NHL-Drittelspause: So schlagen sich die Schweizer Cracks in Nordamerika
Ein Drittel der NHL-Saison ist gespielt und unsere Nordamerika-Legionäre stecken mitten im emotionalen Wellenbad «Regular Season». Von gestürzten Titelkandidaten, über Geheimfavoriten, bis hin zu Spätzündern und Dauerverlierern ist alles dabei. Unser Blick in die beste Liga der Welt.
Schlimmer geht fast nimmer
Diesen Absturz sahen nicht einmal die Glücksspiel-Experten in Las Vegas kommen. Mit den neuntbesten Chancen auf den Stanley Cup stiegen die Nashville Predators am 10. Oktober in die Saison 2024/2025. Zwei Monate später stehen sie auf Rang 32 der 32 Teams umfassenden National Hockey League. Im Gepäck: Lediglich 20 von 58 möglichen Punkten und eine Reihe alternder Stars mit gut dotierten Verträgen wie Stamkos, Marchessault, O’Reilly oder auch Josi. Der Berner gehört zwar auch in dieser Saison zu den produktivsten Verteidigern der Liga (7G, 16A), konnte den Zerfall von Nashvilles Defensive (Minus-21-Bilanz) bislang aber auch nicht verhindern. Und nun fällt der Predators-Captain möglicherweise auch noch für unbestimmte Zeit aus. In der Nacht auf Mittwoch schied er beim 3:4 in Calgary bereits nach fünf Minuten mit einer Unterkörperverletzung aus.
Wie ein Captain
Seit knapp vier Jahren trägt Nico Hischier das «C» auf dem Trikot seiner New Jersey Devils. Bester Skorer seines Teams war er in dieser Zeit noch nie. Aktuell steht der Walliser mit 27 Punkten (15 Tore, 12 Assists) auf Rang drei der teaminternen Skorerliste und darf mit seinem Saisonstart dennoch zufrieden sein. Denn der 25-jährige ist bei den Teufeln genauso für seine defensiven Qualitäten gefragt. Regelmässig wird seine Sturmreihe damit beauftragt, die beste gegnerische Angriffslinie zu neutralisieren, was zuletzt gegen Colorado (mit Liga-Topskorer Nathan McKinnon) und Toronto (mit ex-ZSC Lion Auston Matthews) hervorragend gelang. Entsprechend ist Hischiers aktuelle Plus-10-Bilanz mindestens so hoch zu bewerten, wie sein offensiver Output. Und auch am Bullykreis steht der Nr.1-Draft 2017 Abend für Abend seinen Mann. Mit 742 bestrittenen (Liga-Höchstwert) und 55,8% gewonnen Duellen gehört Hischier zu den besten seiner Zunft.
Spätzünder
Warum Kevin Fiala (noch) kein Captain ist? Möglicherweise liegt es an Episoden wie derjenigen Ende Oktober, als der Ostschweizer den Teambus vor dem Spiel gegen die Sharks verpasste und deshalb von Coach Jim Hiller kurzerhand auf die Tribüne versetzt wurde. Denn auf dem Eis kann Fiala zumindest in der offensiven Zone eigentlich kein Schweizer das Wasser reichen. Der 28-Jährige ist schnell, trickreich, mit Zug aufs Tor und einem guten Abschluss. Kein Wunder gehört der Nati-Crack nach verhaltenem Saisonstart mittlerweile wieder zu den zuverlässigsten Skorern seines Teams (10 Tore, 8 Assists, wovon zuletzt fünf Punkte in sechs Spielen). Im Gegensatz zu seinen Sturmkollegen Kopitar, Kempe und Laferriere (alle mind. mit einer Plus-10-Bilanz), kommt dem ehemaligen Top-10-Draft jedoch zuweilen das defensive Gewissen abhanden (Minus-6-Bilanz). Aber auch in diesem Bereich zeigt die Tendenz nach oben. Aus den letzten sechs Partien resultierte eine Plus-3-Bilanz.
