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Fassnacht will seiner YB-Geschichte ein schönes Kapitel hinzufügen

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Christian Fassnacht ist nach seiner Rückkehr zum Leistungsträger geworden und hat YB zurück in den Titelkampf geschossen. Der 31-Jährige geniesst das gewohnte Umfeld, hat aber auch hohe Ambitionen.

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Christian Fassnacht hat bei YB einen Lauf mit fünf Toren aus vier Spielen © KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Als Christian Fassnacht den Ball über die Linie gedrückt hat, rennt er los. Er klettert am Zaun des Gästesektors hoch und jubelt mit den YB-Fans über dieses 2:1 im Basler St. Jakob-Park. Sein zweiter Treffer an diesem Nachmittag beschert den Young Boys einen eminent wichtigen Sieg, denn die drei Punkte beim Leader hieven die Berner definitiv zurück in den Kampf um die Meisterschaft.

Ein knapper Monat ist seit diesem Ausbruch der Emotionen vergangen, und Fassnacht hat es wieder und wieder getan. Auch bei den beiden 1:0-Erfolgen gegen St. Gallen und bei Servette ist er der Siegtorschütze, dank dem YB zwischenzeitlich bis auf drei Punkte an die Tabellenspitze der Super League heranrückt. Auch am letzten Wochenende gegen Yverdon trifft Fassnacht, diesmal rettet sein fünftes Tor in den letzten vier Partien den Bernern beim 1:1 aber lediglich einen Punkt.

Am Donnerstagmorgen sitzt Fassnacht auf der YB-Geschäftsstelle und schaut bei einem Espresso auf seinen momentanen Lauf zurück. "Für mich sind es unglaublich schöne Momente, wenn ich mit einem Tor der Mannschaft zum Sieg verhelfen kann, aber ich freue mich dann auch, wenn wieder andere Spieler treffen", sagt der 31-Jährige.

Es ist ein Satz, der ein erstes Mal erahnen lässt, was für ein Fussballer Christian Fassnacht ist. Er ist ein Teamplayer, der sich mit viel Einsatz immer in den Dienst der Mannschaft stellt. Und er ist ein Mensch, dem das Mannschaftsgefüge am Herzen liegt, dem es wichtig ist, dass die Spieler gerne zur Arbeit kommen, dass die Kabine ein Ort ist, wo man sich wohl fühlt, wo zwischenmenschliche Beziehungen mindestens ebenso wichtig sind wie die Diskussion über neue Eckballvarianten.

Neben Fassnachts fussballerischen Qualitäten sind es genau diese Attribute, welche die sportliche Führung der Young Boys um Christoph Spycher und Steve von Bergen nach der unbefriedigenden ersten Saisonhälfte an eine Rückkehr ihres verdienstvollen Spielers denken liessen, nachdem sich dieser vor anderthalb Jahren mit dem Wechsel zu Norwich in die zweithöchste englische Liga den lang gehegten Traum vom Auslandabenteuer erfüllt hatte.

Im Osten Englands erlebte Fassnacht einen verheissungsvollen Start, gehörte unter dem früheren YB-Trainer David Wagner meist zum Stammpersonal und erzielte gleich in seinem ersten Spiel für die "Canaries" ein Tor. Doch nach einigen Verletzungen, der Entlassung Wagners und Wechseln in der sportlichen Führung spielte der Mittelfeldspieler auf der Insel nach 50 Partien mit sechs Toren und drei Vorlagen bald einmal keine Rolle mehr.

Irgendwann habe er sich einfach nicht mehr wohlgefühlt, sagt Fassnacht und nimmt einen Schluck Espresso. "Aber ich würde es heute noch einmal genau gleich machen." Weil ihn die Erfahrungen in Norwich als Fussballer, aber auch als Mensch sehr geprägt und weitergebracht hätten. Weil er gemerkt habe, welche Werte ihm wichtig seien, damit er auf dem Fussballfeld seine Bestleistung abrufen kann. "Ich brauche ein Zugehörigkeitsgefühl", sagt Fassnacht. "Ich brauche diese Freundschaften. Wenn mir das fehlt, ist es schwieriger, Höchstleistungen zu bringen."

