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Ein Heidenheimer Duo rockt die Bundesliga

Andy

Am Freitagabend empfangen Borussia Dortmund und Gregor Kobel den aktuellen Leader der Bundesliga. Nein, weder Bayer noch die Bayern, sondern den 1. FC Heidenheim, bei dem zwei Personen massgeblichen Anteil am Erfolg haben: Trainer Frank Schmidt und Jungstar Paul Wanner.

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Frank Schmidt und Paul Wanner sind massgeblich am Erfolg des 1. FC Heidenheim beteiligt. © IMAGO / Sportfoto Rudel

Es sind zwar erst zwei Runden gespielt, bemerkenswert ist die Tabelle aber dennoch. Nach einem Sieg auswärts gegen St. Pauli (2:0) und einem 4:0 daheim gegen Augsburg führt Heidenheim dank der bessern Tordifferenz die Liga vor den Bayern an. Dazum kommen Siege im Pokal gegen Villingen sowie in der Qualifikation zur Conference League gegen den schwedischen Vertreter Häcken, womit der Sprung in die Ligaphase gelungen ist, wo es unter anderem zu Duellen mit dem FC Chelsea (28. November) und dem FC St. Gallen (19. Dezember) kommt. Es sind weitere Ausrufezeichen des Klubs, der schon in der letzten Saison überrascht hatte, als er als Aufsteiger in seinem ersten Jahr in der Bundesliga überhaupt auf Rang 8 gestürmt war.

Nun geht der Höhenflug zumindest vorläufig weiter, reist Heidenheim als Leader nach Dortmund. «Nach zwei Spieltagen schaue ich in der Tabelle nicht auf die Platzierung, sondern auf die Punkte. Da haben wir schon sechs. 15 Prozent der 40 Punkte für den Klassenerhalt», sagte nun Trainer Frank Schmidt, der Baumeister des Erfolges. Er sei ein grenzenloser Optimist, aber auch Realist: «Ziel ist der Klassenerhalt».

«Wir mögen es nicht, wenn einer den grossen Max spielt»

Am Freitag ist er 6205 Tage bei den Heidenheimern im Amt. 2007 hatte er die Mannschaft als Oberligist (damals 4. Liga) übernommen, danach ging es mit den Aufstiegen 2009 und 2014 bis in die 2. Liga weiter, ehe 2023 mit dem Sprung in die Beletage des deutschen Fussballs ein Höhepunkt folgte. Das Erfolgsrezept, das hinter dem Steigerungslauf steckt? «Es ist ein Vorteil, dass sich hier alle lange kennen, dass es kurze Entscheidungswege gibt und sich alle als Dienstleister für den Klub sehen. Wir machen uns intern viel Druck. Aber wir mögen es nicht, wenn einer den grossen Max spielt», so Schmidt gegenüber «Bild». «Wir sind familiär und professionell, beides schliesst sich nicht aus. So haben wir eine Nische gefunden, die man auf grössere Vereine nicht eins-zu-eins übertragen kann.»

Mit den Erfolgen hat Schmidt auch Interesse auf der grossen Bühne geweckt. Einen Job in Saudi-Arabien will er nicht annehmen, anders würde es wohl beim FC Bayern München aussehen. Schmidt schlief als Kind in Bayern-Bettwäsche, als Profi warf er 1994 in einem legendären Spiel die Münchner mit dem TSV Vestenbergsgreuth aus dem DFB-Pokal. Und im vergangenen April drehte Heidenheim einen 0:2-Rückstand gegen die Bayern in einen 3:2-Sieg. Ein Sieg, der in die Klubgeschichte einging. «Wegen der Bayern habe ich als Junge angefangen, zwischen Garagen Fussball zu spielen. Aber es ist kein realistisches Ziel, und ich passe auch nicht in die Bayern-Schablone. Max Eberl hat mir prophezeit: Du gehst in Heidenheim in Rente. Und das kann gut passieren», sagt Schmidt heute über einen Wechsel zu seinem einsigen Kindheitstraum.

