Manuel Linigers Expertise hilft dem Schweizer Verband
Manuel Liniger gehört zu den grossen Identifikationsfiguren im Schweizer Handball. Seine Erfahrung bringt er nun als Manager Leistungssport beim Verband ein.
Nur vier Schweizer haben mehr Handball-Länderspiele absolviert als Manuel Liniger (214). Allerdings war der 43-Jährige in einer wenig erfolgreichen Zeit im Nationalteam. Er nahm an den EM-Endrunden 2002, 2004 und 2006 teil, an letzterer war die Schweiz als Gastgeber gesetzt. 2018 beendete er seine Karriere, in der er sechs Jahre in der Bundesliga tätig war.
"Wir waren im Gros nicht bereit, den Handball professionell anzugehen", blickt Liniger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf seine Zeit in der Nationalmannschaft zurück. Er betont aber, dass heute andere Möglichkeiten bestünden, den Sport und das Studium unter einen Hut zu bringen. Dennoch hätte er sich von einigen mehr Commitment gewünscht.
Einer der mehr Länderspiele als Liniger bestritten hat, ist der aktuelle Nationaltrainer Andy Schmid (218). Nun sind die beiden wieder vereint. Liniger übernahm im vergangenen Mai das Amt als Manager Leistungssport im Verband. Sein Pensum beträgt etwa 20 Prozent, hauptberuflich ist er in der Versicherungsbrache tätig.
Liniger tauscht sich regelmässig mit Schmid aus, unterstützt ihn unter anderem bei der Saisonplanung, kümmert sich aber auch um Themen, die über die Nationalmannschaft hinausgehen, bei denen es darum geht, den Handball in der Schweiz bestmöglich weiterzuentwickeln. So sieht er sich auch als Bindeglied zu den Vereinen, zu denen er nicht zuletzt dank seiner Zeit als Experte beim Schweizer Fernsehen einen guten Draht besitzt.
Mit dem Engagement im Verband ging für Liniger ein Wunsch in Erfüllung, denn er machte nach dem Karriereende nie einen Hehl daraus, mal in irgendeiner Funktion dem Handball etwas zurückgeben zu wollen. Dass er dies nun zusammen mit Schmid tun kann, ist für ihn das i-Tüpfelchen. "Genau von dem redeten wir beide schon vor zehn Jahren", erzählt Liniger. "Damit es so weit kommen konnte, musste vieles zusammenpassen. Die gemeinsame Vergangenheit erleichtert die Aufgabe extrem, da wir genau wissen, wie der andere funktioniert, was es braucht und was nicht."
Von der Entwicklung im Schweizer Handball ist Liniger mehr als angetan. Früher hiess es immer, es müssten mehr Spieler ins Ausland gehen, nun ist das kein Thema mehr. Vom WM-Team sind sechs in der Bundesliga tätig und einer in Frankreich. Hätte sich Spielmacher Manuel Zehnder (Magdeburg) nicht schwer am Knie verletzt, wäre es noch einer mehr. Der 19-jährige Gino Steenaerts wechselt auf die kommende Saison hin zu den Rhein-Neckar Löwen, weitere, wie beispielsweise Felix Aellen, dürften den Schritt ins Ausland bald ebenfalls machen.
"Wir haben es geschafft, dass die Schweiz auf der internationalen Bühne stark wahrgenommen wird", sagt Liniger. "Es kommen selbst Talente im Ausland in den Fokus, die noch kein Länderspiel bestritten haben." Diese Entwicklung führt er einerseits auf eine Sogwirkung zurück, dass die Jungen aufgrund der Vorbilder sehen, was möglich ist, wenn viel in den Handball investiert wird
Andererseits wird im Nachwuchsbereich noch besser gearbeitet. Es gibt Akademien in Schaffhausen und Bern, in Winterthur profitieren die besten Nachwuchsspieler vom Talent-Campus und den optimalen Bedingungen im Sport- und Gesundheitsbusinesspark WIN4. Überhaupt ist die Infrastruktur vielerorts professioneller oder wird es - so eröffnet im kommenden Oktober in Kriens die topmoderne Pilatus Arena.
"Das Nationalteam lebt von der Arbeit in den Vereinen", sagt Liniger. "Du hast auf dieser Ebene keine Chance zu kompensieren, was unten verpasst worden ist." Deshalb sei die Zusammenarbeit mit den Klubs enorm wichtig. "Wir haben aktuell nur deshalb eine Ansammlung von sehr guten Spielern, weil auf verschiedenen Ebenen sehr gut gearbeitet worden ist."
Das Ergebnis ist nun an den Weltmeisterschaften zu sehen, an der die Schweizer das jüngste Team stellen. Das Erreichen der Hauptrunde war alles andere als selbstverständlich, umso mehr nach dem Ausfall von Manuel Zehnder. Die Mannschaft zeigt eine erstaunliche Reife, forderte selbst dem Olympia-Zweiten Deutschland (29:31) alles ab.
Einen grossen Anteil daran hat selbstredend Schmid, der auch mutige Entscheide traf. "Er ist schon sehr abgeklärt, wirkt nicht nervös", sagt Liniger über seinen langjährigen Weggefährten. "Dass dem so ist, hat für mich mit der Vorbereitung zu tun. Er ist extrem akribisch, das habe in dieser Form noch nicht so oft gesehen, lebt 24 Stunden für den Handball. Dementsprechend ist er für alle möglichen Szenarien gewappnet."
Nun stehen die beiden Freunde vor der grösstmöglichen Herausforderung, ist doch am Donnerstag um 20.30 Uhr Olympiasieger und Titelverteidiger Dänemark im Tollhaus von Herning der Gegner.