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Die ZSC Lions werden Meister – oder doch nicht?

Andy

Meisterprognosen zu erstellen, ist wie Kaffeesatzlesen: Die Gefahr, weit daneben zu liegen, ist immens. Wir verraten trotzdem die Rangliste unserer Meisterkandidaten.

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Der Franzose Alexandre Texier ist bei den ZSC Lions ein Trumpf im Meisterkampf. © IMAGO / Pius Koller

1. ZSC Lions

Der letzte Meistertitel ist schon fünf Jahre her und in schlechter Erinnerung geblieben sind die Playoffs der vergangenen Saison, als die Zürcher in der Finalserie gegen den EV Zug eine 3:0-Führung verspielten. Die Lust auf Revanche ist gross, zumal es das perfekte Szenario wäre, die erste Saison in der neuen Heimat Swiss Life Arena mit einem Titel zu krönen. Von Goalie Simon Hrubec über die von Dean Kukan und Mikko Lehtonen angeführte Verteidigung bis zur mit hochkarätigen Ausländern (Lammikko, Wallmark, Texier, etc.) und Schweizern (Andrighetto, Hollenstein, Bodenmann, usw.) bestückten Offensive – die meisterliche Qualität ist zweifellos vorhanden. An der Bande konnte der Stallgeruch des Versagens mit der Entlassung von Rikard Grönborg entfernt und stattdessen mit Marc Crawford (Champion 2014) meisterliche Erinnerung installiert werden. Die Chancen stehen gut, dass nicht nur die Vergangenheit für Freude sorgt, sondern auch die Gegenwart. Bedingung ist aber, dass nach dem verletzungsbedingten Saisonende von Ludovic Waeber Stammgoalie Hrubec gesund bleibt.

 

2. EV Zug

Nach zwei Meistertiteln in Folge hat der EVZ die direkte Qualifikation für die Playoffs nur knapp geschafft. Ein Grund zur Sorge? Nicht wirklich. Denn die Zuger haben in dieser Saison die Prioritäten etwas verschoben und verfolgten zuerst das Ziel, die die Champions Hockey League zu gewinnen. Das hat nicht gereicht, der EVZ scheiterte im Halbfinal am späteren Champion Tappara Tampere. Die sehr durchschnittliche Regular Season nun als Barometer für die Playoffs zu nehmen, wäre falsch. Mit der vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Trainer Dan Tangnes bis 2026 wurde schon im Dezember für Ruhe gesorgt. Natürlich, die Zuger waren weder in der Offensive noch in der Defensive oder in den Special Teams unwiderstehlich. Aber sie verfügen über die Spieler, die am Ende für den Unterscheid sorgen können. Allen voran Goalie Leonardo Genoni, der in der Regular Season nur 89,80 Prozent der gegnerischen Schüsse hielt, aber in den Playoffs wieder glänzen wird. Auch Topskorer Jan Kovar hat noch Luft gegen oben und wird sein Potenzial wie in den vergangenen zwei Jahren jetzt, wo es um die Wurst geht, ausschöpfen.
 

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SCB-Stürmer Chris DiDomenico kann jedes Spiel entscheiden – für oder gegen sein Team.

3. SC Bern

Erst im letzten Moment das Playoff-Ticket gelöst und nun bereits die Nummer 3 der Meisterkandidaten? Nein, das ist kein Verschreiber oder Versehen. Sondern das Bauchgefühl, dass der SCB nun Rückenwind bekommen hat, sein Potenzial ausschöpft und in einer Positivspirale in einen Flow kommt. Es war am Ende eine verkorkste Regular Season der Berner, daran konnte auch der Trainerwechsel von Johan Lundskog zu Toni Söderholm nichts ändern. Der Sieg gegen Aufsteiger Kloten in den Pre-Playoffs war eine reine Pflichterfüllung, nicht mehr. Aber gerade dieses Weiterkommen kann nun den Turnaround einläuten. Im Derby gegen Biel sind die Mutzen nicht mehr die Favoriten, müssen nicht zwingend gewinnen – diese Last liegt auf den Schultern des Gegners, auch wenn der SCB mit weiteren Siegen natürlich die Chance zu noch mehr Wiedergutmachung bekommt. Und das Kader ist gut genug bestückt, um für Überraschungen zu sorgen: vom talentierten Torhüter Philip Wüthrich über die von Marathonmann Ramon Untersander (in den drei Pre-Playoff-Spielen durchschnittlich 26:54 Minuten Eiszeit) angeführte Defensive bis zu Stürmer Chris DiDomenico, der sich zwischen Genie und Wahnsinn bewegt und ein Spiel jederzeit alleine entscheiden kann – für beide Seiten, mit Toren oder Strafen.

