Der Tanz am Limit
Heute gehen die Weltmeisterschaften in Saalbach-Hinterglemm so richtig los. Im Super-G der Frauen haben die von Lara Gut-Behrami angeführten Schweizerinnen berechtigte und grosse Medaillenhoffnungen. Doch die Konkurrenz ist stark – gerade aus Italien.
Zum WM-Auftakt am Dienstag kam es im Teamevent zum ersten Aufeinandertreffen der Schweiz und Italien. Die Azzurri wurden dabei nach einem Finalsieg gegen die Schweiz Weltmeister, während uns diese WM schon mal versilbert wurde. Es ist eine Medaille, die für eine erste Beruhigung sorgt. Doch mit dem Super-G geht es heute richtig los. Und da ist Lara Gut-Behrami die Frau, die es zu schlagen gilt.
Fünf Rennen, vier Podestplätze
Der Super-G ist ihre Paradedisziplin. Sie versteht es meisterhaft, die Wege abzukürzen. In diesem Tanz am Limit die Grenzen auszureizen. Intuitiv den richtigen Entscheid zu fällen. Das zeigt auch ein Blick auf die Statistik in dieser Saison Fünf Super-G wurden im Weltcup ausgetragen, nur einmal raste die Schweizerin nicht aufs Podest (Rang 5 in St. Anton). Ihre restlichen Ergebnisse: Sieg bei der WM-Hauptprobe in Garmisch, Rang 2 in Cortina, St. Moritz und Beaver Creek.
Mit dieser Bilanz thront Gut-Behrami über dem Rest. Zumal sie auch historisch eine der besten Super-G-Fahrerinnen ist. 23 ihrer total 46 Weltcupsiege hat sie im Super-G gefeiert, mehr gelangen einzig der Amerikanerin Lindsey Vonn (28). Dazu kommen der Olympiasieg 2022, der WM-Titel 2021, WM-Silber 2013 und WM-Bronze 2017. Alles klar?
Doch es gibt einige Athletinnen, die sie heute fordern können. Da sind die Österreicherin Cormelia Hütter (Siegerin in Beaver Creek) und die Amerikanerin Lauren Macuga, die überraschend in St. Anton triumphierte. Oder auch die Podestfahrerinnen Ariane Rädler, Stephanie Venier (beide Österreich) und Kajsa Vickhoff Lie (Norwegen). Dazu kommt, natürlich, die italienische Gesamtweltcupleaderin und Cortina-Siegerin Federica Brignone, die in den fünf Super-G in diesem Winter nie schlechter als auf Rang 5 klassiert war, allerdings im gestrigen Abfahrtstraining überhaupt nicht auf Touren gekommen ist und an Grossanlässen im Super-G noch nie Edelmetall einfahren konnte. Aber: Sie ist in einer bestechenden Form und wenn ihr eine fehlerfreie Fahrt gelingt, ist sie eine ganz heisse Kandidatin.
Speed-Queen Goggia stapelt tief
Zu den grössten Medaillenanwärterinnen gehört auch Sofia Goggia, die Mitte Dezember in Beaver Creek vor Gut-Behrami gewonnen hat. Die italienische Speed-Queen ist allerdings auf der Abfahrt stärker einzuschätzen und stapelte am Mittwoch nach dem Abfahrtstraining tief und sagte: «Heute genau vor einem Jahr habe ich mich schwer am Bein verletzt und musste mit dem Helikopter abtransportiert werden.» Goggia erlitt damals einen Schienbeinbruch, der für harte Zeiten und eine weitere Operation m Spätherbst sorgte. «Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich heute die WM bestreite, hätte ich das nicht für möglich gehalten. Für mich ist es ein Wunder und ein Geschenk, hier zu sein.» Wenn sie eine Medaille gewinnen sollte, «wäre ich überglücklich. Wenn nicht, dann ist das auch kein Problem. Mein grosser Fokus liegt auf Olympia 2026».
Vonn angeschlagen
Nicht zu den ersten Medaillen-Kandidatinnen gehören die Italienerin Marta Bassino, die an der letzten WM vor Mikaela Shiffrin (nicht am Start) und den zeitgleichen Cornelia Hütter und Kajsa Vickhoff Lie gewonnen hatte, aber in dieser Saison überhaupt nicht auf Touren kommt und es noch bei keinem Rennen in die Top 5 geschafft hat. Und auch die Amerikanerin Lindsey Vonn, die Super-G-Rekordsiegerin im Weltcup, zählt nur zu den Aussenseiterinnen. Die 40-Jährige überrascht bei ihrem Comeback zwar positiv und zeigt phasenweise, wozu sie auch ihrem für eine Skirennfahrerin schon sehr fortgeschrittenen Alter noch in der Lage ist. Doch aktuell ist sie angeschlagen. Wie sie am Mittwoch via Instagram mitteilte, leide sie an einer «schlimmen Erkältung oder Grippe». Das werde sie aber nicht von ihrem WM-Comeback abhalten, «nach allem, was ich durchgemacht habe, um hier zu sein», so Vonn. Acht WM-Medaillen hat sie in ihrer «ersten Karriere» gesammelt – und steht heute erstmals nach 2188 Tagen wieder am Start eines WM-Rennens. Beeindruckend!