Marco Odermatts Rückkehr in besonderem Rennen
Marco Odermatt kehrt in einem besonderen Rennen im Riesenslalom zum Siegen zurück. Er gewinnt nach drei Ausfällen am Stück in Val d'Isère zum vierten Mal in Folge. Luca Aerni überrascht mit Rang 4.
Natürlich gab es da und dort Zweifel, natürlich zog das Ganze auch an Marco Odermatt selber nicht spurlos vorbei. Drei Ausfälle am Stück in Weltcup-Riesenslaloms bedeuteten auch für den Dominator Ungewohntes. Die drei Nuller bescherten ihm eine neue Ausgangslage fernab der Normalität. Sie riefen aber auch wieder einmal in Erinnerung, dass selbst für einen Dauergewinner wie ihn all die Erfolge in jüngster Vergangenheit keine Selbstverständlichkeit waren.
Gleichwohl wollte Odermatt nicht dramatisieren. Er wusste, dass der Tag kommen würde, an dem sich alles wieder zum Guten wenden, an dem er wieder der Gradmesser sein würde, die Rangliste wieder der eigentlichen Hierarchie entsprechen wird. Ihn, den Besonnenen, vermochten die Erfahrungen der unerfreulichen Art nicht sonderlich zu beunruhigen - und schon gar nicht in hohem Mass an seinem Selbstvertrauen zu nagen.
Den ersten Schritt zur Wiedergutmachung tat Odermatt am Samstag mit Bestzeit im ersten Durchgang. Er fand sich in jener Rolle wieder, die er in den vergangenen Jahren in den Riesenslaloms von wenigen Ausnahmen abgesehen immer eingenommen hatte. Er war wieder der Massstab für die Konkurrenz, er gab wieder den Takt vor. Noch wusste er nach halbem Tageswerk nicht, wie viel zusätzlich Besonderes dieser für ihn besondere Tag noch bringen würde. Ein Tag, an dem die zweite Fahrt zu einem einzigen Kampf verkam.
Die Gegner, an denen sich Odermatt vor seinem zweiten Start zu richten hatte, hiessen nicht mehr Henrik Kristoffersen oder Loïc Meillard. Der Norweger und der Romand waren ihm am Morgen zeitlich am nächsten gekommen. Die Bedingungen im zweiten Durchgang, die sich von Fahrer zu Fahrer zusehends verschlechterten, hatten zu einem veritablen Umsturz im Klassement gesorgt.
Odermatts härteste Konkurrenten waren am Ende zwei Österreicher. Als er den zweiten Lauf in Angriff nahm, lag Patrick Feurstein, der es zuvor im Weltcup noch nie unter die ersten drei geschafft hatte, vor Stefan Brennsteiner in Front. Feurstein machte in der Entscheidung nicht weniger als 22 Positionen gut.
Odermatt rettete schliesslich acht Hundertstel Vorsprung auf seinen unerwarteten ersten Verfolger ins Ziel, Brennsteiner lag vier weitere Hundertstel zurück. Der Innerschweizer sprach von Glück, das bessere Ende für sich behalten zu haben. Es war aber vielleicht auch ausgleichende Gerechtigkeit nach der Pechsträhne, die beim Weltcup-Finale der vergangenen Saison in Saalbach-Hinterglemm begonnen und sich über Sölden bis hin nach Beaver Creek in der Woche zuvor gezogen hatte.
Wie schwierig die Aufgabe auf der ohnehin tückischen, steilen Piste Face de Bellevarde war, zeigte ein Blick auf die einzelnen Laufzeiten. Odermatt büsste im zweiten Durchgang nicht weniger als 3,19 Sekunden auf die Bestzeit von Luca Aerni ein. Dass Odermatt nach Weltcup-Sieg Nummer 39, nach dem er noch einen Erfolg hinter dem Schweizer Rekordhalter Pirmin Zurbriggen liegt, von Erleichterung sprach, konnte unter den gegebenen Umständen erst recht nicht erstaunen.
Ein besonderes Kapitel in diesem besonderen Riesenslalom schrieb Luca Aerni. Der Berner, der in dieser Disziplin erst zum elften Mal am Start war, schaffte mit der Nummer 62 als Letztgestarteter mit Rang 30 gerade noch die Qualifikation für den zweiten Durchgang - und nutzte die in der ersten Phase noch perfekten Bedingungen am Nachmittag zu einem neuerlichen grossen Sprung nach vorne. Als klar Schnellster machte er nicht weniger als 26 Positionen gut.
Rang 4 bedeutet für Aerni, der einen Podiumsplatz um elf Hundertstel verpasste, eine deutliche Steigerung in Weltcup-Riesenslaloms. Bestes seiner bisherigen drei zählbaren Ergebnisse in dieser Sparte war Rang 21, den er vor sieben Jahren in Alta Badia erreicht hatte.
Drittbester Schweizer war Gino Caviezel, der sich in der Entscheidung um drei Ränge auf Platz 11 verbesserte. Zu den Fahrern, die den umgekehrten Weg in der Rangliste gingen, zählten Meillard und vor allem Thomas Tumler eine Woche nach seinem Premierensieg in Beaver Creek. Meillard fiel um sechs Ränge auf Platz 9 zurück, Tumler von Platz 6 auf Position 25. Auch sie wurden auf unangenehme Weise von der Umsturzwelle erfasst- in diesem besonderen Riesenslalom an diesem vorab für Odermatt besonderen Tag.