Kylian Mpappé: Unterschiedsspieler oder Problem? Zwei Meinungen!
Am Mittwoch steht er wieder im Mittelpunkt: Kylian Mbappé (26), Weltklasse-Stürmer und Hoffnungsträger von Real Madrid im Champions League-Rückspiel gegen Arsenal. Gleichzeitig gibt es jene, die in ihm eher die Ursache für Auftritte wie beim 0:3 im Hinspiel sehen als die Lösung. Auch unsere Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek sind geteilter Meinung.
Patrick Y. Fischer sagt: Mbappé ist ein Unterschiedsspieler
Weltmeister, Vizeweltmeister, siebenfacher französischer Meister sowie diverse Auszeichnungen auf individueller Ebene: Wer Kylian Mbappé in seinen Reihen weiss, kann sich glücklich schätzen, denn der Erfolg ist ihm gewiss. Natürlich, nicht nur wegen Mbappé, aber ganz sicher auch dank dem 1,78 Meter grossen Kraftpaket aus dem Pariser Vorort Bondy. Denn wer als 18-Jähriger die AS Monaco zum Meistertitel und ins CL-Halbfinale schiesst, mit 19 mit Frankreich den Weltmeistertitel erringt und mit 23 im WM-Finale einen Hattrick fabriziert muss über ganz spezielle Fähigkeiten verfügen, die ihn selbst auf höchstem Niveau von einem Grossteil der Konkurrenz abheben.
Und über diese verfügt der Sohn eines kamerunischen Fussballtrainers und einer Profi-Handballerin algerischer Herkunft zweifelsohne, sowohl im fussballerischen als auch im physischen Bereich. Mbappé ist ungemein schnell, beidfüssig und technisch so gut beschlagen, dass er selbst im höchsten Tempo kaum je die Kontrolle über Ball und Gegner verliert. Es gibt Momente, in denen ist er schlicht nicht zu stoppen, was neben den bereits genannten Fähigkeiten auch viel mit seiner mentalen Stärke zu tun hat. Der Torschützenkönig der WM 2022 fürchtet sich auf dem Platz nicht davor, Verantwortung zu übernehmen, unter Druck für seine Mitspieler Antwort und Lösung zugleich zu sein, sondern sucht diese Position regelrecht. Mbappé soll für den Unterschied sorgen – und möchte und tut das auch.
Klar, Mbappé ist in gewissem Sinn kein einfacher Spieler, er kann fordernd sein oder auch egoistisch, dominant oder zuweilen arrogant. Aber am Ende des Tages ist er ein Profi, auf den man sich in entscheidenden Momenten verlassen kann, der Verantwortung übernimmt, sich ins Team einfügt und es dennoch geniesst, dann gebraucht zu werden, wenn es wirklich zählt. Meistens liefert er dann auch ab, was seinen Teams, Klubs und Mitspielern nicht selten die entscheidende Differenz beschert. Er erfüllt damit genau die Rolle, für die ihn die grössten Klubs und Teams dieser Welt so fürstlich entlöhnen. Oder anders gesagt: Wenn Kylian Mbappé für dein Team nicht den Unterschied ausmacht, liegt es möglicherweise daran, dass andere Leistungsträger oder Teile deiner Mannschaft ihren Part nicht zu 100 Prozent erfüllen.
Andy Maschek sagt: Mbappé ist ein Problemspieler
Ganz klar, sein Palmarès ist beeindruckend, Prall gefüllt. Doch ein Blick darauf zeigt, dass trotz der Vielzahl an Titeln mit dem Nationalteam und im Klubfussball ein wichtiger Eintrag fehlt: der Gewinn der Champions League, die Krönung im europäischen Klubfussball. Dieser Triumph ist dem Franzosen mit dem Starensemble von Paris Saint-Germain nicht gelungen, und er wird es auch in diesem mit Real Madrid nicht schaffen. Oder zumindest höchstwahrscheinlich. Denn Kylian Mbappé sollte man nie abschreiben, er ist einer jener Spieler, die in lichten Momenten explodieren und den Gegner uralt aussehen lassen können.
Doch so stark er auch auftreten kann: Mbappé ist zugleich ein Problemspieler. Er ist so selbstbewusst, dass man schnell auch an Arroganz denkt. Auch als Diva wurde der Offensivstar immer wieder bezeichnet, wobei sein heutiger (verletzter) Real-Teamkollege Daniel Carvajal vor der Verpflichtung des Franzosen angekündigt hatte, dass eine Diva im Team keinen Platz habe: «Die Leute, die länger im Klub sind, sind immer etwas verantwortlich dafür, dass in der Kabine alle in die gleiche Richtung rudern, dass jemand, der ein wenig entgleist, am Ohr gezogen und wieder auf den Weg gebracht wird.»
So weit, so gut. Aber es bleiben Zweifel, seit dem 0:3-Niederlage im Viertelfinal-Hinspiel gegen Arsenal, aber auch schon zuvor. So knöpfte sich Real-Trainer Carlo Ancelotti offenbar schon im Februar seine Offensivstars Mbappé, Vinicius Jr. und Rodrygo nach der 2:5-Niederlage im Clasico gegen Barcelona vor. Der Grund: ihre Lauffaulheit! Mbappé spulte in jenem Match gerade mal fünf Kilometer ab, gemäss Coach Ancelotti weniger als Goalie Courtois. Und auch gegen Arsenal glänzten Mbappé und seine Kollegen nicht mit Arbeitseifer, waren insgesamt 12,7 Kilometer weniger unterwegs als der Gegner. Es ist wohl kein Schelm, wer behauptet, dass diese gerade von Mbappé vorgezeigte Lauffaulheit auf seine Kollegen ansteckend ist, zumal Mbappé der Topverdiener ist und klar mehr kassiert als Vinicius Jr., der selber aber ebenfalls über ein grosses Ego verfügt. In der Vergangenheit gab es immer wieder Gerüchte, dass die Beziehung der beiden Superstars angespannt ist, und der Neid spielt auch im Fussball mit.
Die Real-Offensive ist nun gegen Arsenal gefordert. Allen voran Kylian Mbappé, der am Wochenende in der Meisterschaft gegen Alaves die Selbstkontrolle verlor und nach einem üblen Foul vom Platz flog. Solche Dinge helfen nicht, das Image eines Problemspielers zu korrigieren. Vor allem, wenn wie aktuell eine titellose Saison ein mögliches Worst-Case-Szenario ist. Deshalb muss er sein Ego hintenanstellen und mit Einsatz und Kampf vorangehen. Zwingend!