 

4. EHC Biel-Bienne

Rang 2 nach der Regular Season, von Genève-Servette nur wegen der Direktbegegnung von der Spitzenposition verdrängt: Der EHC Biel-Bienne hat bislang eine starke Saison gezeigt und mit fünf Siegen in Folge zum Abschluss der Qualifikation stimmt die Formkurve. Dazu kommt, dass mit Antti Törmänen ein Trainer an der Bande steht, der weiss, wie man in der Schweiz Titel gewinnt – 2013 wurde er mit dem SC Bern Meister. Das Kader ist stark besetzt, besonders auf der Position des Torhüters mit dem Finnen Harri Säteri, der letztes Jahr Olympiasieger und Weltmeister wurde, aber noch nie Landesmeister wurde, und mit Nationalgoalie Joren van Pottelberghe, der sich nach seiner Verletzung zurückgemeldet hat. In der Qualifikation haben die Bieler am drittmeisten Tore erzielt und am zweitwenigsten erhalten, sie verfügen über ein starkes Unterzahlspiel und sind allgemein sehr ausgeglichen. Es sind Faktoren, die eigentlich zu meisterlichem Ruhm reichen könnten. Doch in den letzten Jahren fehlte immer mindestens ein Puzzleteil, um erstmals seit Einführung der Playoffs nur schon den Final zu erreichen. Und das wird auch in diesem Jahr so bleiben.

 

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Servette Jan Cadieux hat das Trainer-Gen seines Vaters Paul-André in sich.

5. Genève-Servette HC

Jahrelang rannten die Genfer mit Chris McSorley dem Erfolg nach, gewannen unter dem charismatischen Kanadier den Spengler Cup (2013 und 2014), standen im Playoff-Final (2008 und 2010), doch zum grossen Coup, dem ersten Meistertitel in der Klubgeschichte, reichte es nicht. Auch in der «Nach-McSorley-Ära» ging das Warten weiter, resultierte aber immerhin 2021 eine weitere Final-Qualifikation (Niederlage gegen den EV Zug). Nun also der erste Triumph in der Regular Season – folgt da auch der erste Meistertitel? Nein! Die Genfer verfügen über ein hochkarätiges Kader mit exzellenten Ausländern – Topskorer Linus Omark, Valtteri Filppula, Daniel Winnik, Teemu Hartikainen oder Henrik Tömmernes – und zwei soliden Torhütern (Robert Mayer und Gauthier Descloux). Und sie haben mit dem 43-jährigen Jan Cadieux einen vielversprechenden, jungen Coach an der Bande, der wohl das Trainer-Gen seines Vaters Paul-André Cadieux (dreimal Meister mit dem SC Bern) in sich und eine vielversprechende Zukunft vor sich hat. Und doch ist die Zeit für den ersten Genfer Meistertitel nicht reif.

