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«Jede Saison ist eine neue Achterbahnfahrt, die zusammenschweisst»

Andy

Am 4. Oktober eröffnen Captain Nico Hischier und die New Jersey Devils in Prag gegen Buffalo die neue NHL-Saison. Im Sommertraining in der Schweiz hat der 25-jährige Walliser die Basis für neue Grosstaten geschaffen – und sich die Zeit für ein Interview mit Sky Sport nicht nur über Eishockey genommen.

Aufmacher
Nico Hischier nimmt die neue NHL-Saison mit grossen Zielen in Angriff. © KEYSTONE/Valentin Flauraud

Was bedeuten Ihnen Sommerferien?
Nico Hischier: Dazu gehört einerseits die Vorbereitung auf eine neue, lange Saison. Aber andererseits ist es auch ein Fixpunkt, um zurück in die Schweiz zu kommen, die Familie und die Freunde zu geniessen, Energie zu tanken, etwas mehr Freiheiten zu haben und einfach mein Leben zu leben.

Berge oder Meer: Was passt Ihnen mehr?
Im Sommer reise ich immer gerne ans Meer. Aber je länger, desto mehr zieht es mich auch in die Berge, in die Natur allgemein.

Das Wallis ist also nach wie vor Ihre Heimat?
Das sicher, meine Wurzeln sind im Wallis. Aber im Sommer bin ich wegen des Trainings jeweils fast mehr in Bern.

Sie haben hier eine Schweizer Trainingsgruppe…
Genau, dazu gehören Yannick Rathgeb, JJ Moser, mein Bruder Luca und Michael Loosli.

Aber Sie haben zwischendurch auch im Ausland trainiert, oder?
Wir hatten dies schon länger im Sinn, in diesem Jahr haben wir es nun gemacht. Wir waren eine Woche auf Teneriffa, unser Kondi-Trainer hat alles organisiert, dass wir beispielsweise auch ein passendes Gym zur Verfügung haben. Am Morgen haben wir dann jeweils trainiert, am Nachmittag standen verschiedene Aktivitäten auf dem Programm, so war es eine Trainings- und Adventure-Woche. Es war cool, wir konnten im Gym an den Punkten arbeiten, die auch daheim auf dem Programm gestanden wären. Doch dass wir viel an der frischen Luft machen konnten, führte zu einem anderen Setup, zu einer anderen Stimmung.

Wer ist in dieser Trainingsgrupp am fittesten?
Das ist schwierig zu sagen, ich denke, wir sind alle fit. Aber klar, einer hat an einem Ort seine Stärken, ein anderer in einem anderen Bereich. Es hilft sehr, gemeinsam zu trainieren, wir pushen einander und ziehen und gegenseitig mit.

«Es ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, auch ich stehe lieber auf dem Eis, aber ich weiss auch, wie wichtig das Sommertraining für eine lange Saison ist.»

Für viele ist das Sommertraining eine lästige Pflicht. Wie ist das bei Ihnen?
Es ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, auch ich stehe lieber auf dem Eis, aber ich weiss auch, wie wichtig das Sommertraining für eine lange Saison ist. Ich brauche auch ab und zu Abstand vom Eis, gleichzeitig ist es keine Option, nichts zu machen. Mit der Gruppe macht es mehr Spass und sorgt für eine grössere Motivation, zumal der Sommer jeweils schnell vorbeigeht und wir dann fast nur noch auf dem Eis sind.

Gibt es auch Tage, an denen Sie körperlich rein gar nichts machen?
Im Sommer ist dies meistens am Wochenende der Fall. Im Normalfall trainiere ich von Montag bis Freitag.

Amherd
Im Sommer stand für die Schweizer Silber-Helden auch ein Empfang bei Bundespräsidentin VIola Amherd auf dem Programm.

Im Sommertraining war wohl auch die Verarbeitung von der WM noch ein Thema. Wann war es so weit, dass der Stolz über die Silbermedaille über dem Frust wegen des knapp verpassten Titels stand?
Ich konnte das relativ schnell verarbeiten. Nach der Saison wollte ich eigentlich in der Schweiz bleiben, doch dann war schlechtes Wetter, sodass ich spontan nach Mallorca reiste. Dort konnte ich mich gut ablenken, alles verarbeiten. Ich sagte schon da zu mir: Ich will Prag in guter Erinnerung und nicht wegen dieser Finalniederlage immer ein schlechtes Gefühl haben, wenn ich auf diese WM angesprochen werde. Wir hatten eine coole Gruppe, haben coole Erinnerungen – und müssen dankbar sein, dass wir da dabei sein durften. Es sind Erinnerungen, die mir immer bleiben werden.

Es waren auch überragende Leistungen…
…ja, am Ende war es ein Spiel, in dem etwas fehlte. Im Final stand es lange 0:0 und zum Schluss entschieden die Details. Es war ein schöner Bully-Play der Tschechen – und es war unser Genickbruch.

