Niklas Hartweg so nahe am historischen Tag
Niklas Hartweg hätte am Mittwoch in Lenzerheide Biathlon-Geschichte schreiben können. Den allerletzten Schuss verzieht er und verpasst damit die erste Schweizer WM-Medaille. Das nervt, wie er sagt.
Niklas Hartweg ist ein ausgesprochen anständiger und höflicher Mensch. Nachdem der 20. und letzte Schuss seines Einzel-Wettkampfes den Weg ins Ziel nicht gefunden hatte, musste er seinen Ärger runterschlucken. "Ein paar Fluchwörter sind mir da schon durch den Kopf gegangen", erzählt er nach dem Rennen mit etwas Distanz. "Ich habe mir kurz überlegt, einen Schrei rauszulassen, aber das ist einfach nicht so cool wegen der anderen."
Dass es dabei um die lang ersehnte erste Schweizer Medaille an einer Biathlon-WM ging, wusste er in dem Moment auch noch nicht. Es war für Hartweg nicht wie bei Lena Häcki-Gross am Sonntag, die als klare Zweite zum letzten Schiessen kam und mit drei Fehlern die Medaille "verschoss". Der 24-jährige Schwyzer war mit der Startnummer 16 (von 97 Startern) unterwegs und wusste, dass nach ihm noch viele kommen.
Nur vier waren am Ende aber schneller, mit einem Fehler weniger hätte er Bronze gewonnen. Hartweg schwankte deshalb zwischen Stolz und Ärger. "Es war nicht optimal", bilanzierte er. "Aber 90 Prozent Trefferquote muss man ja auch erstmal machen. Ich bin sehr stolz, dass ich trotz der zwei Fehler so gut im Rennen war." Aber der Wermutstropfen bleibt. Nach den Plätzen 4 und 5 von Häcki-Gross sowie dem 6. Rang in der Mixed-Staffel steuerte Hartweg als Fünfter ein weiteres ehrenvolles, aber letztlich unbefriedigendes Resultat bei. "So nahe an einem historischen Tag zu sein und es nicht zu schaffen, das nervt."
Viel vorzuwerfen hatte sich Hartweg nicht. "Ich habe eigentlich kein grosses Kopfkino wahrgenommen", stellte er fest. "Das ist eigentlich genauso, wie man es haben will. Man ist im Flow und räumt die Scheiben ab." Dass die letzte stehen geblieben war, habe er erst realisiert, als er das Gewehr schon wieder auf den Schultern hatte.
"Das hat ja Lena (Häcki-Gross) schon gesagt. Es ist keine einfache Situation mit dem Publikum im Nacken." Zumal sich dies die Schweizer, die bisher selten zuhause angetreten sind, weniger gewöhnt sind als die Deutschen, Franzosen oder Italiener. Er sei aber eigentlich sehr gelassen gewesen und habe die Stimmung auch geniessen können. "Es muss halt einiges passen, damit es mit der Medaille klappt", betonte Hartweg. "Aber ich glaube, in Zukunft werden wir den historischen Tag noch feiern können."