Herkules-Aufgabe für Wicky und seine Männer
Heute das Europa League-Rückspiel auswärts gegen Sporting Lissabon, am Sonntag das Meisterschaftsspiel im Wankdorf gegen Servette und nächste Woche der Cup-Viertelfinal im Wallis gegen Sion: Die Young Boys und Trainer Raphael Wicky stehen vor wichtigen Tagen und Aufgaben.
Es ist eine Herkulesaufgabe, welche die Berner heute Abend zu lösen haben: 1:3 haben sie daheim gegen Sporting Lissabon das Hinspiel der Playoffs der K.-o.-Runde der Europa League verloren. Um weiterhin auf dem europäischen Parkett auftreten zu können, ist in Lissabon nun ein Sieg mit mindestens zwei Toren Unterschied nötig. Und dafür braucht es schon fast ein Wunder, denn die Portugiesen befinden sich in einer fabelhaften Verfassung, eilen von Sieg zu Sieg. In der nationalen Meisterschaft hat das Team von Coach Ruben Amorim zuletzt acht Siege in Serie gefeiert und im heimischen Stadion alle elf Spiele gewonnen (Torverhältnis 37:7). Unterstrichen wird die Heimstärke dadurch, dass Sporting wettbewerbsübergreifend in dieser Saison 16 von 17 Heimspielen gewonnen hat und nur in der Europa League von Atalanta Bergamo bezwungen wurde. 59:12 – so lautet das beeindruckende Torverhältnis im Stadion José Alvalade XXI.
«Klar ist es eine sehr schwierige Aufgabe», sagt Coach Raphael Wicky. «Aber wir müssen daran glauben, dass wir dieses Spiel gewinnen können, sonst hätten wir auch in Bern bleiben können.» Um die Hoffnung auf die Wende am Leben zu halten und für den Fall der Fälle bereit zu sein und eine Schwäche Sportings zu bestrafen, braucht YB eine sattelfeste Abwehr, eine effiziente Offensive und ein perfektes Spiel. «Zudem brauchen wir das nötige Glück. Und einen überragenden Torhüter, der ein paar Bälle rauskratzt», so Wicky.
Entscheidend wird auch sein, Sportings Viktor Gyökeres neutralisieren zu können. Der Schwede mit ungarischen Wurzeln hat in dieser Saison wettbewerbsübergreifend bemerkenswerte 28 Tore in 31 Partien erzielt, darunter im Hinspiel per Penalty das 2:0. Der 1,87 m grosse und 90 Kilogramm schwere Mittelstürmer erinnert mit seiner Power an den Norweger Erling Haaland, was Routinier Fabian Lustenberger (35), der heute gemeinsam mit Aurèle Amenda (20) die Innenverteidigung bildet, an der Medienkonferenz bestätigte: «Es sind beides Skandinavier. Die Postur ist ähnlich. Man hat im Hinspiel gesehen, welche Power er hat. Sein Spiel war eindrücklich. Seine Bilanz ist es auch.»
Klar ist, dass die Young Boys als Aussenseiter in dieses Spiel gehen und ein Weiterkommen ein Coup wäre. Ein nächster Erfolg im YB-Palmarès von Raphael Wicky, der in seiner ersten Saison als Cheftrainer der Berner den Doublegewinn feiern konnte. Und weitere Einträge dürften folgen. Am Sonntag empfängt YB in der Super League Verfolger Servette zum Spitzenspiel und könnte den Vorsprung auf zehn Punkt ausbauen. Es wäre die Vorentscheidung im Meisterrennen, in dem die Spannung sowieso schon überschaubar ist. Zudem sind Wicky und seine Männer auch im Cup noch mit dabei, treffen in den Viertelfinals nächste Woche auswärts auf den FC Sion.
Weitere Siege und Titel wären auch weitere Argumente für Wicky. Trotz Double und dem wohl nächsten Meistertitel wurde der Vertrag mit dem Walliser Cheftrainer noch nicht verlängert. Der Grund? Er bringe weder die Mannschaft noch die Spieler weiter, wird gemunkelt, die Spielweise der Berner sei zu wenig attraktiv. Immer wieder wird betont, dass man sich im gegenseitigen Austausch befindet, nichts überstürzt wird und man keinen Stress hat. Dies deutet darauf hin, dass die Berner und der Walliser nach dieser Saison getrennte Wege gehen werden. Was aber, wenn YB zuerst Sporting eliminieren, dann Servette bezwingen und schliesslich auch noch im Cup weiterkommen sollte? Aus den – zugegeben sehr vielen – Konjunktiven Realität wird? Affaire à suivre.