Noch 72 Stunden bis Triplekusen: Bayer winkt historischer Triumph
Nach der Meisterfeier ist vor dem Europa-League-Finale: Innerhalb von 72 Stunden winkt Bayer Leverkusen ab heute Abend die einmalige Chance, die Saison ungeschlagen und mit den Titeln Nr. 2 und Nr. 3 zu beenden. Dazwischen stehen Atalanta Bergamo und der 1. FC Kaiserslautern - zwei Gegner von ganz unterschiedlicher Kragenweite.
Die Bergamasker Erfolgsgeschichte will die Krönung
51 Pflichtspiele. So lange ist Bayer Leverkusen wettbewerbsübergreifend ungeschlagen. Mittlerweile nimmt der Gedanke an eine Leverkusener Niederlage fast schon surreale Züge an und dennoch könnte ausgerechnet die Herausforderung, die der Werkself heute Abend bevorsteht, die Grösste in der aktuellen Spielzeit werden.
Gegner im Endspiel der Europa League ist nämlich Atalanta Bergamo, so etwas wie das Darling des italienischen Fussballs. Seit der Amtsübernahme von Trainer Gian Piero Gasperini vor sieben Jahren hat sich die ewige graue Maus nämlich zu einem absoluten Spitzenklub entwickelt und das, ohne über die finanziellen Mittel der beiden Mäiländer oder Römer Klubs, einer Juve oder einer SSC Neapel zu verfügen. Mit rund einem Drittel des Budgets der Konkurrenz spielt «La Dea» (die Göttin) auch in dieser Spielzeit wieder ganz vorne mit, basierend auf einer starken Nachwuchsbewegung und exzellentem Scouting. Richtig teure Transfers findet man im Kader der Atalanta nicht und trotzdem hat es der Klub abermals geschafft, talentierte und andernorts zum Teil gescheiterte Kicker wie Charles De Ketelaere (Leihe der AC Milan), Gianluca Scamacca (MS, zurück von West Ham), Ademola Lookman (26, ex-RB Leipzig) und Sead Kolasinac (OM) zu einer starken Einheit zu formen.
Fehlt eigentlich nur noch ein Titel, den die Bergamasken zuletzt im italienischen Pokalfinale (0:1 gegen Juve) zum bereits dritten Mal in den letzten fünf Jahren knapp verpassten. Gelingt ausgerechnet gegen Bayer der Durchbruch? Die Werkself, die selber seit 36 Jahren auf einen internationalen Titel wartet, ist auf alle Fälle gewarnt: Das Team aus der Lombardei, welches Pep Guardiola vor wenigen Jahren mit einem Besuch beim Zahnarzt verglich, schaltete auf dem Weg nach Dublin mit Liverpool und dem frischgebackenen portugiesischen Meister Sporting Lissabon zwei der stärksten Teams im Feld aus.
Mit Pensionär Funkel und dem Schweizer Elvedi
Unabhängig davon, ob Bayer heute Abend den zweiten Titel der Saison erringt, wartet in nur drei Tagen der nächste und finale Höhepunkt dieser Spielzeit auf Alonso, Xhaka & Co.: Im DFB-Pokalfinale in Berlin trifft der ungeschlagene deutsche Meister auf den 1. FC Kaiserslautern, Tabellen-13. der 2. Bundesliga und soeben dem drohenden Abstieg knapp entronnen.
Dabei kennen sich die roten Teufel mit Fussballgeschichte durchaus aus, holten sie 1998 mit Trainer Otto Rehhagel und Captain Ciriaco Sforza doch als bis heute einziger Aufsteiger direkt die Meisterschaft. Davon ist der Klub, der auf dem kultigen Betzenberg seine Heimstätte hat, heute meilenweit entfernt. Erst vor zwei Spielzeiten stieg man nach jahrelanger Misswirtschaft wieder in die zweithöchste Spielklasse auf und verbrauchte dort heuer nicht weniger als drei Trainer (Dirk Schuster, Interimstrainer Oliver Schäfer, Dimitrios Grammozis), ehe mit dem reaktivierten Trainer-Pensionär Friedhelm Funkel (70) doch noch der Ligaerhalt gelang. Mit einem Kader-Marktwert von knapp 24 Mio. Euro (entspricht ungefähr dem FC St. Gallen) sind die Lauterer am Samstag natürlich krasser Aussenseiter, was in der fussballverrückten Pfälzer Kleinstadt allerdings niemanden stört. Bereits zum Pokalviertelfinale im Januar begleiteten über 8'000 Anhänger ihre Mannschaft nach Berlin und machten sich beim Sieg über Hertha BSC schon einmal mit den lokalen Gepflogenheiten vertraut.
Ob das dem 1. FCK am Samstagabend helfen wird, ist zu bezweifeln, aber alleine die Tatsache, dass der vierfache deutsche Meister nach jahrelanger Erfolgslosigkeit wieder einmal an einer Trophäe schnuppern darf, ist eine tolle Fussball-Geschichte, inklusive zwei Schweizern. Während Innverteidiger Jan Elvedi, der Lauterer mit den meisten Spielminuten in dieser Spielzeit, seinem bisherigen Karrierehöhepunkt entgegenblickt, dürfte Stürmer Filip Stoijlkovic das Team nicht nach Berlin begleiten. Der ehemalige Sion-Akteur wurde im Januar in Darmstadt ausgemustert, in die Pfalz verliehen und ist dort mittlerweile ebenfalls aus den Traktanden gefallen. Eine bittere Entwicklung für den ehemaligen U21-Internationalen, der damit maximal vor dem TV miterleben dürfte, wie entweder seinem aktuellen Klub oder Bayer Leverkusen Historisches gelingen könnte.