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Marco Odermatt – ein Phänomen

Andy

Mit 29 Weltcupsiegen belegt der Nidwaldner in der ewigen Rangliste Rang 12, liegt gleichauf mit dem Österreicher Stephan Eberharter. Ein Ende des Gipfelsturms des phänomenalen und erst 26-jährigen Skirennfahrers, der von allen Seiten bewundert wird, ist nicht abzusehen.

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Marco Odermatt ist aktuell eine Klasse für sich. © IMAGO / ABACAPRESS

In der Hitliste der Schweizer Ski-Asse liegt nur noch der legendäre Walliser Pirmin Zurbriggen mit 41 Triumphen vor dem Nidwaldner, andere Grössen wie Peter Müller (24), Mike von Grünigen (23) oder Didier Cuche (21) hat er statistisch längst überholt. Wie Zurbriggen hat Odi nun in Adelboden drei Riesen-Triumphe auf seinem Konto, dazu kommt eine schier unglaubliche Dominanz in seiner Paradedisziplin: Der dritte Riesen-Sieg am Chuenisbärgli war saisonübergreifend Odermatts siebter in Folge. Eine solche Serie war vor ihm nicht einmal Marcel Hirscher und einzig Ingemar Stenmark geglückt (14 Siege in Folge zwischen 1978 und 1980).

Vergleiche zwischen Odermatt und Zurbriggen drängen sich natürlich auf und der Walliser beantwortete kürzlich die Frage des «Walliser Bote», ob er im Nidwaldner etwas von sich selber erkenne, folgendermassen: «Der Charakter als Skirennfahrer ist sehr ähnlich. Das sage nicht nur ich, das sagen viele. Mein Sohn Elia war Marcos Zimmerkollege und er erzählte mir immer: Papa, der kann sich Fehler erlauben und ist gleichwohl noch sehr schnell.» Odermatt verliere die Geschwindigkeit tatsächlich nie aus den Augen. Zudem könne er auf den Wettkampf hin enorm umschalten und in eine «andere Welt» treten, «mir sagten die Leute auch, am Start würden sie mich nicht mehr erkennen».

«Für mich ist er der Roger Federer unseres Sports.»

Ganz klar, Marco Odermatt ist ein Phänomen, das von allen Seiten – auch von der Konkurrenz – Bewunderung erntet und dem gegenüber kein Neid zu erkennen ist, was wohl auch darin begründet ist, dass er ein äusserst fairer Sportsmann ist. Und für die Schweizer Kollegen ein Teamplayer. So sagte sein Zimmerkollege Justin Murisier in Bormio: «Marco ist sehr unkompliziert. Für mich ist er der Roger Federer unseres Sports. Zu sehen, wie locker und umgänglich er trotz seiner Erfolge gegenüber den Teamkollegen geblieben ist, ist sehr schön.» Man habe es mit Marco immer lustig. «Wir beiden lieben es, zu lachen. Zusammen mit Gino Caviezel verarschen wir uns auch gerne gegenseitig. Das macht die Stimmung im Team so gelöst», so der Walliser.

Der 26-jährige Superstar, der aktuell den Gesamtweltcup und die Disziplinenwertungen Riesenslalom, Abfahrt und Super-G anführt, ist für die Schweizer ein Gradmesser – und für den Rest der Welt eine Knacknuss. Dies gerade im Riesenslalom, wo er als Seriensieger unterwegs ist und auch im verkürzten Adelboden-Rennen mehr als eine Sekunde schneller war als alle anderen, obwohl er mit kalkuliertem Risiko unterwegs war. «Wenn wir beim Boxen wären, dann wäre er der Schwergewichtler, der uns Mittelgewichtler alle k. o. schlägt», sagte River Radamus, der als Vierter knapp zwei Sekunden auf Odermatt verlor. «Wie er das macht? Ich weiss es nicht», so der Amerikaner, «wir alle wissen es nicht. Wir wissen nur, dass er sich allein in seiner eigenen Liga bewegt.»

«Marco fährt bei allen Verhältnissen, bei jeder Kurssetzung magistral.»

