Die Fans sangen völlig euphorisiert "Oh wie ist das schön", Deutschlands Handballer schauten nach ihrem Traumstart in die WM-Hauptrunde erst ungläubig ins weite Rund und hüpften dann ausgelassen über das Parkett. Mit ihrer furiosen 39:19 (24:11)-Torgala gegen Argentinien stiess die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason das Tor zum Viertelfinale weit auf.
"An einem Tag wie heute machte es extrem viel Spass Handball zu spielen. Ich hoffe, dass hat man mir und der gesamten Mannschaft angesehen", sagte der überragende Spielmacher Juri Knorr in der ARD: "Damit haben wir nicht gerechnet." Und Gislason meinte freudestrahlend: "Ich bin extrem zufrieden. Es war eine unglaublich konzentrierte Leistung meiner Mannschaft."
Golla tritt auf Euphoriebremse
Vorne blitzschnell und gnadenlos effizient, hinten knüppelhart und kompromisslos: Das deutsche Team legte am Donnerstag eine richtig starke Vorstellung auf das Parkett von Kattowitz und weckte vor allem mit einer fehlerfreien ersten Halbzeit sogar zarte Medaillenhoffnungen. "Wir sind noch lange nicht am Ziel", sagte Kapitän Johannes Golla. Und Knorr ergänzte: "Wir wollen erstmal unsere Hausaufgaben machen und Spass dabei haben."
Fakt ist: Deutschland sicherte sich durch den Kantersieg gegen völlig überforderte Südamerikaner zwei Matchball-Spiele im Kampf um die anvisierte K.o.-Runde. Schon mit einem weiteren Sieg am Samstag (20.30 Uhr) gegen die Niederlande könnte der Viertelfinaleinzug perfekt sein.
"Wir freuen uns richtig darauf. Wenn die Mannschaft so einen Lauf hat, wird alles viel einfacher", sagte Gislason. Er weiss: Selbst wenn es am Samstag schief geht, bietet die abschliessende Hauptrundenpartie am Montag (20.30 Uhr) gegen Norwegen eine weitere Chance.
Beste Werfer einer bärenstarken deutschen Offensive gegen Argentinien waren Golla, Linksaussen Lukas Mertens und Rechtsaussen Patrick Groetzki mit jeweils fünf Treffern. Zudem präsentierte sich die zuletzt noch wackelige Abwehr deutlich verbessert, die Torhüter Andreas Wolff und Joel Birlehm bewiesen mit etlichen spektakulären Paraden ihre tolle Verfassung.
Deutschland bleibt beinahe fehlerlos
Die Sorgen des Bundestrainers von vor der Partie entpuppten sich als völlig unbegründet. Kaum Ballverluste, ganz wenig Fehler und eine selten gesehene Konsequenz im Abschluss: Das deutsche Team fackelte von der ersten Minute an ein wahres Offensiv-Feuerwerk ab. 24 Treffer bei lediglich zwei Fehlversuchen (erster nach 20 Minuten) - eine Wahnsinnsquote!
Ob über die pfeilschnellen Aussen Patrick Groetzki und Mertens, den beweglichen Rückraum um Knorr und Routinier Kai Häfner oder die Kreisläufer Golla und Jannik Kohlbacher: Von sämtlichen Positionen strahlte der EM-Siebte eine enorme Torgefahr und unbedingten Willen aus.
Und auch in der Abwehr, zuletzt noch die grösste Baustelle im deutschen Spiel, setzten die DHB-Männer ein dickes Ausrufezeichen. Der Mittelblock um Golla und Youngster Julian Köster packte derart beherzt zu, dass einem die körperlich unterlegenen Argentinier leid tun konnten. Und wenn doch mal jemand durchschlüpfte, war da ja noch ein Wolff in Weltklasseform.
Gislason nutzte den hohen Vorsprung und wechselte zur Pause fast komplett durch. Auch wenn nun nicht mehr die ganz grosse Brisanz der ersten Halbzeit zu spüren war, blieb das deutsche Team am Drücker und baute den Vorsprung weiter aus.