 

6. HC Davos

Mit 31. Titeln ist der HC Davos mit grossem Abstand der Schweizer Rekordmeister. Doch den letzten Titelgewinn gab es 2015, noch mit Arno Del Curto an der Bande. Die Transformation in die neue Ära nach dem charismatischen Engadiner ist mittlerweile zwar vollzogen, doch der Erfolg stellt sich einfach nicht ein, weder in der Meisterschaft, noch im mittlerweile abgeschafften Cup oder am Spengler Cup. Und das wird vorderhand so bleiben. Der HCD hat eine solide Saison gezeigt und diese nach der Entlassung von Coach Christian Wohlwend unter den Interimstrainern Waltteri Immonen und Glen Metropolit – sie werden in der kommenden Saison unter Josh Holden wieder zu Assistenten – auf Rang 5 abgeschlossen. Und eigentlich wäre ja noch mehr möglich gewesen, doch zum Abschluss der Regular Season setzte es vier Niederlagen ab. Die Bündner sind so jederzeit in der Lage, jeden Gegner der Liga zu bezwingen – aber schon im Viertelfinal gegen die ZSC Lions ist die Substanz und Kaderbreite für einen Triumph in der Best-of-7-Serie zu gering, zumal mit Verteidiger Magnus Nygren, für den die Saison nach seiner schweren Verletzung vorzeitig beendet ist, ein Schlüsselspieler fehlt und die Energiereserven von alternden Leistungsträgern wie Andres Ambühl (39) oder Marc Wieser (35) in aufreibenden Playoffs nicht unerschöpflich sind.
 

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Lakers-Stürmer Roman Cervenka, mit 16 Toren und 43 Assists der National League-Topskorer der Regular Season.

7. SC Rapperswil-Jona Lakers

Nach Rang 4 im letzten Jahr nun der dritte Platz nach dieser Regular Season: Es ist irgendwie fast märchenhaft, was da am Obersee passiert, wie eindrücklich sich die Lakers entwickeln. Mit solider Arbeit und ohne Traumtänzerei gehen sie Schritt für Schritt vorwärts. Die St. Galler erzielten am zweitmeisten Tore (183) aller Klubs der National League und waren mit 133 Gegentreffern defensiv die Nummer 3 der Liga. Goalie Melvin Nyffeler ist ein äusserst solider Rückhalt und parierte bisher 91,49 Prozent der gegnerischen Schüsse. Sie haben mit dem Tschechen Roman Cervenka den aktuell wohl besten Einzelspieler im Schweizer Eishockey in ihrem Kader, dazu kommt mit dem schweizerisch-amerikanischen Doppelbürger Tyler Moy der drittbeste Torschütze der Qualifikation (24 Treffer). Weshalb nur sind die Lakers lediglich Meisterkandidat Nummer 7? Wer den Titel will, braucht gerade in den Playoffs viel Erfahrung und Coolness. Es sind Eigenschaften, die sich bei den Rapperswilern zuerst noch weiterentwickeln müssen – zumal im Viertelfinal der EV Zug wartet. Der zweifache Meister wird im Hirzel-Derby noch eine Nummer zu gross sein.

 

8. HC Lugano

Der HC Lugano ist eines von sechs Teams, die seit Einführung der Playoffs 1986 den Meistertitel gewinnen konnten. Doch der letzte Triumph ist bald nicht mehr als eine schöne Erinnerung, datiert aus dem Jahr 2006. In dieser Saison haben die Tessiner Headcoach Chris McSorley gefeuert und den charismatischen kanadischen Startrainer durch das erst 30-jährige Eigengewächs Luca Gianinazzi ersetzt. Man kann dies als Wechsel der Strategie und Philosophie deuten, nachdem in der Vergangenheit im Tessin grosse Namen mit hohem Salär geködert worden waren. Lugano verfügt aber auch in dieser Saison über ein Kader, das in der National League jeden Gegner ärgern kann – was die zwei Siege in den Pre-Playoffs gegen das vermeintlich stärkere Gottéron gezeigt haben. Aber irgendwie fehlt der Glaube daran, dass im Tessin nach den vielen Jahren des für Eishockeyprofis als angenehm eingeschätzten Lebens (Stichwort: Eishockey unter Palmen) die ultimative Leistungskultur gelebt wird. Ein Weiterkommen gegen Servette ist möglich – der erste Meistertitel seit 2006 bleibt aber ein Traum.
 

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