Ähnlich sieht es Slalom-Sieger Manuel Feller, der im Riesenslalom am Samstag nach dem ersten Lauf Rang 4 belegt hatte, im zweiten Durchgang nach einem Fehler auf den 27. Platz zurückgefallen war. Er könne Odermatt im Riesenslalom nicht bezwingen, wenn alles stimme, fahre er um Platz 2. Odermatt sei ein Phänomen, so der Österreicher: «Er ist eigentlich nicht zu besiegen, das wissen alle. Er kann sich nur selbst schlagen, indem er grobe Fehler macht. Wobei: Er gewinnt auch dann, weil er nach Fehlern noch mehr riskiert und schneller wird.» Und der Norweger Henrik Kristoffersen anerkennt neidlos: «Ich bin ehrlich: Marco fährt bei allen Verhältnissen, bei jeder Kurssetzung magistral.»

Die bewundernden Worte kommen von überall. Im letzten Winter stellte der Franzose Blaise Giezendanner nicht ganz ernst gemeint die Frage, ob man nicht eine Petition starten wolle, dass Odermatt in einer anderen Kategorie fahre und so Platz für andere Fahrer auf dem Podest lasse. Der Österreicher Vincent Kriechmayr, Sieger des Super-G in Gröden, erklärte nach Odis Super-G-Triumph in Bormio, dass es ein Vergnügen sei, Odermatt zuzuschauen. Wie dieser hohes Risiko nehme, aber die schwierigen Passagen dennoch perfekt treffe, «aber auf der anderen Seiten schmerzt es, wenn du zeitmässig derart abgewatscht wirst». Und Aleksander Aamodt Kilde, ein anderer ganz Grosser dieser Sportart, sagte kürzlich: «Dieser Typ ist sagenhaft, ich liebe es einfach, wie er sein Ding durchzieht. In Beaver Creek hatte er vor dem letzten Training gerade Stöcke dabei und Riesenslalom-Ski an den Füssen. Ich sagte: Hier kannst du nirgendwo Riesenslalom fahren! Er hatte einfach sein Material dabei, um es zu spüren. Als ich ihn dann in Val d’Isère fahren sah, dachte ich mir: Das leuchtet ein, der ist einfach mit diesen Ski an den Füssen geboren.»

«Warum um Himmels Willen ist er so schnell?»

Der legendäre liechtensteinische Skirennfahrer Marco Büchel erklärte nun gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass er Jahre gebraucht habe, um Odermatt zu entschlüsseln, bei ihm habe er vieles nicht verstanden. «Früher dachte ich immer: Wow, der fährt schön, das sieht geil aus. Aber ich fragte mich auch: Warum um Himmels willen ist er so schnell? Andere fahren doch besser.» Die Gründe für Odermatts Erfolg sieht er nun unter anderem darin, dass er technisch einfach der Beste und ein Genie in der Materialabstimmung ist. «Er sagt dem Servicemann genau, was er will, und es funktioniert einfach, ohne am Renntag gross zu testen. Da unterscheidet er sich von so vielen Fahrern, die sich total im Tüfteln verlieren. Und dann imponiert mir Odermatt als Typ unheimlich: Es scheint, als habe er eine riesige Freude, nichts wirkt bei ihm wie eine Zwängerei, alles ist locker, spontan, entspannt, spielerisch.»

Für Büchel ist klar: «Odermatts Möglichkeiten sind grenzenlos.» Dennoch glaubt er nicht daran, dass der Nidwaldner ausgerechnet diese Woche in Wengen seine erste Weltcupabfahrt gewinnen wird. Er sagt: «Diese Strecke ist für ihn zu wenig technisch und daher zu einfach, da kann er die Differenz nicht machen. Die langen Gleitpassagen haben andere auch so gut im Griff wie er. In Kitzbühel hingegen steht er zuoberst auf meiner Liste.»

Dass man Odermatt aber auch am Lauberhorn auf der Rechnung haben sollte, zeigt ein Blick in die Statistik: Letztes Jahr belegte er 0,88 Sekunden hinter Aleksander Aamodt Kilde Rang 2, 2022 fehlten ihm im ebenfalls verkürzten Rennen als Zweiter gar nur 0,19 Sekunden auf den Norweger.

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