"Manchmal bist du als Spieler auch nur Zuschauer"
Hinterher war Belinda Bencic rundum zufrieden. Sie siegte in zwei Sätzen und zwei Stunden, wobei der zweite Durchgang 77 Minuten lang dauerte. In diesem Satz widerstand Bencic der Reaktion der als Nummer 16 gesetzten Ostapenko, die ein 3:5 aufholte, dabei fünf Matchbälle mit Gewinnschlägen abwehrte sich im Tiebreak selber zwei Satzbälle sicherte. Belinda Bencic gewann indes vom 4:6 zum 8:6 im Tiebreak die letzten vier Ballwechsel; beim endlich verwandelten sechsten Matchball half die Netzkante.
Bencic siegte verdientermassen. Sie spielte viel konstanter und sicherer als Ostapenko, die mit erstaunlichen Schwingern von überall auf dem Platz Gewinnschläge suchte. Bei den ersten fünf Matchbällen ging das gut, mehrheitlich aber nicht. Ostapenko produzierte während der knapp zwei Stunden 55 unerzwungene Fehler, mehr als doppelt so viele wie Bencic (26).
Was hielt Bencic vom Spiel? "Auf jeden Fall war es ein guter Test", so die Schweizerin. "Und manchmal ist es so, dass du auch auf dem Tennisplatz nur Zuschauerin bist."
Bencic sagte aber auch, dass sie sich von Spiel zu Spiel und von Training zu Training besser fühle. Der Sieg über Ostapenko gibt Selbstvertrauen, denn die Lettin scheiterte an den Turnieren in Brisbane (gegen Marie Bouzkova) und Adelaide (gegen Madison Keys) zwar früh, aber stets nur knapp an den späteren Turniersiegerinnen.
Schon zum zweiten Einzel an ihrem ersten Grand-Slam-Turnier seit dem US Open 2023 tritt Bencic wieder als Favoritin an. Sie trifft auf die 25-jährige Niederländerin Suzan Lamens, die Nummer 80 der Welt, Viertelfinalistin vor zwei Wochen in Brisbane und Turniersiegerin letzten Herbst in Osaka. Lamens bestreitet in Melbourne ihr erstes Grand-Slam-Turnier.
Mit Frust und neuerlichen Enttäuschungen im Gepäck wird Dominic Stricker (ATP 304) Australien verlassen. Der 22-jährige Berner aus Grosshöchstetten ist nach einem Monat in Australien keinen Schritt weiter als am Ende der letzten Saison. Beim 2:6, 4:6, 2:6 in 94 Minuten gegen James Duckworth (ATP 89) blieb Stricker völlig chancenlos - und das gegen einen Gegner, der seit dem 7. August in keinem Hauptfeld mehr ein Einzel gewonnen hatte.
Fortschritte sind bei Stricker aktuell wenige festzustellen. Er gewinnt keine Spiele, in Australien gewann er in vier Einzeln keinen einzigen Satz. Die Rückenprobleme, wegen derer er die letzte Saison erst im Juni in Angriff nehmen konnte, sind weiter ein Thema. In Melbourne musste sich Stricker am Ende des zweiten Satzes wieder behandeln lassen.
Den Rücken erachtet Stricker nicht als Problem. Alles sei gut, er habe ihn nur ganz wenig gespürt, so der Berner. Er erachtet die Rückenschmerzen als Stress-Reaktion.
Stricker will trotz der grossen Ernüchterung die Zuversicht nicht verlieren. "Es kommt gut", sagt er. Natürlich stieg er mit anderen Erwartungen in die Partie gegen Duckworth. Aber man sehe Ansätze. Man wisse, woran zu arbeiten ist. Und er weiss auch: "Der Weg zurück ist noch lang."
Gut gespielt, aber verloren - so das Fazit von Viktorija Golubic (WTA 95). Die 32-jährige Zürcherin unterlag als Aussenseiterin nach zwei vergebenen Matchbällen und 2:50 Stunden der Belgierin Elise Mertens (WTA 34) mit 6:4, 6:7 (8:10), 4:6. Golubic war nahe dran, die Finalistin von Hobart (letzte Woche) aus dem Turnier zu werfen. Die Schweizerin erspielte sich im Tiebreak des zweiten Satzes bei 6:4 zwei Matchbälle.
Letztlich endete aber nach 15 Siegen die Erfolgssträhne von Golubic. Die letzte Saison hatte sie mit Turniersiegen in Jiujiang (WTA 250) und Limoges (Challenger) beendet; das neue Jahr startete sie mit drei Siegen ohne Satzverlust in der Qualifikation für Melbourne.
Vor einem Jahr hatte Golubic in Melbourne erstmals die 3. Runde erreicht. Vorher hatte sie an den Major-Turnieren auf Hartplätzen (Australian Open, US Open) 13-mal in der Startrunde verloren. In der Weltrangliste wird die Schweizerin deshalb rund 13 Plätze einbüssen.