One of a kind: Citys Krise ist unter Europas Topklubs einzigartig
Und wieder nichts. Beim sonntäglichen 1:2 gegen Stadtrivale United kassierte Manchester City den jüngsten Tiefschlag. Mittlerweile zieht sich die Krise der Citizens über elf Spiele (1S, 2U, 8N) und sämtliche Wettbewerbe - einmalig schlecht für einen Klub dieser Kragenweite.
50 unwirkliche Tage
Am 26. Oktober war die Welt noch in Ordnung. Im Spiel gegen den FC Southampton feierte Manchester City im 14. Saisonspiel (wettbewerbsübergreifend) den bereits elften Sieg und führte die Premier League nach neun Runden standesgemäss an. Alles klar soweit beim Serienmeister der englischen Eliteklasse – bis eben nichts mehr klar war. Plötzlich war da dieses 1:2 im Ligacup-Achtelfinale gegen Tottenham, gefolgt von einem 1:2 in Bournemouth, gefolgt von einem 1:4 bei Sporting Lissabon und so weiter und so fort. Auch heute, 49 Tage nach der ersten Saisonniederlage haben Trainer Pep Guardiola und seine Männer noch immer keine Antwort auf ihre Probleme gefunden - erstaunlich. Zum einen, weil der spanische Erfolgscoach (über 20 Titel in den wichtigsten Ligen und Wettbewerben der Welt ) und sein Team unverändert über mehr als genügend Potential verfügen, um grundsätzlich jedes Spiel zu gewinnen. Zum anderen, weil es in Zeiten millionenschwerer CL- und TV-Einnahmen auf europäischem Spitzenniveau keinen vergleichbaren Fall gibt, in dem ein jahrelanger Dominator auf dem Höhepunkt seines Schaffens urplötzlich und dermassen heftig das Siegen verlernt, wie unsere Recherchen zeigen.
Nicht immer königlich, aber (fast) immer vorne dabei
Schauen wir zum Beispiel nach Madrid, wo mit Real der international erfolgreichste Klub der letzten 20 Jahre zu Hause ist. Nicht weniger als sieben Meisterschaften und sechs CL-Triumphe erweiterten in dieser Zeit das Palmarès des spanischen Rekordmeisters. Wobei – auch die Königlichen erlebten in der Saison 1999/2000 unter Trainer Vincente del Bosque eine kurze Phase, die der aktuellen Krise bei City ziemlich nahe kommt. Damals errang Real in zehn aufeinanderfolgenden Spielen gerade einmal einen Sieg (bei 5U und 4N) und beendete die Saison schliesslich auf Rang 5. In den Fussball-Geschichtsbüchern hängen blieb aber einzig die Tatsache, dass Real in jener Spielzeit zum zweiten Mal die damals noch junge Champions League gewann (u.a. mit zwei Siegen gegen GC in der Gruppenphase). Immerhin diese Hoffnung bleibt auch Manchester City aktuell noch.
Mittlerweile krisenerprobt
Vom erfolgreichsten europäischen Grossklub der letzten 20 Jahre zum erfolglosesten – Stadtrivale Manchester United. Es gab eine Zeit, da waren Manchester und die Premier League fest in der Hand des englischen Rekordmeisters, der zwischen 2005 und 2013 fünf Meistertitel erspielte und dreimal im Endspiel der Champions League stand (ein Triumph). Dann erfolgte mit dem Wechsel von Sir Alex Ferguson zu David Moyes auf der Trainerbank der Bruch, zwar unmittelbar, aber bei weitem nicht so heftig und unerwartet wie aktuell beim Stadtrivalen. Seitdem versuchen die Red Devils und eine Reihe namhafter Trainer vergeblich, zu ihrer alten Dominanz zurückzukehren und leisten sich dabei immer wieder peinliche Aussetzer (zuletzt 2023 beim 0:7 vs. Liverpool). Aktuell steht ManU trotz dem jüngsten Derbysieg nur auf Rang 13 der Premier League. Dann vielleicht doch lieber der kurze, heftige Absturz, wie ihn die Citizens derzeit erleben.
Auch in der Krise meist Top 3
Zurück nach Spanien, dass neben Real Madrid mit dem FC Barcelona noch einen zweiten europäischen Giganten beheimatet. Die beiden Rivalen liefern sich auch in diesem Millennium eine Dauerfehde um die spanische und zuweilen kontinentale Vorherrschaft, mit zuletzt klaren Vorteilen zugunsten der Königlichen. Mittlerweile sind nämlich bereits 10 Jahre seit dem letzten CL-Triumph der Katalanen vergangen und auch La Liga konnte Barca in den letzten fünf Jahren nur einmal für sich entscheiden. Trotzdem kennt man eine heftige Krise, wie sie Manchester City derzeit durchmacht, eigentlich nicht. Am schwierigsten wars zwischen den Jahren 2000 und 2003, als Barcelona unter den Trainern Carles Rexach und Radomir Antic die Saison dreimal in Folge ausserhalb der Top 3 abschloss. Von einer Serie mit elf Spielen und nur einem Sieg war man in dem Klub, dessen erfolgreichster Trainer bis heute Pep Guardiola (14 Titel in vier Jahren) ist, allerdings stets weit entfernt.
Von Rang 10 und dem Boldklubben 1903
Im Konzert der ganz Grossen darf natürlich auch der FC Bayern München nicht fehlen. 14 deutsche Meisterschaften und zwei CL-Titel haben die Bayern in den letzten 20 Jahren errungen – von einer kompakten und intensiven Krise, wie sie Man City derzeit erlebt, keine Spur. Und trotzdem erlebte der Bundesliga-Rekordmeister in einer Zeit vor der Champions-League-Ära Erstaunliches. In der Saison 91/92 mussten die Münchner unter den Trainern Jupp Heynckes (bis Oktober) und Erich Ribbeck für ihre Verhältnisse so richtig unten durch. Im heimischen Olympiastadion unterlag man Klubs wie dem VfL Bochum oder den Stuttgarter Kickers, in der Fremde waren u.a. der 1. FC Nürnberg und Hansa Rostock zu stark. Den Gipfel schoss die Roten aber in der Europapokal-Kampagne jenes Jahres ab: In der zweiten Runde des UEFA Pokals scheiterte man am Boldklubben 1903 Kopenhagen, eine Klub, der nach seiner Fusion zum FC Kopenhagen heute mit einer eigenständigen Mannschaft in der sechsten dänischen Liga kickt. Und Trainer Erick Ribbeck? Der durfte bleiben und führte den FCB in der darauffolgenden Spielzeit immerhin wieder auf Rang 2.