auch zuvor schon oft unterwegs. Wie gesagt: Ich geniesse das, denn ich reise gerne, so ist es für mich perfekt.

Und was geniessen Sie am meisten, wenn Sie mal wieder heimkommen?
Da gibt es mehrere Dinge. Wichtig ist, mit Kollegen etwas zu machen, beispielsweise mal Golf zu spielen.

Mit den French Open und Wimbledon folgen nun absolute Höhepunkte im Jahr. Besteht eine gewisse Nervosität?
Ich würde es eher als freudige Aufgeregtheit bezeichnen. Auf die Grand Slams freut man sich immer, aber im Endeffekt sollte man sie anschauen wie jedes andere Turnier. In den kommenden Wochen folgen viele Höhepunkte, das wird cool!

Was haben Sie sich für 2023 vorgenommen?
Anfang Jahr haben wir als Ziel definiert, es ins Hauptfeld an Grand Slam-Turnieren zu schaffen und in die Top 100 vorzustossen, daran hat sich nichts geändert. Ich denke, es läuft alles nach Plan, ich hoffe es geht so weiter. Und wenn es mal nicht wunschgemäss klappt, ist es wichtig, ruhig zu bleiben, hart zu trainieren, dann sollte der Erfolg wie automatisch zurückkommen. Doch das ist heute einfacher zu sagen, als in einer solchen Situation dann umzusetzen.

Mehr Infos über Dominic Stricker, seinen Web-Shop und wo er gerade spielt: www.dominicstricker.ch

 

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Aktuell liegt der Fokus des Berners auf den Grand Slam-Turnieren.
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