HC Lugano: Passt das Puzzle wieder einmal?
Zwischen 1985 und 2006 gehörte der HC Lugano zu den absoluten Top-Teams der NL. Dann aber mutierten die Bianconeri immer mehr zum Mitläufer, verpassten zuletzt dreimal die direkte Playoff-Qualifikation. Der lange Anlauf zum nächsten grossen Wurf?
Der Staff: Ein konstanter Mix
Seit mittlerweile fünf Jahren leitet der früher Ambri- und Lugano-Topskorer Hnat Domenichelli (48) die sportlichen Geschicke in der Resega. Ihnen gemein sind sportlich durchschnittliche Resultate (4x out im Viertelfinale), jedoch grösstenteils ohne die aus den früheren Jahren gewohnten personellen Konsequenzen. Seit der Entlassung von Chris McSorley im Oktober 2022 setzt der siebenfache Schweizermeister an der Bande nämlich auf Trainer-Greenhorn und Eigengewächs Luca Gianinazzi (31), der als Spieler mit Ausnahme von vier Spielen nie in der höchsten Spielklasse Fuss fassen konnte. Als Trainer hat der ehemalige HCL-Junior bislang insofern alles richtig gemacht, als dass es ihm gelungen ist, das Vertrauen seiner Vorgesetzten zu gewinnen. Einen 10. Platz im ersten Amtsjahr (mit anschliessendem Einzug in die Viertelfinals) hätte ansonsten wohl nicht mancher Lugano-Trainer überlebt. Im dritten Jahr soll nun aber endlich ein spürbarer Sprung nach vorne gemacht werden. In Krister Cantoni (51) und Kalle Kaskinen (50) steht im ein eingespieltes und erfahrenes Duo zur Seite.
Die Legionäre: Die Suche nach der idealen Ergänzung
Für das eher enttäuschende Abschneiden im vergangenen Jahr mag es mehrere Gründe gegeben haben, an drei der insgesamt zehn Lugano-Legionäre der Spielzeit 23/24 lag es aber mit Bestimmtheit nicht: RW Michael Joly (29), LW Daniel Carr (32) und C Mark Acrobello (36) erzielten insgesamt 131 Skorerpunkte (davon 51 Tore) und trugen so entscheidend dazu bei, dass die Tessiner in der vergangenen Saison über die drittbeste Offensive verfügten. Entsprechend kehren sie diesen Winter noch einmal an den Luganersee zurück, im Schlepptau drei neue ausländische Kollegen, die dazu beitragen sollen, den offensiven Unterschiedsspielern den Rücken freizuhalten. Aufgrund ihres Werdegangs könnten Zweitrundendraft D Calle Dahlström (von Färjestad BK), der 1,98m grosse Center Radim Zohorna (von Pittsburgh) und der langjährige Lausanner Jiri Sekac dazu durchaus in der Lage sein, zusätzliche offensive Akzente nicht ausgeschlossen. Doch das dachte man im Vorjahr auch über Arttu Ruotsalainen oder Markus Granlund, ehe die beiden finnischen Stürmer die Erwartungen - auch verletzungsbedingt – nicht erfüllen konnten. Ob der Mix in diesem Jahr besser passt?
Die Transfers: Weniger ist mehr
Es gab Zeiten, da wirbelte der HC Lugano in der Sommerpause den Transfermarkt gehörig durcheinander, lockte talentierte Spieler mit gut dotierten Verträgen durch den Gotthard-Tunnel oder über den Atlantik. Letzteres ist auch heute noch so, allerdings gehen Domenichelli und Co. bei der Auswahl der Spieler zumindest in diesem Sommer deutlich selektiver vor. «Klasse anstatt Masse» lautet das Motto, getreu dem mit Torhüter Joren van Potelberghe (27, von Biel)) und Verteidiger David Aebischer (23, von Rappi) auf nationaler Ebene einzig zwei Cracks aus dem Umfeld der Nationalmannschaft verpflichtet wurden. Gemeinsam mit den neuen Legionären Dahlström, Zohorna und Sekac sollen sie die bislang fehlenden Mosaiksteinchen im noch unvollendeten Lugano-Puzzle sein, dass mit Liga-Topskorer Calvin Thürkauf (zuletzt 28 Tore und 60 Punkte), Luca Fazzini (29), Santeri Alatolo (34) und Mirco Müller (29) über weitere überdurchschnittliche Leistungsträger verfügt. An Talent und Erfahrung wird es den Bianconeri in dieser Saison – und trotz dem Rücktritt von Julian Walker - mit Sicherheit nicht fehlen.
Prognose
Sechs Jahre ist es mittlerweile her, seit der HC Lugano als Vizemeister zuletzt eine dominante Rolle im Schweizer Eishockey einnehmen konnte. Ist die Zeit in dieser Saison endlich wieder einmal reif? Auf dem Papier verfügen die Tessiner speziell in der Offensive über einen Kader, der durchaus zu Höherem als dem fünften Viertelfinal-Aus in Folge berufen sein könnte. Die Frage ist, ob sich die Bianconeri auch in der Abwehr entsprechend steigern können. Zumindest auf dem Papier wurden die richtigen Schlüsse aus der letzten, defensiv schwachen Saison gezogen, in der der HCL mit 151 am neuntmeisten Gegentore erhielt. Van Potelberghe, Aebischer, Dahlström und auch Zohorna sollen in erster Linie die Tessiner Verteidigungsreihen stärken und für mehr Stabilität sorgen. Gelingt dies, ist ein Rang unter den Top 6 im Bereich des Möglichen.