Lothar Matthäus blickt in seiner Kolumne auf den Start der neuen Königsklasse und analysiert die grossen Vorteile der Reform. Ausserdem nimmt der Rekordnationalspieler die deutschen Teams genauer unter die Lupe und tippt deren Auftaktbegegnungen.
Die Champions League ist zurück - zum ersten Mal im neuen Format.
Ich bin immer für neue Sachen - ähnlich wie ich bei der Nations League von Anfang an ein Fan war. Auf Nationalmannschaftsebene hat es viele Freundschaftsspiele gegeben und auf einmal ist ein neuer Wettbewerb geschaffen worden, den vor allem die grossen Mannschaften ernst nehmen. Das hat man ja zuletzt bei Deutschland gesehen.
Auch bei der Champions League freue ich mich auf das neue Format, weil ich von Anfang an verstanden habe, was man will: Man will nicht mehr nach der Gruppenphase immer dieselben Favoriten in die nächste Runde einziehen sehen, sondern von Anfang Klubs die Möglichkeit geben, sich bestmöglich für die kommenden Aufgaben zu qualifizieren.
Da sind vom Start weg natürlich schon Spiele dabei, die meiner Meinung nach Endspielcharakter haben. Bei Bayern denke ich da zum Beispiel an die Begegnungen beim FC Barcelona und gegen Paris Saint-Germain - allerdings spielen auch schon andere grosse Mannschaften in der Ligaphase gegeneinander.
Die erste Phase ist Spannung pur!
Generell können die Klubs weniger taktieren, weil man schon bei einem schlechten Ergebnis von drei, vier oder fünf anderen Mannschaften überholt wird. Man muss sehr vernünftig seine Hausaufgaben erledigen, damit man der Playoff-Runde aus dem Weg gehen kann - jeder wird versuchen, unter die ersten Acht zu kommen. Bis zum letzten Spieltag können Mannschaften da reinrücken. Aber auch Teams, die schon einige Duelle verloren haben und beispielsweise auf Platz 28 stehen, können mit einem Sieg womöglich doch noch in die Playoffs hineinrutschen. Keine Mannschaft kann mit angezogener Handbremse oder der Reservemannschaft spielen.
In der Ligaphase erwarten uns spannende Spiele, du spielst nicht zweimal gegen die gleiche Mannschaft, hast acht Gegner, neue Stadien, triffst vielleicht auch auf unbekannte Teams. Ich glaube schon, dass es in dieser Saison ein grosses Hin und Her gibt und das macht diese neue Idee der UEFA noch spannender. Vor allem diese erste Phase ist Spannung pur! Man hat es nicht alleine im Griff, sondern spielt im Endeffekt direkt oder auch indirekt gegen alle Mannschaften.
Das sind meine grossen CL-Favoriten
Meine Topfavoriten sind nicht unbedingt in Deutschland zu suchen, auch wenn diese Mannschaften zum erweiterten Favoritenkreis gehören. In erster Linie sehe ich natürlich Titelverteidiger Real Madrid und Manchester City als die grossen Favoriten. Auch weil die beiden Trainer Carlo Ancelotti und Pep Guardiola schon längere Zeit bei ihren Klubs sind, haben sie meiner Meinung nach einen kleinen Vorteil.
Aber dann kommt schon Bayern München! Und auch Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und RB Leipzig haben allesamt die Chance, sich direkt für die nächste Runde zu qualifizieren. Andererseits hat man natürlich grosse Konkurrenz: City, Arsenal, Liverpool, Real, Barca, Atletico, Paris Saint-Germain und auch in Italien oder Portugal gibt es Mannschaften, die direkt weiterkommen wollen. Das wird harte Arbeit für alle. Es sind viele Teams dabei, die die Qualität und den Anspruch haben, ins Endspiel zu kommen, sich aber vielleicht gar nicht ohne Playoffs für die nächste Runde qualifizieren, weil es einfach zu viele Top-Klubs sind. Daher wird auch der Start für alle sehr wichtig werden.
Blicken wir daher nun ein wenig genauer auf die deutschen Auftakt-Begegnungen:
Meine Tipps: Drei Siege, ein Remis, eine Niederlage!
FC Bayern gegen Dinamo Zagreb (Dienstag, 21 Uhr): Ich glaube, das wird die klarste Begegnung mit deutscher Beteiligung. Bayern ist daheim grosser Favorit. Zagreb qualifiziert sich immer wieder für die Champions League, aber dann ist meistens doch in der ersten Runde Schluss. 3:0 für die Bayern.
VfB Stuttgart bei Real Madrid (Dienstag, 21 Uhr): Der VfB hat sich die Königsklasse nach einer tollen Saison verdient. Allerdings haben sie wichtige Spieler verloren und sind trotz des Erfolgs bei meinem Ex-Verein Borussia Mönchengladbach sicherlich noch nicht so weit wie im letzten Jahr. Deswegen glaube ich, dass der VfB in Madrid keine Chance hat. 2:0 für Real.
Borussia Dortmund beim FC Brügge (Mittwoch, 21 Uhr): Obwohl mit Marco Reus, Mats Hummels und Niclas Füllkrug drei wichtige Spieler gegangen sind, sehe ich die Dortmunder stärker als in den Jahren zuvor. Ich glaube, dass sowohl die Veränderung auf der Trainerbank als auch die neuen Spieler etwas bewirken, auch wenn sich die Hierarchie erst noch ein bisschen finden muss. Ich habe ein gutes Gefühl bei Dortmund und Trainer Nuri Sahin, der es meiner Meinung nach gut macht und auch in seinen Interviews Reife zeigt. Der BVB geht als Favorit in die Partie, dennoch wird es ein unangenehmes Spiel. Brügge hat Qualität, guten Teamgeist und ein kleines Stadion. Dortmund gewinnt aber mit 2:1.
Bayer Leverkusen bei Feyenoord Rotterdam (Donnerstag, 18:45 Uhr): Unangenehme Stimmung für die Auswärtsmannschaft! Ich kenne dieses Stadion, es ist ein Hexenkessel, die Fans pushen ihre Mannschaft. Dazu hat Feyenoord letztes Jahr in der Meisterschaft überragend gespielt und eine gute Offensive. Trotz alledem braucht man nicht darüber reden, was Bayer Leverkusen in den letzten 14 Monaten geleistet hat. Der Kader ist im Grossen und Ganzen zusammengeblieben und auch Victor Boniface ist nach seiner Verletzung wieder in Topform. Die Auswärtsmannschaft ist auch hier Favorit. Bayer Leverkusen gewinnt 3:1.
RB Leipzig bei Atletico (Donnerstag, 21 Uhr): So unangenehm wie Atletico-Trainer Diego Simeone früher gespielt hat, so unangenehm spielt sein Team seit Jahren. Es ist ein offenes Spiel. RB hat Qualität und diese zum Beispiel auch beim Sieg in Leverkusen unter Beweis gestellt. Atletico ist aufgrund des Heimspiels leichter Favorit, aber ich rechne mit einem 2:2.
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