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Ein Sieger unter Beobachtung

Andy

In den letzten Monaten wurde Murat Yakin vielerorts kritisch beäugt. Auch an der EM in Deutschland steht er jetzt wohl unter Beobachtung, wenn auch aus einem anderen Grund. Denn der Schweizer Nati-Trainer war an der EM bislang einer der grossen Gewinner.

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Murat Yakin kann sich feiern lassen... © KEYSTONE/PEter Klaunzer

Auch wenn das Ticket nach Deutschland gelöst werden konnte: Die EM-Qualifikation verlief für die Schweizer Nati enttäuschend. Die Kritik war teilweise massiv, Trainer Yakin wurde angezweifelt und in Frage gestellt. Zumal auch Spannungen mit Captain und Leithammel Granit Xhaka spürbar waren. Entsprechend waren im Vorfeld dieser EM die Erwartungen der Fans bescheidener als in vergangenen Jahren.

Dass die Fussballer es den Eishockey-Profis, die an der WM zu Silber gestürmt waren, gleichtun, begeistern und eine Euphorie auslösen? Es schien undenkbar. Und wurde nun doch Realität. Nach dem Sieg gegen Ungarn, dem Remis gegen Schottland und dem Fast-Sieg gegen Gastgeber Deutschland erreichten die Schweizer souverän den Achtelfinal, wo sie am Samstag auf Italien treffen – und sicher nicht chancenlos sind.

Einer der entscheidenden Faktoren dieses Höhenflugs: Trainer Murat Yakin, zuletzt noch oft gescholten, nun mit Lob überhäuft. Er traf, in Absprache mit seinem Assistenten Giorgio Contini, mehrere mutige Entscheide – und wurde belohnt.

Die Überraschung, teilweise vielleicht gar das Entsetzen, war gross, als Yakin im Startspiel gegen Ungarn Kwadwo Duah und Michel Aebischer von Beginn an einsetzte und Xherdan Shaqiri und Zeki Amdouni draussen liess. Es war ein unerwarteter Entscheid. Und rückblickend ein richtiger. Duah erzielte, auf Pass von Aebischer, das 1:0, und der Freiburger war danach mit einem herrlichen Schlenzer für das 2:0 verantwortlich.

Das entscheidende 3:1 erzielte gegen die Ungarn dann Breel Embolo, an dem Yakin festhielt, obwohl der Stürmer zuerst wegen eines Kreuzbandrisses monatelang pausieren musste, dann mit muskulären Problemen ausfiel und zuletzt auch neben dem Platz für Schlagzeilen gesorgt hatte. Dass Yakin den Basler überhaupt an die EM mitnahm, wurde nicht überall verstanden, war rückblickend aber richtig.

Xherdan Shaqiri schmorte gegen die Ungarn 90 Minuten auf der Bank, war einer der Verlierer. Und kehrte gegen Schottland ins Rampenlicht zurück, wurde statt Duah eingesetzt. Auch dieser Entscheid erwies sich rückblickend als goldrichtig. Denn «Shaq», dieser geniale Fussballer, rettete mit einem Traumtor mit seinem Zauberfuss der Schweiz einen Punkt und schoss sie so quasi in den Achtelfinal.

Am Sonntag gegen die Deutschen musste Shaqiri wieder auf der Bank Platz nehmen, stattdessen bekam Fabian Rieder eine Chance in der Startelf. Jener Rieder, der in der Ligue 1 bei Rennes eine Saison zum Vergessen erlebt hatte und dessen EM-Nominierung keinesfalls selbstverständlich war. Es war der nächste Schachzug von Yakin, der voll und ganz aufging. Denn Rieder glänzte durch Einsatz, Laufbereitschaft und Hartnäckigkeit.

Murat Yakin hat in diesen Tagen in Deutschland einmal mehr gezeigt, dass er konsequent seinen Weg geht und seine Ideen verfolgt. Dass er ein Taktikfuchs ist, über enormes Gespür verfügt Über Qualitäten, die man nicht lernen kann. Dass er über diesen Sport wohl schon mehr vergessen hat, als andere je wussten.

Mit seinen Entscheiden hat sich Yakin grosse Akzeptanz geschaffen oder zurückgeholt. Dies sicher auch in der Mannschaft, die in diesen Tagen in Deutschland einen ähnlich verschworenen Eindruck macht wie die Hockey-Nati in Tschechien. Die als Team den Erfolg anstrebt und nicht in Ego-AG’s aufs persönliche Wohl schaut. Die Dissonanzen aus der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Natürlich, es ist eine Momentaufnahme und mit den Achtelfinals wurde bislang erst das Minimalziel erreicht. Mehr nicht. Dennoch ist Murat Yakin bereits jetzt einer der Sieger. Schon werden Forderungen laut, dass sein Vertrag so schnell wie möglich verlängert werden sollte. Das ist nachvollziehbar. Fraglich ist allerdings, ob Yakin überhaupt verlängern will. Denn an dieser EM betreibt er beste Werbung in eigener Sache. Und wird auf dieser grossen Bühne doch längst von Klubs beobachtet. Zuletzt hatte Yakin auf die Frage nach dem Reiz der Bundesliga vielsagend geantwortet: «Ich fokussiere mich voll auf die Nationalmannschaft. Aber klar: Wenn man als Spieler schon einmal in der Bundesliga war, dann ist der Reiz da. Die Bundesliga ist schon genial. Fast jedes Spiel ist ausverkauft. Tolle Vereine und Fans. Das möchte man sicher irgendwann erleben.»

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