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Knapp daneben ist auch vorbei: Schweiz verpasst historische Chance

Patrick

Ausgerechnet gegen England. Gegen jene Nation, die gefühlt noch jedes Elfmeterschiessen verloren hat, verpasst die Schweiz den erstmaligen Einzug in ein EM-Halbfinale. Ein bitter Moment und schwierig zu begründen. Wir versuchen es trotzdem.

Enttäuschung am Ende_Nati
Enttäuschung am Ende eines starken Turniers: Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft © Keystone / SDA

Schon wieder Elfmeter-Drama

Eine Vermutung: So tief wie vor dem Elfmeterschiessen dürfte die Sieggewissheit in der Schweiz gestern zu keinem Zeitpunkt des Viertelfinal-Duells mit England gewesen sein. Denn wer die Nationalmannschaft in den letzten 20 Jahren an grossen Turnieren verfolgte, hat vieles miterlebt, aber vor allem immer wieder Niederlagen im Elfmeterschiessen. Gestern nun zum vierten Mal in fünf Kurzentscheidungen seit 2006. Natürlich, Elfmeterschiessen sind immer auch zufällig, schliesslich ist jeder der 22 Akteure auf dem Platz absolut in der Lage, den Ball aus elf Metern ins Tor zu dreschen. Aber es gehört halt auch mehr dazu und die Vermutung liegt nahe, dass die Schweiz den Schlüssel zum Penalty-Erfolg noch nicht gefunden hat. Dabei ist zu berücksichtigen dass grundsätzlich jeder Spieler auch einmal scheitern kann, aber es gibt trotzdem Akteure, die sich in der Rolle des Schützen wohler fühlen und über mehr Erfahrung verfügen, als andere. Von denen liefen gestern mit Schär (16:3), Shaqiri (21:1) oder Amdouni (7:0) auch drei an und verwandelten sicher, aber halt nicht zum Start ins Elfmeterschiessen. Diese Verantwortung übernahm stattdessen Manuel Akanji und scheiterte beim erst vierten Elfmeter seiner Karriere zum zweiten Mal. Ein Fehlschuss mit vorentscheidender Wirkung und einer entgegen dem Rat von Italiens Weltmeister-Trainer Marcello Lippi, der über seine erfolgreiche Strategie im WM-Finale 2006 sagte: «Ich eröffnete das Elfmeterschiessen mit unseren drei besten Schützen, weil – je nach Situation – die Schützen Nr. 4 oder Nr. 5 gar nicht mehr antreten können und weil der Ton für den weiteren Verlauf mit den ersten Schützen gesetzt wird.»  Leider bewahrheitete sich diese Theorie gestern ein weiteres Mal.

 

Die Breite fehlt(e)

Gewiss, die Niederlage alleine am verschossenen Elfmeter festzumachen wäre ebenso falsch wie es generell schwierig ist Gründe für das Aus im Viertelfinale zu definieren. Denn die Schweiz war nicht unterlegen, sie musste nicht mauern und sie beging auch keine groben taktischen oder individuellen Fehler, welche es den Engländern ermöglicht hätten, sie zu bezwingen. Wo es die Schweiz allerdings möglicherweise verpasste, dem Spiel vor Ablauf der Verlängerung noch einmal eine Wende zu geben, war mit ihren Auswechslungen. Wobei sich das fast schon so anhört, als hätte die Nati die Möglichkeit gehabt, bei den Einwechslungen aus mehreren Top-Optionen auszuwählen und sich dabei verzockt. Dabei war eigentlich das Gegenteil der Fall und es zeigte sich hier wohl am deutlichsten, was unsere Nationalmannschaft von den ganz grossen Fussballnationen trennt. Während ein England (oder auch ein Deutschland in der Vorrunde) mit nahezu identischer Qualität nachlegen, stachen die Schweizer Trümpfe von gestern nicht. Ein Steven Zuber – vor dem Turnier während eineinhalb Jahren kaum ein Nati-Thema – wirkte hektisch und leicht überfordert. An Denis Zakaria – eben erst von einer Verletzung zurückgekehrt – lief das Spiel vorbei. Und auch Silvan Widmer brauchte ein paar Minuten und Aktionen, um besser ins Spiel zu kommen. Aber all das überrascht nicht wirklich und kann der Schweiz auch nicht vorgeworfen werden. Zu beschränkt ist dafür die Grösse unseres Landes, insbesondere, wenn die erhoffte Entwicklung von Talenten nicht oder mit Verzögerung eintritt. Auf allerhöchstem Niveau kann diese Tatsache gleichwohl den Unterschied ausmachen.

 

Chance verpasst – kommt sie wieder?

Und so steht die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft am Ende eines sehr guten Turniers gleichwohl ohne den ganz grossen Exploit da. Besonders enttäuschend ist dies vor allem deshalb, weil man in den vergangenen drei Wochen so stark aufgetreten ist, mannschaftliche Geschlossenheit demonstrierte und sich die Chance wirklich verdiente, etwas noch nie dagewesenes zu erreichen. Entsprechend müssen sich Spieler und Staff am Ende auch nichts vorwerfen, denn sie haben im Verlauf der EM sehr vieles richtig gemacht. Einzig die Tatsache, dass man schlussendlich in einem Spiel den Kürzeren zog, in dem ein Sieg möglich gewesen wäre, schmerzt. Und die Ungewissheit darüber, ob es eine solche Chance für ein relativ kleines Land wie die Schweiz noch einmal geben wird. Insbesondere, wenn diverse Leistungsträger bereits zur WM 2026 über ihrem Zenit stehen oder verletzungsanfälliger werden könnten. Die Zukunft wird es weisen.

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