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Ein gross denkender Perfektionist

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Die Schweizer haben mit dem Erreichen der WM-Hauptrunde ein Ausrufezeichen gesetzt. Auch dank unerschrockenen und gross denkenden Spielern wie Noam Leopold sind die Perspektiven ausgezeichnet.

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Noam Leopold unterstrich gegen Polen sein grosses Potenzial © KEYSTONE/TIL BUERGY

Es läuft die 50. Minute in der entscheidenden Partie gegen Polen. Noam Leopold kommt am linken Flügel zum Abschluss und verwandelt souverän zum 25:23. Es ist ein sehr wichtiges Tor, nachdem die Osteuropäer nach einem 15:21-Rückstand zum 22:22 und 23:23 zweimal ausgeglichen haben. Überhaupt zeigt Leopold in dieser Partie keine Nerven. Der 22-Jährige trifft fünfmal, der einzige Fehlwurf unterläuft ihm in der 59. Minute beim Stand von 30:27, als das Spiel schon entschieden ist.

Die Nervenstärke kommt nicht von ungefähr. Leopold überlässt nichts dem Zufall und investiert auch viel in den mentalen Bereich. Wenn er einen neuen Wurf lernen möchte, dann schaut er ihn zuerst an und visualisiert ihn dann. Er absolviert Hypnosesitzungen, arbeitet an der Gedanken- sowie vor allem an der Emotionskontrolle und meditiert täglich am Morgen - oft auch vor den Partien.

"Das ist für mich ein wichtiger Bestandteil, um bei mir zu sein und mich nicht in meinen Gedanken zu verlieren", sagt Leopold im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Was ich kontrollieren kann, möchte ich kontrollieren. Der mentale Aspekt entscheidet, ob du gut wirst und wie lange du das Niveau halten kannst."

Während seiner Zeit bei Pfadi Winterthur arbeitete Leopold im Fitnessbereich im Z4P und lernte so seinen Körper noch besser kennen. Er studiert Ernährungswissenschaften im Fernstudium. Dabei kommt ihm zupass, dass er keine fixen Termine hat, er kann sogar entscheiden, wann er die Prüfungen schreibt. Die nötige Selbstdisziplin bringt er mit.

All das hilft ihm, die bestmögliche Leistung abrufen zu können. Am besten abschalten, kann er mit Mangas, das sind japanische Comics. Diese liest er nicht nur, er zeichnet solche auch seit eineinhalb, zwei Jahren. "Ich tauche dann in eine völlig andere Welt ein und überlege mal nicht, wo ich besser werden kann."

Zum Handball ist er durch die Schule gekommen. "Das war eigentlich nur Glück, ich kannte diesen Sport überhaupt nicht, meine Eltern ebenfalls nicht. Dann gab es in der Schule das Angebot von Stäfa Handball, und es packte mich von Anfang an", erzählt Leopold. Das war mit "sechs, sieben Jahren". Während andere auf dem Pausenplatz Fussball spielten, warf er Bälle. Er tat dies stundenlang. "Jeden Wurf, den ich im Fernsehen sah, musste ich probieren."

2021 wechselte er von Stäfa zu Pfadi Winterthur. In der vergangenen Saison startete er dort durch. In den 27 Qualifikationspartien gelangen ihm 210 Tore, womit er die klare Nummer 1 der Liga war. Als Belohnung für die tollen Leistungen bekam er ein Angebot vom französischen Topteam Nantes, das 2018 im Final der Champions League stand. Als er davon erfuhr, war für ihn sofort klar, diesen Schritt zu machen, "egal, was auf dem Papier steht."

Frankreich ist für Leopold eine Traumdestination. Seine Mutter stammt aus Genf, weshalb er zweisprachig aufgewachsen ist. Er spricht sogar lieber Französisch als Deutsch. Und er geniesst es sehr, wie dort der Handball gelebt wird, mag die positive Arroganz der Franzosen. Nantes belegt in der nationalen Liga den 1. Platz und auch in der Champions League läuft es mit Rang 2 in der Gruppe B gut.

Der Druck bei Nantes ist immens. Nach der bisher einzigen Niederlage in dieser Saison in der Meisterschaft musste die Mannschaft beim Präsidenten zum Krisengespräch antraben. "Das ist die Kultur des Vereins", sagt Leopold. Es zähle nur der Meistertitel. Das stählt ihn jedoch. Sehr beeindruckt ist er von seinem spanischen Teamkollegen Valero Ribera, der auf der gleichen Position wie er spielt. "Er ist athletisch nicht der Beste, aber er hat die Mentalität, jeden Wurf zu verwerten. Seine Effizienz ist grandios."

Aktuell spielt Leopold bei Nantes noch eine Nebenrolle. "Es ist schon eine grosse Umstellung, bei Pfadi erhielt ich extrem viel Verantwortung", so Leopold. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, das fehle mir nicht. Es ist jedoch ein weiterer Schritt in meiner Karriere, da gehört es dazu, mal länger auf der Bank zu sitzen. Auch das macht mich besser."

Er macht aber keinen Hehl daraus, dass er bei Nantes schon bald eine Hauptrolle einnehmen möchte. Alles andere würde nicht zu ihm als gross denkenden Menschen passen. "Ich hatte schon immer grosse Träume, möchte die Champions League gewinnen und einer der besten Linksaussen der Welt werden", sagt Leopold, stellt aber klar: "Ich habe auch jetzt noch Zweifel. Das gehört dazu. Aber ich weiss, wie ich noch besser mit diesen umgehen kann. Ein Teil davon ist, grosse Ziele zu haben."

Solche hat er auch mit dem Nationalteam, mit dem er einst an Olympischen Spielen teilnehmen möchte. Zuerst einmal will er aber mit weiteren wichtigen Toren zu einer erfolgreichen Hauptrunde an der WM beitragen. Nächster Gegner ist am Dienstag um 15.30 Uhr Tunesien.

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