Chance genutzt
Wird aus Pius Suter plötzlich ein überdurchschnittlicher NHL-Skorer? Möglicherweise ja, falls der smarte Zürcher Center weiterhin auf seiner Lieblingsposition und in einer der beiden offensiv ausgerichteten Sturmformationen der Canucks zum Einsatz kommt. Seit dem Ausfall von J.T. Miller (Auszeit aus persönlichen Gründen) Mitte November ist nämlich genau das der Fall und Suter hat es verstanden, diese Chance mit zuletzt vier Toren und zwei Assists in sechs Spielen für sich zu nutzen. Überhaupt betreibt der 28-Jährige im bisherigen Saisonverlauf beste Eigenwerbung (11 Tore, 6 Assists, Plus-5-Bilanz), was sich spätestens zum Saisonende bezahlt machen könnte. Dann nämlich läuft sein aktuell mit 1,6 Mio. USD / Saison dotierter Zweijahresvertrag an der kanadischen Pazifikküste aus. Dem ehemaligen ZSC-Junior könnte eine substantielle Lohnerhöhung winken.
Ist solide gut genug?
Seit bald einmal zwei Jahren gehört Timo Meier zum Kern der New Jersey Devils. So wirklich und richtig angekommen scheint der Appenzeller aber bis heute nicht zu sein. Der kräftige Flügel skort zwar regelmässig (9 Tore, 11 Assists in 29 Spielen), sein Einfluss auf das Offensivspiel der Teufel ist bislang aber bei weitem nicht so gross, wie man sich das im Garden State möglicherweise erhofft hatte, als man ihn im Sommer 2023 zum teuersten Spieler im aktuellen Kader machte (70,4 Mio. USD über acht Jahre). Immerhin: Nach einem schwierigen und vor allem defensiv missglückten Vorjahr (Minus-28-Bilanz), hat sich Meier in dieser Spielzeit enorm stabilisiert (Plus-7-Bilanz) und das, obwohl er an der Seite Hischiers regelmässig auf die besten gegnerischen Stürmer trifft. Hilfreich ist dabei sicher auch, dass es den Devils (31 Spiele, 39 Punkte) allgemein deutlich besser läuft als vergangene Saison. Sollte der ehemalige Herisauer Junior nach der verbesserten Verteidigungsarbeit auch im Spiel mit dem Puck noch einen Zacken zulegen können, wär das für beide Seiten eine äusserst vielversprechende Entwicklung.
Keine Eintagsfliege
Zugegeben: Im Zusammenhang mit Nino Niederreiter, einem NHL-Veteranen in seiner 14. Profisaison, von einer Eintagsfliege zu sprechen, ist ziemlich respektlos. Deshalb beziehen wir uns mit dieser Bezeichnung auch nicht auf den mittlerweile 32-jährigen Bündner, sondern auf «seine» Winnipeg Jets, den Überflieger der ersten beiden Monate der neuen Spielzeit. In denen war die Equipe aus der kanadischen Provinz Manitoba nämlich das Mass aller NHL-Dinge, gewann zum Auftakt acht Spiele in Serie und liess auch im November lange Zeit nur wenig anbrennen. Mittlerweile haben die Jets das Gefühl der Niederlage zwar etwas häufiger kennengelernt, stehen mit 42 Punkten aber noch immer ganz oben in der NHL-Tabelle. Und auch für Niederreiter verläuft die Saison bislang überwiegend positiv. Mit +14 (bei 10 Toren und 7 Assists in 29 Spielen) verfügt das Vorstandsmitglied des EHC Chur sogar über die beste Plus-Minus-Bilanz aller Schweizer Spieler. Das hätten vor Saisonbeginn wohl auch nicht allzu Viele erwartet.