Sind solche Dinge wie eine WM-Silbermedaille am Ende der Saison die Entschädigung für die ganze Arbeit, die im Sommer beginnt?
Sicher. Eine solche WM ist energieaufwendig, gerade nach einer  langen Saison. Aber genau dafür trainieren wir – dass wir möglichst lange Eishockey spielen können, fit und gesund bleiben.

Sie haben sich mit Ihrem Bruder Luca im Sommer im Motion Lab in Lausanne einem gründlichen sportwissenschaftlichen Check unterzogen. Was haben die Resultate gezeigt?
Diese Untersuchung lasse ich eigentlich jedes Jahr nach der WM und vor der Saison durchführen. Bei diesem Gesundheitscheck wird geschaut, ob ich noch irgendwelche Blessuren von der letzten Saison oder aus der Vergangenheit mitgetragen habe, ob es noch eine längere Pause braucht. In New Jersey folgt dann vor der Saison jeweils ein weiterer Fitnesstest.

Und, sind Sie gesund?
Ja, ich bin «zwäg»!

Achtet man als Sportler je länger, desto mehr auf seinen Körper?
Das ist auf jeden Fall so, und man merkt mit der Zeit auch, was einem guttut und macht das häufiger. Man lernt viel, auch im off-ice-Bereich und im Leben generell, versteht so Zusammenhänge, über die man früher gar nicht nachgedacht hat. In jüngeren Jahren hat man sich nicht all zuviele Gedanken gemacht, sondern einfach gespielt. Heute versteht man viel mehr, welches Training wofür gut ist und weshalb man wann was braucht. Mit zunehmendem Alter trainiert man anders, hat andere Ansichten.

«Die Atmung ist wichtig, im Leben und im Sport, ohne Atmung und Sauerstoff geht es nicht.»

Für Sie ist auch die Atmung zentral.
Die Atmung ist wichtig, im Leben und im Sport, ohne Atmung und Sauerstoff geht es nicht. Mit der Atmung kann man im Sport sehr viel steuern, den Körper beruhigen, sich fokussieren. Auch der Energiefluss im Körper hängt mit der Atmung zusammen und beeinflusst die Gesundheit. Bewusstes Atmen ist wichtig, dabei können auch Atemtechniken helfen. Es ist jedem überlassen, das zu versuchen oder auch nicht.

In den Sommermonaten haben Sie mehr Freiraum und Zeit zum Durchschnaufen. Dennoch haben Sie viele Termine wahrgenommen, unter anderem das Spiel auf dem Jungfraujoch gegen eine SCB-Auswahl bestritten. Wie war das?
Eine sehr coole Erfahrung, das erlebt man nicht jeden Tag. Es war eine der besseren Aussichten, die ich während eines Spiel hatte (lacht).

Jungfrau
Die NHL-Stars Nico Hischier und Nino Niederreiter schnupperten auf dem Jungfraujoch beim Spiel gegen den SC Bern Höhenluft.

Sie waren auch am traditionellen Media-Tag der NHL für europäische Spieler.
Ja, und das mit einem guten Gefühl, die WM ist wie erwähnt verarbeitet. Wir hatten eine coole Zeit dort – und dann findet für uns ja am 4. Oktober auch der Saisonstart in Prag statt.

Sie haben sich als Hornusser versucht. Wie war das?
Gut! Ich habe das noch nie gemacht, bin aber eine sehr neugierige Person, probiere gerne neue Dinge. Es ist nicht einfach, ich habe schon ein paar Mal danebengeschlagen. Es ist eine coole Sache, doch ich bleibe definitiv beim Eishockey.

Bedeuten Ihnen eigentlich Kulturgut und Brauchtum etwas?
Schweizer oder Walliser Traditionen wie das Hornussen oder Ringkuhkämpfe bedeuten mir schon etwas, schliesslich bin ich in der Schweiz aufgewachsen. Es ist ein Privileg, in einem solchen Land seine Kindheit zu verbringen. Es ist ein Klischee, aber: Je mehr man reist und andere Dinge sieht, umso mehr schätzt man das auch. Probleme, die man hier in der Schweiz hat oder anspricht, sind in anderen Ländern keine Probleme.

Sie sind mit 16 Jahren nach Nordamerika gegangen. Hat Ihnen die Schweiz da nie gefehlt?
Doch, sehr! Deshalb brauche ich auch im Sommer meine Zeit in der Schweiz, um hier Energie zu tanken, bei der Familie zu sein. Ich hatte damals super Gast-Eltern in Kanada, zudem war meine Schwester mal einen Monat bei mir, was es sehr vereinfacht hat. Die Unterstützung war immer da. Und so wurde das Leben im Ausland zur Normalität. Am Ende ist der Mensch ja auch ein Gewohnheitstier.

Sie sind erst 25 Jahre alt und gehen bereits in Ihre fünfte Saison als Captain eines NHL-Teams…
…das geht schnell, es ist krass...