Ob er überhaupt zu den Münchnern passen würde, ist eine andere Frage. Frank Schmidt setzt auf Bodenständigkeit und Demut. Sein Vater ist im Hospiz verstorben, ein Viertel der Einnahmen seines Buches «Unkaputtbar» spendet er dorthin. Er denkt auch an die Putzfrau in der Kabine, die kommt, wenn die Spieler weg sind und weg ist, wenn die Spieler wieder kommen. Er fragt rhetorisch: «Wird sie im Vergleich zu Fussballern angemessen bezahlt? Eher nicht. Aber ich sage meinen Spielern: Auch ihr könnt Ihr mal was Gutes tun.»

«Wir hätten gerne eine Kaufoption gehabt, das wollten die Bayern nicht»

Ein anderer grosser Faktor für Heidenhgeims aktuellen Erfolg ist Mittelfeldspieler Paul Wanner, das 18-jährige Supertalent, das von den Bayern ausgeliehen wurde. Dass dieses Leihgeschäft zustande kam, sei eine Ehre und eine Bestätigung, dass sich der Klub einen Namen gemacht habe, so Schmidt un der Bild: «Er hatte viele Möglichkeiten. Wir konnten ihn, seine Familie, Berater und den FC Bayern überzeugen, dass wir der richtige nächste Schritt sind. Er ist für seine 18 Jahre extrem weit und sehr auf dem Boden geblieben. Wir hätten gerne eine Kaufoption gehabt, das wollten die Bayern nicht.»

Und dies aus gutem Grund: In seinen ersten vier Spielen in dieser Saison hat Wanner vier Tore und zwei Assists erzielt. Er gilt als eines der grössten Talente des deutschen Fussballs und wird nicht selten mit Jamal Musiala und Florian Wirtz verglichen, beim FCH wurde er beim 4:0 gegen Augsburg zum jüngsten Elfmetertorschützen der Bundesliga-Geschichte. Zudem ist er auch der jüngste Bundesligaspieler aller Zeit der Bayern; sein Debüt gab er am 7. Januar 2022 unter Julian Nagelsmann bei der 1:2-Niederlage gegen Gladbach im Alter von 16 Jahren und 15 Tagen. Jünger bei der Feuertaufe war in der Bundesliga-Geschichte einzig der damalige Dortmunder Youssoufa Moukoko, und zwar genau 14 Tage.

«Die Millionen kommen später, beim FC Bayern kann er mal in die Fussstapfen von Jamal Musiala treten»

«Heidenheim ist für Paul eine ganz fantastische Plattform. Er skort regelmässig. Paul hat ein sehr, sehr grosses Potenzial», sagt Bayerns Sportvorstand Max Eberl, der die Entwicklung des Stars von morgen genau beobachtet. Auch Lothar Matthäus ist von der Karriereplanung Wanners überzeugt und sagt: «Es war die richtige Entscheidung, sich nach Heidenheim ausleihen zu lassen. Dort hat Wanner mit Frank Schmidt auch den richtigen Trainer und kann sich in einem ruhigen Umfeld ideal entwickeln. Die Millionen kommen später, beim FC Bayern kann er mal in die Fussstapfen von Jamal Musiala treten.»

Dass Wanner in seinen jungen Jahren nicht dem grossen Geld nachrennt, wird vielerorts lobend erwähnt. Dortmund-Trainer Nuri Sahin etwa sagt: «Paul Wanner ist ein fantastischer Fussballer. Linksfuss, fantastische Ideen – jetzt ist er auf der grossen Bühne angekommen. Der Schritt nach Heidenheim zeigt, dass er sich entwickeln will. Nicht jeder würde von Bayern nach Heidenheim wechseln, er will spielen und macht das richtig gut.» Ähnlich tönt es von seinem aktuellen Trainer Frank Schmidt. Er macht sich keine Sorgen, dass Wanner trotz des Rampenlichts und der vielen positiven Schlagzeilen abhebt. Schön sei, dass er nur gegen ausse, aber nicht gegenüber dem Spieler erklären müsse, dass man mal den Ball ein bisschen flachhalte, so der Coach: «Er spielt einfach nur Fussball und hat Freude daran. Da braucht man gar nicht so viel Lobhudelei.»

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