Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne, woran Trainer Vincent Kompany beim FC Bayern arbeiten muss. Der Sky Experte zeigt sich weiterhin angetan von der Entwicklung beim Rekordmeister.
Auch wenn die Ergebnisse bei Aston Villa (0:1) und in Frankfurt (3:3) nicht das waren, was man sich erhofft hatte, haben beide Spiele meinen positiven Eindruck von der Spielweise des FC Bayern bestätigt. Was noch fehlt, ist die Balance zwischen Offensive und Defensive.
Wie kann ich vorne weiter Spektakel bieten und hinten kompakter stehen? Das ist die Frage, die Trainer Vincent Kompany beantworten muss. Ballverluste passieren, aber wenn die Gegner es schaffen, schnell vertikal in die Tiefe zu spielen, dann gibt es Probleme.
Kalkuliertes Risiko
Dieses Risiko musst du einkalkulieren, wenn du mit sechs Mann vorne drauf gehst und die Aussenverteidiger offensiv stehen. Dann müssen beiden Innenverteidiger häufig in Eins-gegen-eins-Duelle gehen, wenn die Gegner mit zwei Spitzen spielen.
In Birmingham und Frankfurt war auffällig, dass beide auch einfach mal unkontrolliert nach vorne gespielt haben, die Bälle flach zehn bis 15 Meter hinter die Mittellinie platziert haben, um dann mit Geschwindigkeit in Laufduelle zu kommen.
Tiefe Pässe und mangelnde Chancenverwertung
In Birmingham hatte Upamecano zweimal Glück, dass er nicht Gelb gesehen oder sogar einen Platzverweis kassiert hat. Ich sage nicht, dass Upamecano oder Kim langsam wären, aber sie werden durch den offensiven Spielstil immer wieder in Laufduelle verwickelt.
Den Gegnern eröffnen sich Räume und bei tiefen Pässen wird es gefährlich. Das ist das grösste Problem, das Bayern München momentan hat.
Das zweite Manko ist die Chancenverwertung. Wenn du dem Gegner kaum Zeit zum Atmen lässt, wie es in den ersten 25 Minuten in Frankfurt war, dann musst du auch vorne deine Chancen reinmachen.
"Mit diesem Spielstil kann man ganz Grosses erreichen"
Man muss vorne noch konzentrierter zu Werke gehen. Wenn die Mannschaft im Abschluss konsequenter und kaltschnäuziger wäre, würde es ja passen. Aber alles auf einmal perfekt zu gestalten, gelingt eben nicht gleich am Anfang.
Ich glaube, es ist einkalkuliert, dass es Niederlagen und Punktverluste geben kann. Aber wenn man an diesem Spielstil festhält, kann man auch ganz Grosses erreichen.
"Duellen wie gegen Barca fiebert man als Profi entgegen"
Nach der Länderspielpause heissen die nächsten Gegner Stuttgart und Barcelona. Als FCB-Profi fiebert man solchen Duellen entgegen. Dafür trainiert man, in diesen Partien opfert man sich auf.
Es kommen Herausforderungen auf die Mannschaft zu, die kein Zuckerschlecken sind, aber es sind Aufgaben, die ein Verein wie Bayern München mit diesem Trainer, mit diesen Spielern, mit diesen Namen im Endeffekt erledigen muss. Das ist die DNA, die Bayern München ausmacht.
Matthäus lobt Bayern: Das Gesamtgebilde gefällt mir
Zwei Jahre lang habe ich Fussball gesehen, der nicht Bayern-like war. Damals wurde die Mannschaft nach Niederlagen oder Unentschieden nicht von den Verantwortlichen gelobt. Jetzt wird sie gelobt, weil sie attraktiv spielt, weil es wieder Freude macht, dem FC Bayern zuzuschauen.
Der FC Bayern steht nämlich nicht nur für Erfolg, sondern auch für Unterhaltung, Attraktion, Freude und Spass. Das merkt man den Spielern an und ich glaube, das ist sogar ein grösserer Gewinn, als wenn man einmal unentschieden gespielt hätte und ein anderes Mal gewonnen hätte.
Mir geht es nicht um einzelne Ergebnisse, sondern um das Gesamtgebilde. Und dieses Gesamtgebilde gefällt mir.