Ein Leben im Augenblick
Die Perfektionistin Fanny Smith sieht noch kein Karriereende. Die Gewinnerin von drei WM-Titeln und vier Kristallkugeln möchte jeden Sieg geniessen und lebt im Moment.
"Die Leidenschaft ist immer noch da, die Lust auch. Also sehe ich noch kein Verfallsdatum", sagt die auf eine äussert erfolgreiche Saison zurückblickende Fanny Smith im Gespräch mit Keystone-SDA und lacht. Nach den beiden WM-Titeln im Engadin im Einzel und Team gewann die 32-jährige Romande vergangene Woche zum vierten Mal nach 2013, 2019 und 2021 den Gesamtweltcup.
Nach einer schwierigen, durch Verletzungen geprägten letzten Saison ohne einen einzigen Sieg fand Fanny Smith in diesem Winter wieder zu alter Stärke zurück. Sie geniesst die Erfolge, doch die Jagd nach Rekorden sagt ihr nichts. "Das ist überhaupt nicht das, was mir wichtig ist. Ich will bei jedem Rennen, an dem ich an den Start gehe, eine gute Leistung bringen. Es ist all die Arbeit und all die Energie, die ich investiert habe, die mich dahin gebracht haben, wo ich jetzt bin."
Das Schönste für sie, und das, was sie immer noch motiviere, sei die ständige Herausforderung, bei jedem Wettkampf ihr Bestes zu geben und sich selbst zu übertreffen. "Meine Konkurrenz bin ich selbst, und das spornt mich zu Höchstleistungen an", erzählt Fanny Smith. Mit 35 Weltcupsiegen fehlen ihr noch vier zum Rekord der Schwedin Sandra Näslund, während sie mit ihren vier gewonnenen Kristallkugeln in respektabler Distanz zur Rekordhalterin Ophelia David (7) bleibt.
Fanny Smith lebt im Hier und Jetzt, zu weit in die Zukunft blicken, mag sie nicht: "Um Leistung zu bringen, muss ich im Moment sein. Das ist mir wichtig." Momente der Freude gab es zuletzt zuhauf. Doch grosse Partys sind ihr fremd. "Es gab diese jugendliche Unbeschwertheit, als ich 2013 mit 21 Jahren meinen ersten WM-Titel gewann", erklärt sie. "Und jetzt ist es die Tatsache, dass ich immer auf der Suche nach Perfektion bin, nach den kleinen Details, die den Unterschied machen, die diese Freude mit sich bringt."
Nach der Heim-WM im Februar steht mit den Olympischen Spielen in Mailand/Cortina in elf Monaten ein weiteres Grossereignis bevor. Es werden ihre fünften Winterspiele sein. 2010 wurde Fanny Smith Siebte, 2014 Achte, 2018 und 2022 holte sie Bronze. Nun verfolgt die Westschweizerin ein klares Ziel: "Für mich wäre ein Olympiasieg das Sahnehäubchen auf meiner Karriere. Aber am Ende wäre es vor allem ein Bonus."
Für ihre Zukunft wünscht sie sich nur eines: "Gesundheit". Sie ist die einzige Skicross-Athletin, die an den letzten sieben Weltmeisterschaften eine Medaille gewonnen hat. Das Wort "stolz" meidet sie jedoch. "Ich würde es nicht als Stolz bezeichnen, sondern eher als Freude. Denn konstant abzuliefern, ist das Schwierigste an einer Karriere. Ein Rennen zu gewinnen, das kann, in Anführungszeichen, fast jeder. Aber an der Spitze zu stehen und zu bleiben, erfordert enorm viel Engagement und Arbeit", betont sie.