Der Versuch einer Analyse nach dem Debakel
Borussia Dortmund blamiert sich in der Champions League beim FC Barcelona. Der Vorjahres-Finalist ist böse abgestürzt und auf oberstem Level derzeit chancenlos.
Nach dem womöglich letzten Champions-League-Auswärtsspiel von Borussia Dortmund für längere Zeit bekam Niko Kovac Zuspruch von seinem einstigen Co-Trainer. Niedergeschlagen lauschte der BVB-Coach, was Hansi Flick, der Trainer des FC Barcelona, ihm nach dem 0:4-Debakel im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League zu sagen hatte. Vermutlich ging es dabei auch um den nächsten derzeit anscheinend übermächtigen Dortmunder Gegner, den FC Bayern.
Flick kam vor sechs Jahren als Assistent von Kovac zu den Münchnern, übernahm nach dessen Entlassung die Verantwortung für die Mannschaft und führte sie zum Triple. Insofern steckte viel Symbolkraft in der Szene. Wie Flick seinen ehemaligen Chef als Trainer überholt hat, ist auch der BVB aus der Liga der Grossen zurückgefallen.
Das jahrelang als Bundesliga-Klassiker ausgerufene Duell mit den Bayern weiter so zu bezeichnen, entbehrt angesichts des sportlichen Absturzes der Dortmunder in dieser Saison jeglicher Grundlage. Auch Kovac weiss, dass am Samstag in der Allianz-Arena wieder Böses droht. "Bayern München auf diesem Niveau ist wie der FC Barcelona", sagte Kovac nach der Demütigung in Katalonien, die der Mannschaft mit dem Schweizer Nationaltorhüter Gregor Kobel praktisch keine Chance mehr für das Rückspiel am kommenden Dienstag lässt.
"Das 0:4 tut weh", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl und machte eine Ansage für die restliche Saison. "Die Bundesliga war unser Fokus und muss unser Fokus sein. Wir haben dort ein sehr, sehr wichtiges Spiel bei Bayern München. Wir müssen da jetzt ein richtig gutes Ergebnis holen."
Wenn das mal so einfach wäre. In der gegenwärtigen Verfassung dürften auch die Bayern einige Nummern zu gross für die Dortmunder sein. "Wir werden schon sehr viel besser und sehr viel mehr verteidigen als am Mittwoch. Denn ohne Verteidigung wird man auch in München Probleme bekommen", sagte Kovac weiter.
In der Bundesliga spielen die Bayern und Meister Leverkusen längst in einer anderen Liga. Die direkten Konkurrenten heissen inzwischen Mainz und Freiburg. Gegen diese Gegner hatte Kovac zuletzt Erfolg, indem er seine Taktik so umstellte, dass sie besser zum Kader zu passen scheint.
Die Rückkehr zu einer Viererkette in der Abwehr in Barcelona erwies sich als Fehler. Gegen die Offensiv-Wucht von Wunderkind Lamine Yamal, Robert Lewandowski und Raphinha waren die Dortmunder hoffnungslos überfordert. Kovac schob dies auf ein kollektives Abwehrversagen.
Recht ungewöhnlich für seinen bisherigen Ansatz wurde der BVB-Coach auch relativ deutlich in seiner Kritik. "Dreimal in einen Konter zu laufen, ist zu viel", sagte Kovac und schimpfte auf die generelle Einstellung. "Wenn du diese tollen Spieler ohne dagegenzuhalten spielen lässt, wird es schwierig."
Laut Kovac hat sein Team allgemein "einiges an Nachholbedarf". Das gilt für den gesamten BVB, dem als Bundesliga-Achter erstmals seit zehn Jahren wieder eine Saison ohne die Champions-League-Bühne droht. Bereits am Wochenende droht in der Verfassung vom Mittwoch der nächste empfindliche Rückschlag.