Zurück im Element
Nein, die vergangene Spielzeit verlief so gar nicht nach dem Geschmack von Jonas Siegenthaler und seinen New Jersey Devils. Von Verletzungen und inkonstanten Leistungen geplagt, erlebte das hoch gehandelte Team aus Newark eine Saison zum Vergessen. Das galt insbesondere auch für den 27-jährigen Zürcher, der u.a. wegen eines Fussbruchs und einer Hirnerschütterung nie an seine Leistungen aus der Saison 22/23 anknüpfen konnte. Tempi passati. In der aktuellen Spielzeit gehört der ehemalige ZSC-Junior wieder zu den verlässlichsten Defensivkräften im Team der Teufel, der zwar offensiv kaum Akzente setzt (7 Punkte in 31 Spielen), dafür aber in der eigenen Zone wenig anbrennen lässt. Kein Zufall, dass die Devils mit Siegenthaler auf dem Eis in den letzten sechs Partien keinen einzigen Gegentreffer einstecken mussten oder dass Partner Jonathan Kovacevic mit +13 über den besten Plus-Minus-Wert im ganzen Team verfügt. Der Lohn: Mit 20:13 Eiszeit pro Match steht der Zweitrundendraft von 2015 wieder eine Minute länger auf dem Eis als noch vor einem Jahr.
Neuer Coach, neues Glück?
Was Roman Josi und den Nashville Predators möglicherweise noch blüht, haben Philipp Kurashev und die Chicago Blackhawks bereits hinter sich: Den Wechsel auf der Trainerposition. Denn vergangene Woche ersetzten die Hawks Hauptübungsleiter Luke Richardson nach etwas mehr als zwei erfolglosen Jahren durch den Schweden Anders Sorensen, den erst dritten europäischen Head Coach in der Geschichte der NHL. Frischen Wind gut gebrauchen kann auch Philipp Kurashev, der beim aktuell zweitschwächsten Team der Liga bislang in keinster Weise an die Leistungen aus dem Vorjahr (18 Tore, 36 Assists) anknüpfen kann. Nach 25 Spielen steht der Berner bei lediglich fünf Punkten (3 Tore, 2 Assists), was unter anderem dazu geführt hat, dass der 25-Jährige in dieser Saison bis zu dreieinhalb Minuten weniger Eiszeit erhält. Zudem zeigt sich Kurashev wie das gesamte Team defensiv unverändert anfällig (Minus-25-Bilanz). Möglicherweise kennt Neo-Coach Sorensen die Lösung, um beim Vize-Weltmeister 2024 den Turnaround auszulösen: Seit Kurzem spielt der Center wieder als rechter Flügel an der Seite von Teamleader Connor Bedard, seinem Partner aus der deutlich produktiveren Vorsaison.
In toller Umgebung
Den Wechsel ins warme Tampa dürfte Janis «J.J.» Moser noch nicht bereut haben. Denn im Tourismusparadies trifft der Seeländer bis jetzt nicht nur geographisch, sondern auch sportlich auf eine durchaus beindruckendes Umfeld. Den grössten Teil seiner Zeit im Dress der Lightning verbrachte der 24-Jährige bislang nämlich an der Seite der Superstars Nikita Kutcherov, Brandon Hagel, Brayden Point und Victor Hedman. Als eine Art defensives Gewissen in einer Linie, die bis zum heutigen Tag nicht weniger als 124 Skorerpunkte in 25 Spielen produziert hat (Mosers neun Punkte nicht mit einberechnet). Zuletzt allerdings wurde der ehemaliger Bieler auch als Back in der dritten und zweiten Sturmreihe eingesetzt, da Coach Jon Cooper in der Person des zum Verteidiger umfunktionierten Stürmers Darren Raddysh in der Topformation auf noch mehr Offensivkraft setzte. Trotzdem: Mit zwei Toren, sieben Assists, einer Plus-13-Bilanz und 20:11 Minuten Eiszeit pro Partie ist Mosers Start in Florida durchaus geglückt,