"Die Vergleiche mit Roger sind eine Motivation"
Henry Bernet, erster Schweizer Junioren-Champion beim Australian Open, spricht nach der Rückkehr über die Vergleiche mit seinem Vorbild Roger Federer und seine weiteren Pläne und Herausforderungen.
Henry Bernet mag noch nicht viel Erfahrung haben im Umgang mit den Medien. Doch der am Tag seines Finalsieges in Melbourne 18-jährig gewordene Basler weiss natürlich, was die Öffentlichkeit beschäftigt. "Die Vergleiche mit Roger (Federer) sind vor allem eine Motivation", sagt er in einer Medienrunde vor der Davis-Cup-Partie zwischen der Schweiz und Spanien in Biel gleich zu Beginn.
"Jeder in der Schweiz will den nächsten Roger oder den nächsten Stan Wawrinka in Aktion sehen", betont er, "Es war klar, dass es Vergleiche mit Roger geben würde: dieselbe Stadt, derselbe Klub (Old Boys Basel), dieselbe Stimme, dieselbe einhändige Rückhand", meint er und lächelt. "Aber ich konzentriere mich auf mich selbst und versuche, nicht zu viel darüber nachzudenken." Wäre er lieber kein Basler? "Nein, das ist meine Stadt", lacht der Fan des FC Basel.
Der junge Mann ist wortgewandt und hat einen klaren Kopf. Natürlich hat er den Titel "ein bisschen" gefeiert, "in Kombination mit meinem Geburtstag." Er habe auch viele Nachrichten von Spielern und Spielerinnen erhalten, vor allem aus der Schweiz: "Stan (Wawrinka), Ben Shelton, Dominic (Stricker), Belinda (Bencic), Viktorija (Golubic) oder Marc-Andrea (Hüsler) haben mir geschrieben, um mir zu gratulieren", sagt der Basler, der auch eine lange Glückwunsch-E-Mail von der Familie Federer erhalten habe.
Die Müdigkeit ist immer noch spürbar, aber die Anspannung hat sich sichtlich gelegt, und es gibt keinen Grund abzuheben: "Ich freue mich darauf, wieder zu trainieren und nach vorne zu schauen. Ich habe jetzt einen Trainingsblock und werde dann vom 24. Februar bis 2. März am Challenger in Lugano teilnehmen."
Bernet ist bereit, den Sprung ins Profilager zu wagen, und sein Umfeld weiss, was es zu erwarten hat: "Als ich Dominic Stricker (Juniorensieger des French Open 2020) trainierte, fand er die richtige Formel, um den Unterschied zwischen der Juniorentour und den Challengers zu erklären: Bei den Junioren bekommst du Geschenke, bei den Challengers nie", sagt Bernets neuer Coach Sven Swinnen.
Swinnen löst den Deutschen Kai Stentenbach ab, der den Basler betreute, seit dieser vor rund zweieinhalb Jahren nach Biel zu Swiss Tennis wechselte. Die altersbedingte Übergabe des Baslers erfolgte reibungslos: "Ich habe Henry schon letztes Jahr an einigen Turnieren begleitet", sagt Swinnen.
Der Aargauer ist sich bewusst, dass der schwierigste Teil der Arbeit noch bevorsteht, auch wenn der Sieg in Australien viel versprechend ist: "Natürlich ist es toll, einen Grand Slam bei den Junioren gewonnen zu haben. Es ist eine Motivation und Inspiration, und es bringt auch Sponsoren und Medien. Aber die Arbeit geht weiter, man muss auf dem Boden bleiben und langfristig denken", so Swinnen.
Henry Bernet kennt seine Stärken und Schwächen, sein Umfeld auch. Es ist also Geduld gefragt, wenn es um das neue Juwel des Schweizer Tennis geht, zumal er "ein kompletter Spieler ist. Es dauert also länger, bis alle Puzzleteile an ihrem Platz sind", betont Stentenbach und fügt hinzu, dass einer der wichtigsten Bereiche, in denen Bernet Fortschritte machen muss, seine Physis sei. "Er muss körperlich stärker werden", meint der bisherige Coach.
Dass ein Fitnesstrainer in Zukunft ein Muss ist, sei ihm während des Australian Open bewusst geworden, wo er die besten Spieler der Welt in der Umkleidekabine aus nächster Nähe beobachten konnte. "Ich habe gesehen, dass ich körperlich noch viel Luft nach oben habe", räumt Bernet ein. "Am meisten beeindruckt hat mich Jannik Sinner. Früher dachte ich, er ist dünn, aber er hat eine beeindruckende Muskulatur."
Der Basler, der seit Kurzem mit dem Schweizer Ausrüster On verbunden ist, an dem Roger Federer beteiligt ist, tritt in gewisser Weise in die Fussstapfen von Stan Wawrinka und wird vom selben Agenten wie der Waadtländer unterstützt. "Meine Eltern und ich haben letztes Jahr festgestellt, dass wir die verschiedenen Anfragen von Medien oder Sponsoren nicht mehr bewältigen können", erklärt der Teenager, der somit optimale Voraussetzungen für den Sprung zu den Profis hat. "Aber ich weiss, dass die Zähler wieder auf Null gestellt werden, wenn man Profi wird."