HCD in Rücklage – die Zahlen sprechen für den ZSC
Heute Abend heisst es für Rekordmeister HC Davos im sechsten Halbfinalduell gegen die ZSC Lions «do or die». Die Bündner müssen gewinnen, sonst endet nicht nur ihre Saison, sondern sind auch die Karrieren von Andres Ambühl und Marc Wieser vorbei.
Der HCD steht unter Druck. Immerhin verleiht die Tatsache Zuversicht, dass das Team von Josh Holden in der Halbfinalserie die ersten zwei Heimspiele gewonnen hat. Erfolg Nummer 3 ist nun zwingend, um sich in eine Finalissima am Samstag in Zürich zu retten. Doch aktuell scheint, dass die Titelverteidiger die Nase vorne haben und auch das Momentum auf ihrer Seite liegt. Ihre Heimspiele haben sie mehr oder weniger souverän für sich entschieden und auch in Davos waren sie jeweils nahe an einem Break dran, vergaben aber zu leichtfertig Chancen und begingen zu viele Fehler. Dennoch hat sich schon da und auch in den anderen Spielen gezeigt: Wenn der ZSC konzentriert zur Sache geht, diszipliniert spielt und aufs Gaspedal drückt, gerät der HCD in Not.
Torverhältnis, Powerplay, Effizienz und Goalie…
So sprechen auch viele Statistiken für die Lions. Ihr Torverhältnis ist in den ersten fünf Duellen mit 18:9 besser. Im Powerplay haben sie sechs Tore erzielt, die Bündner lediglich eines. Das führt auch zu einem grossen Unterschied betreffend Erfolgsquote in Überzahl: 40 Prozent bei den Lions, 9,09 Prozent bei den Steinböcken. Und auch bei den Faceoffs haben die Lions mit 57 Prozent die Nase vorne. Der ZSC hat zudem mehr Schüsse aufs gegnerische Tor abgefeuert (186 gegenüber 137), dabei auch eine bessere Effizienz (9,68% vs 6,57%) erreicht und weist mehr geblockte Schüsse auf (82 gegenüber 47).
Mit Sven Andrighetto stürmt der aktuelle Playoff-Topskorer (15 Punkte) für die Zürcher, die generell über eine enorme Kaderbreite und -tiefe verfügen. 15 Spieler haben in den aktuellen Playoffs bislang mindestens ein Tor erzielt, zu Skorerpunkten kamen gar 20 Akteure. Beim HCD gab es zehn Torschützen und 16 Skorer. Last but not least haben die Zürcher auch auf der Goalie-Position einen Vorteil: Der Davoser Sandro Aeschlimann hat im Viertel- und Halbfinal wohl durchschnittlich sehr gute 92,76 Prozent der gegnerischen Schüsse pariert, doch Simon Hrubec steht aktuell bei brillanten 95,15 Prozent und strahlt auch mehr Sicherheit aus als sein Gegenüber.
Und die Lions sind heiss, gerade auch, weil die Davoser am Dienstag kurz vor der letzten Sirene mit Gehässigkeiten provozierten, die nun als zusätzliche Motivation dienen, wie ZSC-Stürmer Willy Riedi nach dem Match sagte: «Jetzt ist fertig mit dem Scheissdreck, jetzt fahren wir nach Davos und machen den Sack zu.»
Trotz der schwierigen Situation demonstriert auch der HCD (Zweck-)Optimismus. Schliesslich geht es darum, die Karrieren der Urgesteine Andres Ambühl (41) und Marc Wieser (37), die nach dieser Saison zurücktreten und so heute Abend ihre Derniere in der National League erleben könnten, um mindestens ein Spiel zu verlängern. «Bei jedem von uns ist im Kopf, dass es am Donnerstag das letzte Spiel von Büeli sein könnte», sagt der Ur-Davoser Chris Egli. «Während des Spiels kann man es noch ausblenden. Aber jetzt müssen wir einfach den Finger aus dem Arsch nehmen, um es ins Spiel sieben zu schaffen. Denn wir wollen seine grossartige Karriere noch verlängern.» Und Verteidiger Sven Jung kommentiert die spezielle Situation folgendermassen: «Als Spieler will man die Saison sowieso mit einem Sieg beenden. Darum werden wir für Andres und Marc alles geben.»
ZSC-Captain Patrick Geering ist zwar auch voll des Lobes über seinen einstigen ZSC-Teamkollegen Andres Ambühl, mit dem er 2012 Meister wurde, und sagt: «Büeli ist noch immer ein Duracell-Hase und wird nochmals alles auf dem Eis lassen, vor heimischem Publikum sowieso. Er wird nochmals genau das tun, was ihn seit über 20 Jahren auszeichnet.» Aber Sinn für die Romantik zeigen die Titelverteidiger nicht. Oder wie Lions-Coach Marco Bayer sagt: «Wir wollen den Match und die Serie gewinnen. Jetzt haben wir zwei Matchpucks und wollen den ersten verwerten.»
Dafür braucht es nach zuletzt drei Auwärtsniederlagen in Folge (zweimal in Davos, einmal in Kloten) aber endlich wieder einen starken Auftritt in der Fremde.