Kann David Degen Krise? Zwei Meinungen!
Acht Spiele, magere fünf Punkte, Rang 10 in der Meisterschaft, trotz Trainerentlassung zuletzt ein 0:3-Debakel gegen Stade-Lausanne-Ouchy: Der FCB steckt in der Krise – und auf Präsident David Degen prasselt Kritik ein. Schafft er es nun, den FCB aus dem Sumpf zu ziehen? Die Sky-Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek sind sich uneinig.
Patrick Y. Fischer sagt: Nein
Eines vorneweg: David Degen ist um seine Position als VR-Präsident und Hauptaktionär beim FC Basel nicht zu beneiden. Was zur Zeit der Klubübernahme von Bernhard Burgener im Frühling 2021 das Potenzial zur grossen Basler Lösung und Erfolgsgeschichte hatte, droht immer mehr zum Rohrkrepierer zu werden. Daran ist David Degen zumindest mitschuldig. Seine Art den Klub zu führen ist sportlich gescheitert.
Immerhin in einem Aspekt erlebte der FC Basel in diesem Jahr einen absoluten Rekordsommer: Mit 52,50 Mio. Euro an Transfereinnahmen vergoldeten die Bebbi wenige Wochen nach dem Erreichen des Halbfinals in der UEFA Conference League den Exploit auf europäischer Ebene. Die überlebenswichtige Finanzspritze ermöglicht es dem Klub, der im Geschäftsjahr 2022 ein strukturelles Defizit von 30 Mio. CHF auswies, umgehend 35 Mio. Euro für neue, überwiegend junge Spieler auszugeben. Das Resultat waren sage und schreibe 41 Zu- und Abgänge zwischen Juni und September und ein FCB, der entgegen Degens Aussage 90% des Kaders beisammenzuhalten, bis zum Transferschluss komplett runderneuert wurde. Notabene ohne jegliche Chance, sich rechtzeitig zum Start der nationalen und internationalen Wettbewerbe als Mannschaft zu finden.
Das Resultat sollte einen ehemaligen Nationalspieler wie Degen nicht erstaunen. Knapp zweieinhalb Monate nach dem Saisonstart, drohen dem FCB sämtliche Felle davon zu schwimmen. Rang 10 in der Meisterschaft, Out in der Conference-League-Quali und damit verbunden die reelle Möglichkeit, den finanziell sehr wichtigen europäischen Wettbewerb zwei Spielzeiten hintereinander zu verpassen. Hinzu kommt, dass das ständige Kommen und Gehen im Joggeli die Identifikation zwischen Spieler, Verein und Umfeld erschwert, von der Aufbauarbeit der Trainer ganz zu schweigen.
Apropos: Auch auf dieser zentralen Position hat in Basel unter Degen in den letzten Jahren eine Hire-and-Fire-Mentalität Einzug gehalten. In den knapp 30 Monaten seit seiner Klubübernahme wurden bereits vier Trainer angestellt und wieder gefeuert. Aktuell steht mit Heiko Vogel der Sportdirektor bereits zum zweiten Mal in knapp zehn Monaten als Feuerwehrmann an der Seitenlinie. So kann keine Ruhe in den Verein kommen. Stattdessen brauchen Degen und der FC Basel mehr Souveränität und Besonnenheit, um die dringend benötigte mittel- bis langfristige Planung auf- und umzusetzen. Für kurzfristigen Aktionismus hat es keinen Platz mehr. Ob David Degen dafür der richtige Mann ist, ist aufgrund der bisherigen Entwicklungen zu bezweifeln.
Andy Maschek sagt: Ja
Der FC Basel durchlebt gerade die grösste Krise in diesem Jahrtausend. National sind die Top-Teams wie die Young Boys und der FCB längst weit enteilt und die Basler nur noch biederes Mittelmass. International ist die Saison schon beendet, kaum dass sie begonnen hat, dies nach einem peinlichen Scheitern am kasachischen Team Tobol Kostanay in der Conference League. Damit ist auch die Chance dahin, wie im Vorjahr mit europäischen Gala-Auftritten von den Schwächen in der Meisterschaft abzulenken – und den Spielern ein Schaufenster zu bieten, in dem sie ihren Marktwert steigern und so dem Klub jene Transfermillionen bescheren, auf die er angewiesen ist.
Die Perspektiven sind schlecht, zumal am Sonntag das Auswärtsspiel gegen die Young Boys ansteht. Den letzten Sieg feierte der FCB gegen die Berner am 11. Juli 2020 mit einem 3:2 im Joggeli, den letzten Erfolg im Wankdorf gab es für den FCB am 22. Mai 2016 ebenfalls mit einem 3:2. Verdammt lang her also.
Es spricht nicht viel dafür, dass der FCB bald aus diesem Schlamassel herausfindet. Und es ist nichts als logisch und entspricht den Marktautomatismen, dass nun die beiden «sportlichen Köpfe» im Verein im Kreuzfeuer der Kritik stehen. Einerseits Präsident David Degen, andererseits Sportchef Heiko Vogel, der nach der Entlassung von Trainer Timo Schultz auch wieder an der Seitenlinie das Zepter übernommen hat.
Dass mit Heiko Vogel als Trainer oder Sportchef der Turnaround nachhaltig geschafft wird, bezweifle ich. Er hat die Mannschaft mit den vielen neuen Spielern zusammengestellt, Trainer Timo Schultz geholt und nach dem Fehlstart wieder entlassen, statt ihm etwas mehr Zeit zu gehen. Es kann einen Versuch wert sein, dass er nun selber den Turnaround schaffen will. Andererseits ist es legitim zu sagen, dass er für seine Fehler geradestehen und einsehen soll, dass es für ihn als Angestellten Zeit ist, den FCB zu verlassen – bevor er selber entlassen wird.
Anders sehe ich es bei David Degen, über den schon geurteilt wird, er sei beim FCB gescheitert. Natürlich, die Situation ist ungemütlich, vor allem auch für ihn, der viel Geld in den Klub gesteckt hat. Er muss sich der Verantwortung stellen, die er als FCB-Boss übernommen hat. So kämpfen, wie er es einst als Fussballprofi getan hat. Dem Instinkt vertrauen, den fast jeder Fussballer braucht, um es ins nationale und internationale Rampenlicht zu schaffen, was Degen als Spieler gelungen ist. Und dennoch zwischendurch mal tief durchatmen, alles setzen lassen und dann entscheiden statt Schnellschüsse abzufeuern. Seinem fachlichen Wissen vertrauen, über das er zweifelsohne verfügt. Seinen Enthusiasmus einbringen. Denn der am Boden liegende FCB kann wieder aufstehen und den Turnaround schaffen. Yverdon liegt auf Rang 6 aktuell nach Verlustpunkten sieben Zähler vor dem FCB – und das ist aufzuholen. Mit David Degen als Präsident.