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Ist Wicky im Saisonendspurt für YB die beste Option? Zwei Meinungen

Andy-Pat

Aus in der Europa League. Niederlagen im Spitzenkampf sowie gegen den langjährigen Rivalen aus Basel. Unabhängig vom Ausgang des heutigen Cupspiels in Sion sind die Young Boys ins Schlittern geraten. So wachsen auch die Zweifel an Trainer Raphael Wicky. Ist er noch der Richtige? Unsere Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek sind unterschiedlicher Meinung.

Debatte
Läuft die Zeit von Raphael Wicky bei den Young Boys bald ab? © KEYSTONE/Peter Schneider

Patrick Y. Fischer sagt: Ja

Im Fussball kann es bekanntlich schnell gehen. Da ist ein Double-Gewinn oder ein Vorstoss in die Gruppenphase der Champions League schnell einmal vergessen, wenn die erhoffte Leistung über längere Zeit ausbleibt und sich abzeichnet, dass der erwartete Erfolg in Gefahr geraten könnte. Beides ist bei YB spätestens seit der sonntäglichen Heimniederlage gegen Servette der Fall. Ist Trainer Raphael Wicky also in Gefahr? Möglicherweise, aber er sollte es nicht sein.  

Seit Juni 2022 steht Raphael Wicky im Berner Wankdorf an der Seitenlinie. In dieser Zeit hat er sich als sachlich-nüchterner Trainer einer Mannschaft etabliert, deren Auftritte selten dominant, aber oft siegreich sind. Im ersten Jahr gewann Wicky mit seiner Mannschaft das Double, im zweiten ist er drauf und dran, diesen Erfolg zu wiederholen. Und: Fast immer springen die Berner im entscheidenden Moment hoch genug, um die vor ihnen stehende Hürde zu überqueren. Eine Qualität, die für die Young Boys und ihren Trainer spricht.

Ich bin überzeugt, dass YB und Wicky bereits heute Abend in Sion wieder zum Siegen zurückkehren werden. Der Walliser kennt seine Mannschaft und weiss, was in der jetzigen Situation zu tun ist. Er strahlt Ruhe und Zuversicht aus, gibt seiner Mannschaft jenes Vertrauen, das auch ein Favorit in einer schwierigen Situation und im Herbst einer langen Meisterschaft braucht. Auch wenn er selbst möglicherweise nicht mehr die volle Rückendeckung spürt.

Und überhaupt: Mit wem sollte YB Raphael Wicky kurzfristig überhaupt übersetzen und weshalb? Sowohl im Cup als auch in der Meisterschaft beginnen jetzt die entscheidenden Wochen und die Berner nehmen diese in beiden Wettbewerben aus der Pole-Position in Angriff. Jetzt zu wechseln, wäre ein schwer abschätzbares Risiko, auch weil man eigentlich genau weiss, was man an Raphael Wicky hat. Einen Trainer, der zwar wenig Spektakel, dafür aber er regelmässige Siege verspricht. Und genau das ist im Endspurt um Titel und Trophäen gefragt.

 

Andy Maschek sagt: Nein

Eins vorweg: In meinen Augen hat Raphael Wicky bei den Young Boys hervorragende Arbeit geleistet. Im ersten Jahr der Gewinn des Doubles, was auch in dieser Saison wieder möglich ist. Dazu die Teilnahme an der Champions League und das europäische Überwintern – beeindruckend. Doch auch im Fussball zählen die Erfolge von gestern heute nicht mehr viel oder gar nichts mehr und steht die Wahrheit auf dem Totomat, wie Wickys «Walliser Landsmann» Christian Constantin in der Vergangenheit immer wieder betonte und vorlebte.

Und diese Wahrheit kann brutal sein. Da scheitert YB in der Europa League am portugiesischen Spitzenteam Sporting Lissabon, verliert in der Super League den Spitzenkampf gegen Servette – und schon wackelt in der Öffentlichkeit der Stuhl von Coach Wicky bedrohlich, obwohl für den Leader und Cup-Viertelfinalisten wie erwähnt der Double-Gewinn immer noch möglich ist.

Dennoch ist nicht wegzudiskutieren, dass Meister YB angeschlagen ist und taumelt. Dafür ist sicher nicht nur Coach Wicky verantwortlich, auch wenn beispielsweise das Jammern einiger Spieler über eine zu geringe Einsatzzeit vor allem ihn betrifft. Es spielen weitere Faktoren mit, die nicht in seinen Händen liegen. Wie der Verkauf mehrerer Leistungsträger, die betreffend Qualität nicht ersetzt werden konnten. Oder auch das nervende Abwarten bezüglich seiner Zukunft.

Mittlerweile scheint klar, dass der Walliser bei YB nur noch ein Coach auf Zeit ist. Und wenn er heute Abend im Cup in seiner Heimat am FC Sion scheitern sollte, werden die Young Boys kaum darum herumkommen, die Notbremse zu ziehen – vielleicht sogar noch vor dem Spiel am Sonntag im Letzigrund gegen den FC Zürich. Noch haben die Berner vier Punkte Vorsprung auf Servette, doch die können verdammt schnell weg sein, zumal auf den FCZ als Gegner der FC Basel folgt, der ebenfalls dringendst Punkte braucht.

Raphael Wicky kämpft also in den nächsten Tagen um seinen Job. Aber nicht mit einer mittel- oder langfristigen Perspektive, sondern nur sehr kurzfristig. Weil seine Zeit bei YB, davon ist zumindest auszugehen, spätestens Ende Saison abläuft, ist er bereits eine Art «lame duck» – und nicht mehr der richtige Mann für das heisse Saisonfinale, in dem für YB auch in diesem Jahr nur das Double gut genug sein kann.

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