Netzwerk-Lösung für GC: Oral soll’s richten
Tomas Oral ist neuer GC-Trainer. Die Zürcher präsentierten den ehemaligen Assistenten von Felix Magath gestern nach zweiwöchiger Suche als Nachfolger des am 5. November freigestellten Marco Schällibaum. Eine unerwartete und riskante Wahl.
Keine Hollywood-Lösung
Nein, allzu viel Glamour versprüht sie nicht, die neue Trainerlösung des Grasshopper Club Zürich. Dabei stehen ab sofort jeden Tag zwei CL-Titel, sieben Deutsche Meisterschaften und drei DFB-Pokalsiege auf dem GC-Trainingsplatz. Sie «gehören» Michael Henke (67), dem langjährigen Co von Ottmar Hitzfeld – und seit gestern Assistent des neuen GC-Trainers Tomas Oral. Dieser hat eine Vita, die sich weit weniger spektakulär liest: Im Schnitt 1,32 Jahre im Amt, bevorzugt im 4-2-3-1 oder im 4-4-2 mit Doppelsechs unterwegs und bislang mit Ausnahme eins halbjährigen Abstechers zum FC Fulham überwiegend in der zweiten und dritten deutschen Liga beschäftigt. Und nun also Zürich, wo er den tief gefallenen Rekordmeister vor dem erneuten Abstieg bewahren soll. Kann das gut gehen und vor allem – weshalb?
Im Abstiegskampf zu Hause
Nun denn, die Antwort auf diese Frage(n) liegt auf der Hand: Oral kennt sich im Abstiegskampf sowie im Bereich der Relegations- und Barragespiele bestens aus. Zwar überwiegend mit negativem Ausgang, aber trotzdem auch mit dem einen oder anderen Erfolg. So stabilisierte er in der Schlussphase der Saison 2018/2019 z.B. das vormalige Zweitligaschlusslicht FC Ingolstadt mit 19 Punkten aus neun Spielen, ehe man in einer dramatischen Relegation doch noch tauchte. Immerhin führte der 51-Jährige die Schanzer zwei Jahre später zurück in die 2. Bundesliga. Überhaupt war der FC Ingolstadt, bei dem Oral gleich dreimal in der Verantwortung stand, gemeinsam mit dem FSV Frankfurt (zwei Aufstiege, ein Abstieg) die erfolgreichste Station des gebürtigen Unterfranken, während der ehemalige Amateur-Kicker beim Karlsruher SC und zuletzt für den SV Sandhausen wenig bewegen konnte. Die Zeit in der bayerischen Audi-Metropole dürfte zudem aus einem anderen Grund mitentscheidend für sein Engangement in Zürich gewesen sein: In Oberbayern arbeitete er sowohl mit dem aktuellen LAFC-Europachef Harald Gärtner (damals Geschäftsführer Sport), als auch mit Assistent Michael Henke zusammen, stammt also aus dem bevorzugten Netzwerk der neuen GC-Führung.
Schneller Erfolg gefordert
In Zürich kommt der vorderhand mit einem Vertrag bis Saisonende ausgestattete Oral nun in eine höchst ungemütliche Situation, die schnell sehr kritisch werden könnte. Hört man sich im Fan-Umfeld des Klubs um, wird klar, dass die Geduld mit den neuen Besitzern aus LA schon zehn Monate nach der Klubübernahme aufgebraucht ist. Aktuell gilt der LAFC als noch schlechterer Owner als die chinesischen Vorgänger, was zu grossen Teilen an der bislang wenig erfolgreichen Arbeit von Sportchef Stephan Schwarz und seinem Vorgesetzten Gärtner liegt. Deren «besser spät als nie»-Strategie führte nun auch dazu, dass der neue Mann vor dem Heimspiel gegen Winterthur nur vier Tage Zeit hat, um die Mannschaft auf das Duell mit dem Tabellennachbarn vorzubereiten. Mit viel Kredit der genervten Fanbasis kann Oral deshalb - ohne eigenes Verschulden - nicht rechnen. Eine Niederlage – und das ohnehin überschaubare «Retter-Image» des neuen Hauptübungsleiters wäre bereits angekratzt. Da bleiben den Hoppers eigentlich nur die Hoffnung sowie der Fokus auf das Positive: Mit zählbaren Ergebnissen in den anstehenden Spielen gegen Winterthur, Zürich (SL und Cup) und Yverdon besteht auf dem Papier tatsächlich die Möglichkeit, noch vor der Winterpause für einen Stimmungsumschwung zu sorgen.