Fassnacht arbeitet seit einiger Zeit mit einem Mentaltrainer zusammen, weil er gemerkt hat, welche entscheidende Rolle das mentale Wohlbefinden für einen Sportler hat. Er spricht von Freundschaften, die in Bern über viele Jahre gewachsen sind und auch dann gepflegt wurden, wenn er in Norwich in seiner Wohnung sass. Erst aus der Ferne habe er realisiert, was er sich in Bern in seinen sechs Jahren bei YB aufgebaut habe. Die zahlreichen Menschen, die er ins Herz geschlossen hat, die aber auch ihn ins Herz geschlossen haben. Irgendwann habe er gedacht: "Es war schon wahnsinnig schön, was ich bei YB hatte."

Und so muss Fassnacht eben auch nicht lang überlegen, als sich von Bergen und Spycher um eine Rückkehr bemühen. Er betont, dass er jedoch nicht zurückgekommen sei, um seine Karriere gemütlich ausklingen zu lassen. Fassnacht kennt die Young Boys als fünffacher Meister und zweifacher Cupsieger quasi nur als unangefochtener Krösus im Schweizer Fussball, und würde nur die "Fassnacht-Tabelle" zählen, stünde YB mit acht Siegen und einem Unentschieden aus elf Spielen wohl wieder ganz oben.

So aber rennen die Berner seit dem desolaten Saisonstart mit nur einem Sieg aus den ersten neun Spielen von Beginn an der Konkurrenz hinterher. "Wenn du am Aufholen bist, fallen Ausrutscher wie bei GC, in Winterthur oder jetzt gegen Yverdon mehr ins Gewicht", sagt Fassnacht. Früher, als YB meist mit Vorsprung von der Tabellenspitze aus habe agieren können, habe ein Punktverlust weniger Folgen gehabt.

Auch wenn die Young Boys fünf Punkte hinter dem FC Basel liegen und bei einer Direktbegegnung entsprechend auf Schützenhilfe der Konkurrenz angewiesen sind, wird im Gespräch mit Fassnacht offensichtlich, dass er nach wie vor daran glaubt, mit YB in diesem Jahr Titel gewinnen zu können. Im Cup, aber eben auch in der Meisterschaft, wo das Team phasenweise mit 14 Punkten Rückstand auf die Spitze am Tabellenende lag. "Logisch liebäugelst du auch mit dem Titel, wenn du so viel aufgeholt hast", sagt Fassnacht, der sich auch schon überlegt hat, wo er seine sechste Meisterschaft in seinem persönlichen Palmarès einordnen würde, sollte es den Bernern in den verbleibenden sieben Partien tatsächlich gelingen, den 18. Meistertitel der Vereinshistorie zu gewinnen.

Nach dem historischen Titelgewinn 2018, der in Bern eine Durststrecke von 32 Jahren beendete, käme der Titel 2025 gleich dahinter. Weil Fassnacht mitbekommen hat, wie seine Teamkollegen phasenweise am Boden gewesen sind in dieser Saison und wohl kaum jemand daran geglaubt hätte, dass es in Bern in diesem Jahr doch etwas zu feiern geben könnte.

"Ich möchte ein schönes Kapitel zu meiner YB-Geschichte hinzufügen", sagt Fassnacht, der neben den Zielen mit dem Team sich auch persönliche Marken in den Kopf gesetzt hat. Zwölf Tore in einer Super-League-Saison sind ihm noch nie gelungen. Dank seinem aktuellen Lauf mit fünf Toren aus vier Spielen, der ihm zuletzt vor über zehn Jahren im Amateurbereich bei Thalwil und Tuggen gelungen ist, steht er seit seiner Rückkehr schon bei sieben Treffern. Zudem würde er gern die Marke von 100 Toren für die Young Boys erreichen und damit zum fünftbesten Torschützen in der Vereinsgeschichte aufsteigen. Momentan steht er bei 82. "Vielleicht ist es ein bisschen sportlich", sagt Fassnacht. "Aber es wäre ein schöner Meilenstein."

Wer sieht, wie "pudelwohl" es ihm zurück in der Heimat ist, wie es Christian Fassnacht selbst sagt, zweifelt kaum daran, dass er diesen erreichen wird.

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