Florian Wirtz biss verbittert die Zähne zusammen und sah beim Griff nach der Wasserflasche ziemlich genervt aus.
Bayer 04 Leverkusen und sein grösster Star haben nach ihrer Double-Saison jeglichen Flow verloren - nach einem enttäuschenden 1:1 (1:0) beim FC St. Pauli liegt die Meisterschale für den FC Bayern abholbereit. Acht Punkte wird Bayer in nur noch vier Spielen kaum aufholen können.
"Wir müssen ehrlich sein: Die Chance ist weg! Die Leistung, die wir bringen, ist einfach nicht gut genug", klagte Torschütze Patrik Schick im DAZN-Interview. "Nach so vielen Spielen scheint uns die Energie zu fehlen. Wir haben schon wieder zwei Punkte verloren. Letzte Saison war unglaublich, diese Saison ist leider anders."
Bayer gibt schon auf
Bayer also gibt schon auf, und tatsächlich kann bereits am kommenden Wochenende die Entscheidung fallen. Leverkusen empfängt dann den FC Augsburg - gewinnt Bayer nicht, ist der FC Bayern mit einem Sieg im Parallelspiel gegen Mainz 05 (beide 15.30 Uhr LIVE auf Sky) vorzeitig zum 34. Mal Meister.
Schick hatte Bayer in einer ausgeglichenen ersten Hälfte per Kopf in Führung (32.) gebracht. St. Paulis Carlo Boukhalfa (78.) sorgte mit seinem Treffer aber dafür, dass Bayer seine Minimalchance auf einen Titel in einer komplizierten Saison nach dem Double-Gewinn wohl endgültig verspielte.
"Es tut extrem weh, dass wir nicht gewonnen haben. Wir machen weiter. Auch, wenn es sich gerade schwierig anfühlt: Wir müssen weiter Punkte machen und am Ende schauen", sagte Leverkusens Innenverteidiger Jonathan Tah nach dem Abpfiff bei DAZN.
Auch Trainer Xabi Alonso übte sich etwas in Zweckoptimismus, schätzte die Situation aber zugleich realistisch ein. "Mit diesem Unentschieden ist es mathematisch nicht vorbei, aber wir wissen, dass es schwierig ist. Wir haben zu oft Unentschieden gespielt, um im Bereich der Bayern zu sein. Der Rückstand ist gross, so ist das", sagte der Spanier.
Die Leverkusener haben nun zwar beeindruckende 32 Auswärtsspiele in Folge ungeschlagen überstanden, müssen sich aber an den Gedanken einer Saison ohne Titel gewöhnen. Auch das Startelf-Comeback von Zauberfuss Wirtz änderte nichts daran. St. Pauli verpasste es derweil, sich endgültig aller Abstiegssorgen zu entledigen.
St. Pauli ärgert Leverkusen
Die Heimfans waren bestens gelaunt ins Millerntor-Stadion gepilgert - und sie heizten Bayer von Beginn an ordentlich ein. Die Hamburger auf dem Rasen liessen sich von der erstklassigen Atmosphäre anstecken und rissen das Spiel in Abwesenheit ihres verletzten Kapitäns Jackson Irvine an sich - die erste Chance gehörte St. Paulis Aussenspieler Manolis Saliakas (6.).
Bayer-Coach Alonso hatte mit schwammigen Aussagen zu seiner Zukunft zuletzt für ein wenig Unruhe im eigentlich so entspannten Leverkusener Umfeld gesorgt. Und recht unentspannt gestaltete sich zu Beginn auch der Abend auf St. Pauli: Weil der kampfstarke Aufsteiger nervte und Jeremie Frimpong aus guter Position die Leverkusener Führung verpasste (14.).
St. Pauli kontert Schick-Tor
Immerhin: Gegen Mitte der ersten Hälfte übernahm Alonsos Team die Spielkontrolle; und es belohnte sich in Person von Schick. Der Tscheche köpfte nach einer feinen Freistossflanke von Alejandro Grimaldo unbedrängt zur Führung ein - bereits der 18. Saisontreffer von Schick, dessen Team die knappe Führung bis zur Pause konservierte.
St. Pauli, das dank der samstäglichen Ergebnisse der Kellerteams so langsam mit einer weiteren Saison im Oberhaus planen darf, blieb auch zu Beginn der zweiten Hälfte im Spiel. Bayer-Torwart Lukas Hradecky wischte nach einem gefährlichen Hamburger Freistoss den Ball neben das Tor (61.) - Leverkusen fand in dieser Phase offensiv nicht mehr statt.
In der 74. Minute wurde ein Treffer von Morgan Guilavogui wegen Handspiels zurecht nicht gegeben. Kurz darauf staubte Boukhalfa ab. Und Bayer gab im Titelrennen auf.