…macht es Sie auch stolz?
Sobald man da in die NHL kommt, hört man von den älteren Spielern, man solle diese geniessen, weil alles schnell vergehe. Und das ist definitiv so! Aktuell schaue ich nicht viel zurück, deshalb ist es auch schwierig zu sagen, wie ich mich fühle. Ich will in die Zukunft schauen und da als Captain mein Bestmögliches geben.

«Ich bin in der Garderobe nicht der lauteste, aber wenn etwas erwähnt oder gesagt werden muss, stehe ich hin und tue das, das gehört zu meiner Rolle.»

Sie sind ein ruhiger Typ.
Schon, ja. Ich bin in der Garderobe nicht der lauteste, aber wenn etwas erwähnt oder gesagt werden muss, stehe ich hin und tue das, das gehört zu meiner Rolle. Aber generell will ich als Leader schon in erster Linie vorausgehen. Nach dem Motto: Playing the game the right way. So zu versuchen, das Team mitzureissen und auch im Spiel die Dinge zu tun, die weh tun und nicht nur die schönen.

Wann werden Sie so richtig hässig?
Während eines Matches gibt es verschiedene Situationen, die dazu führen können, das Spiel lebt ja auch von den Emotionen. Aber auch da: Das Atmen hilft. Man muss beispielsweise auch in der Gardrobe versuchen, wieder runterzukommen und die Balance zu finden. Aber ohne Emotionen geht es nicht.

Action
In der vergangenen Saison verpassten Nico Hischier (rechts) und die New Jersey Devils die Playoffs – nun ist Wiedergutmachung angesagt.

Nun beginnt in Prag die neue Saison, und da haben die Devils etwas gutzumachen, einverstanden?
Es ist ein Fakt, dass wir uns letzte Saison mehr erhofft hatten. Erwartungen sind immer da, aber man muss diese als Team definieren. Wir hatten viele Verletzte und auch neue Spieler. Wir waren alle nicht zufrieden und setzen unsere Ziele nun hoch an. Aber auf Erwartungen von aussen sollte man nicht schauen.

Das heisst?
Wir wollen sicher in die Playoffs, dafür werden wir alles tun. Ich sage nicht: Es ist ein Muss, denn am Ende ist es Sport und geht es nicht um Leben und Tod. Und wenn man in den Playoffs ist, ist alles möglich.

Sie haben einen neuen Goalie im Team, Akira Schmid ist weg. Wie gehen Sie mit diesen NHL-Mechanismen um?
Es sind schwierige Situationen, aber wir wissen, dass dies dazugehört, Teil unseres Business ist. Man schliesst Freundschaften im Team und plötzlich ist jemand weg, aber man kann in Kontakt bleiben.

Mit Timo Meier und Jonas Siegenthaler haben Sie aber immer noch zwei Schweizer im Team.
Wir sind viel zusammen, gehen auswärts zum Nachtessen. Aber im Sommer ist jeder in seinem Umfeld, in der Schweiz trainieren wir auch nicht gemeinsam. Wir sehen uns im Winter wieder genügend.

Wie laden Sie denn mental im Winter Ihre Batterien auf?
Im Februar haben wir einen kleinen Break, der sehr hilfreich ist. Dazu kommen kleine Pausen, freie Tage, die man gut nützen muss, um den Kopf zu lüften. Es ist halt schon sehr viel Hockey im Winter, das kann einen schweren Kopf machen, auch betreffend Druck. Umso wichtiger ist es, sich Zeit für sich selber zu nehmen und Dinge neben dem Hockey zu machen. Ein Leben neben dem Eishockey zu führen. Letzte Saison habe ich ab und zu mit Timo Fussball geschaut oder sind wir zusammen nach New York einen Kaffee trinken gegangen. Klar ist aber auch: Druck hat man überall im Leben.

Ihr Traum ist aber sicher der Gewinn des Stanley Cup, oder?
Die Trophäe wäre der grosse Preis, für diesen spielen wir. Aber es ist sehr schwierig, ich bin noch nie weiter gekommen als in die zweite Playoff-Runde. Man kämpft 82 Spiele, erwischt dann einen super Gegner in der ersten Runde, bekommt es danach gleich nochmals mit einem starken Team zu tun und so weiter. Der Weg ist lang, aber das macht es auch interessant.

Machen wir einen Deal? 2025 gewinnen Sie den Stanley Cup, 2026 scheiden Sie dann früh aus, damit Sie an der Heim-WM dabei sind. Einverstanden?
Da hätten wohl viele Leute keine Freude. Wir sind im Alter, in dem wir angreifen wollen und können. Und im Klub sind es nicht nur die Playoffs, wir spielen ja auch schon vorher 82 Spiele zusammen und erleben auf dieser Reise viel. Jede Saison ist eine neue Achterbahnfahrt, die zusammenschweisst. Aber klar, wenn man in den Playoffs weit kommt, fehlt man an der WM.

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