Wegweisende «Zürcher Tage» für Gottéron
Die Sehnsucht nach dem ersten Meistertitel von Gottéron ist in Fribourg gross. Nach der starken letzten Regular Season mit Rang 2 und trotz des Halbfinal-Outs gegen Lausanne sind die Erwartungen hoch. Nun bleiben die Resultate aber aus – und müssen die Freiburger in ihren «Zürcher Tagen» reagieren.
Anspruch und Wirklichkeit liegen weit auseinander. Auf dem Papier ist Fribourg-Gottéron ein Spitzenteam, das die direkte Playoff-Qualifikation problemlos schaffen müsste. Doch auf dem Eis wird das Team den Erwartungen nicht einmal ansatzweise gerecht. Was sich auch bei einem Blick in die Statistik zeigt.
In den ersten 17 Spielen hat Gottéron durchschnittlich 1,235 Punkte pro Spiel gewonnen – in der gesamten Regular Season 2023/24 waren es noch 1,962 Punkte. Gross ist auch der Unterschied bei den Toren: Durchschnittlich 2,29 erzielte Treffer pro Match ergeben im Liga-Ranking Rang 11, nachdem in der Qualifikation der letzten Saison die Gottéron-Offensive mit 3,37 Toren noch die produktivste der ganzen National League gewesen war. Aber auch die Defensive hat nachgelassen: Im Schnitt 2,38 Gegentreffer in der letzten Saison (Rang 2) stehen nun 2,82 gegenüber, was für Rang 9 reicht.
Schlechte Special Teams
Mögliche Erklärungen für diesen Niedergang gibt es mehrere, angefangen bei Goalie Reto Berra, dessen Quote gehaltener Schüsse von 92,85 auf 90,43 gesunken ist, wobei man fairerweise sagen muss, dass ein Torhüter immer auch shr stark von seiner Mannschaft abhängig ist. Die Leistungen in den Special Teams sind markant schlechter: Im Powerplay beträgt die Erfolgsquote nur noch 14,58 Prozent (Rang 13) statt 24,42 Prozent (Liga-Topwert), im Penaltykilling ist die Erfolgsquote von 83,33 Prozent (Rang 3) auf 80,39 Prozent (Rang 7) gesunken.
Auffallend ist zudem, dass die Importspieler weit weniger gefährlich sind als letzte Saison. Aktuell erzielen sie 46,55 Prozent der Treffer (8. Platz in der National League), in der letzten Regular Season waren es noch 52,33 Prozent (Rang 3). Die Produktivität ist bei jedem Söldner gesunken. Bei Marcus Sörensen, letzte Saison noch Ligatopskorer, von 1,21 Skorerpunkten pro Spiel auf 0,88 Punkte, bei Lucas Wallmark von 0,96 auf 0,68, bei Jacob De la Rose von 0,61 auf 0,53, bei Ryan Gunderson von 0,76 auf 0,47, bei Andreas Borgman von 0,49 auf 0,12 und bei Chris DiDomenico von 0,79 auf 0,56.
DiDomenico war ein bekennender Anhänger von Christian Dubé, der in Fribourg gehen musste und ab der Saison 2025/26 durch den Schweden Roger Rönnberg ersetzt wird. Unter Interimstrainer Patrick Émond fühlte sich der heissblütige Kanadier nicht wohl, soll dies teamintern auch mehr oder weniger offen gezeigt haben – und wechselte nun von Fribourg im Tausch mit dem Schweden Jakob Lilja zum HC Ambrì-Piotta. Es würde wohl niemand erstaunen, wenn DiDo in der Leventina wieder durchstarten wird.
Keine Heimmacht
Statt an der Spitze mitzumischen, turnen die Freiburger am Strich herum, kommen einfach nicht auf Touren. Erst einmal in dieser Saison gab es zwei Siege in Folge – am 19. Oktober gegen Lugano (4:0) und drei Tage später gegen Ajoie (3:1). Bemerkenswert ist auch, dass das Team von Patrick Émond in der heimischen BCF Arena, eigentlich ein Hexenkessel, nicht auf Touren kommt. Neun Spiele, 15 Punkte und ein Schnitt von 1,667 Punkten bedeutet ligaweit nur gerade Rang 11; in der Regular Season 2023/24 war Fribourg daheim noch eine Macht gewesen, eroberte im Schnitt 2,154 Punkte (Rang 3 hinter Lausanne und den ZSC Lions).
Nach dem Sieg am Dienstag in Biel soll nun der richtig Turnaround folgen. Wobei dies mit den Spielen am Donnerstag daheim gegen Kloten und am Samstag auswärts gegen die ZSC Lions nicht einfach wird. «Wir müssen das Spiel genauso angehen, wie wir es in Biel getan haben. Wir haben eine gute Phase und spielen viel besser, wir wollen uns voll reinhängen», sagt Übungsleiter Patrick Émond. Wobei die Kraftreserven beim überalterten Kader Gottérons – der Durchschnitt von 28,25 Jahren ist hinter Ajoie (28,77) der zweithöchste der Liga – ein Thema sein könnten: Seit Mitte September hatte Gottéron noch nie an einem Dienstag frei, was körperlich und mental anstrengend und fordernd ist.
Dennoch herrscht Optimismus vor. Verteidiger Maximilian Streule sagte nun gegenüber den «Freiburger Nachrichten», der Sieg in Biel sei «mega wichtig gewesen». Und: «Seit zwei Wochen spielen wir gutes Eishockey, haben viele Schüsse, viele Chancen. Das Glück wollte einfach nicht auf unsere Seite fallen, entsprechend wichtig sind diese Punkte, sie tun uns sehr gut.» Kloten habe mit Ludovic Waeber einen super Goalie, hinzu kämen starke, technisch sehr gute Importspieler. «Es ist eine individuell gut besetzte Mannschaft, da müssen wir aufpassen. Wir dürfen Kloten auf keinen Fall unterschätzen, sondern müssen so unser Eishockey durchziehen, dass Kloten keinen Stich hat, ins Spiel zu kommen.»
Dass die Qualität vorhanden ist, um in diesen Zürcher Tagen zu punkten, hat sich trotz der schwachen bisherigen Saison schon gezeigt – am 28. September fügte Gottéron den ZSC Lions (damals ohne Denis Malgin und Sven Andrighetto) die bislang einzige Saisonniederlage nach der regulären Spielzeit zu.
Zwei Erfolge und damit erstmals in dieser Saison drei Siege in Serie wären nun äusserst wertvoll und beruhigend. Auch für Coach Émond. Denn nach dem Spiel in Zürich folgt die fast zweiwöchige Nati-Pause. Und die ist bei kriselnden Klubs bekanntlich ein idealer Zeitpunkt, um den Coach auszuwechseln und so zu versuchen, den Weg aus der Negativspirale zu finden.