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Gefangen im Teufelskreis

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Das Weltmeister-Team Red Bull kämpft in der Formel 1 an ungewohnter Front. Der Weg zurück in die Erfolgsspur ist beschwerlich.

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Max Verstappen (rechts/im Gespräch mit Teamchef Christian Horner) will wieder Rennen gewinnen © KEYSTONE/EPA/Daniel Dal Zennaro

Es muss schnell gehen. Die Zeit drängt. Es steht viel, vielleicht alles auf dem Spiel. Bei Red Bull versuchen sie unter Hochdruck, der Misere der vergangenen Monate Herr zu werden, das Rad nochmals herumzudrehen. Nach sechs Grands Prix ohne Sieg macht sich eine Mischung aus Hoffnung, Verunsicherung und Verzweiflung breit. Die unerfreuliche Entwicklung wiegt umso schwerer, zumal es die Verantwortlichen des Teams McLaren gleichzeitig geschafft haben, sich vom Aussenseiter zur neuen Nummer 1 in der Formel 1 hochzuarbeiten.

Es ist eine schwierige Situation, in die sich die einstigen Dominatoren manövriert haben. Die Zeit drängt, obwohl der ganze Prozess, dank dem die Roten Bullen wieder in die Spur finden wollen, Zeit in Anspruch nimmt. Am Ursprung der misslichen Lage steht das Auto beziehungsweise dessen Fahrverhalten. Angedachte Verbesserungen am RB20 vor den Grands Prix von Japan, der Emilia Romagna, Spanien und der Niederlande haben ins Leere geführt, haben aus dem besten Wagen der ersten Saisonphase ein unberechenbares Gefährt gemacht. "Wir haben ein Fahrzeug geschaffen, das überaus sensibel auf kleinste Veränderungen reagiert", sagt Motorsport-Berater Helmut Marko.

Der Gedanke daran, ob der zurückgetretene Chef-Designer Adrian Newey den Absturz hätte verhindern können, erübrigt sich für Marko. "Er war schon im Frühling nicht mehr in alle Einzelheiten der Fahrzeugentwicklung involviert." Auffällig sind die Rückschritte gleichwohl in einer Zeit, in der neben Newey mit Dan Fallows, Rob Marshall und Jonathan Wheatley wichtige Pfeiler im Erfolgskonstrukt das Team verlassen haben beziehungsweise verlassen werden. Fallows, der einstige Leiter der Aerodynamik-Abteilung, ist jetzt für Aston Martin tätig, Marshall, der den Rennstall zusammen mit Marko aufgebaut hat, ist nach 17 Jahren in Diensten von Red Bull zu Rivale McLaren weitergezogen. Sportdirektor Wheatley verabschiedet sich Ende Saison und amtet ab kommendem Sommer bei der Equipe Audi/Sauber als Teamchef.

Die Ausgewogenheit des Autos, die Balance, funktioniert nicht mehr. "Dies wiederum führt zu erhöhtem Reifenverschleiss", ergänzt Marko. Teamchef Christian Horner nennt es einen Teufelskreis, in den die Equipe geraten ist. Die Schwierigkeit sei, dass die Behebung eines Problems in anderen Bereichen neue Probleme mit sich bringen würde.

Dazu gesellt sich die Frage, wo am Auto der Hebel anzusetzen ist. Die Suche nach dem Zeitpunkt, an dem die Entwicklungsarbeit in die falsche Richtung gelaufen ist, gestaltet sich schwierig bei den vielen neuen Teilen, die vorab bei den vier grossen Umbauten am Auto angebracht worden sind. Marko sieht den Rückbau als Lösungsansatz. "Dann hoffen wir, dass wir den Punkt finden, an dem das Auto im Gleichgewicht war. Wenn wir das schaffen, wird auch das Verhalten des Wagens wieder kalkulierbar."

Die Zeit drängt auch, um Verstappen bei Laune und - auf längere Sicht - auch im Team zu halten. Für den Niederländer hat sich das Auto in "ein Monster" verwandelt, mit dem er nicht nur den Titel in der Team-, sondern auch in der Fahrerwertung in grosser Gefahr sieht. In der Rangliste der Konstrukteure ist die Equipe von McLaren bis auf 8 Punkte herangerückt, im Fahrer-Klassement gibt sein Vorsprung von 62 Punkten für Verstappen als Führenden ein trügerisches Bild ab.

Verstappens Bedenken sind nicht unbegründet. Bei acht ausstehenden Grand-Prix-Wochenenden hat es sein erster Verfolger, Lando Norris im McLaren, noch selber in der Hand, Weltmeister zu werden. Dafür müsste aber ab jetzt alles, wirklich alles für den Briten laufen. Im allerbesten Fall kann Norris 67 Punkte mehr holen als Verstappen - auch dann, wenn der Titelhalter in jedem Rennen Zweiter werden sollte. Das Optimum erreicht Norris mit Siegen und bester Rundenzeit in allen acht Grands Prix und mit drei ersten Plätzen in den Sprintprüfungen im Rahmen der Grossen Preise der USA, von Brasilien und von Katar. Ein eher unwahrscheinliches Szenario.

Allerdings ist auch davon auszugehen, dass auch eine geringere Erfolgsquote Norris zum ersten Titelgewinn reichen könnte. Die im Verlauf der letzten Monate gewachsene Breite an der Spitze in der Formel-1-Hierarchie dürfte den Kampf um die WM-Krone beeinflussen. Hinter dem neuen Primus McLaren bewegen sich die Teams Mercedes und Ferrari auf Augenhöhe mit Red Bull. Deren Fahrer sind also in der Lage, sich vor Verstappen zu klassieren.

Verstappen hat seine Vorgabe zuletzt Schadensbegrenzung genannt. Die Erkenntnis, nicht zum Siegen befähigt zu sein, schmerzt einen wie ihn selbstredend sehr. "Das Ganze bringt mich nicht weiter. Ich will wieder Rennen gewinnen." Es tönt nach Aufforderung an die Techniker bei seinem Arbeitgeber. Auch deshalb drängt an der Basis in der englischen Planstadt Milton Keynes die Zeit.

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