Der HSV zittert: Eine Frühjahrs-Tradition der ungewollten Art
2:4 gegen Eintracht Braunschweig, 1:1 bei Schalke 04 und 1:2 gegen den Karlsruher SC: Drei Spieltage vor dem Saisonende, steckt der Hamburger Sport-Verein urplötzlich in seiner nächsten Frühjahrs-Krise. Die Krux: Mittlerweile scheint die Verunsicherung tief in die Köpfe und Herzen der Spieler vorgedrungen zu sein. Doch es gibt Hoffnung.
Sicher nicht… schon wieder
Eigentlich war schon alles klar. Mit 0:3 siegte der HSV am 5. April beim 1. FC Nürnberg und thronte mit einem Vorsprung von sechs Punkten (28/52) auf den FC Magdeburg (Rang 3 mit 46 Punkten) an der Spitze der 2. Fussball-Bundesliga. Mit dem Gastspiel im Frankenland waren die Hamburger 16 Mal unter Trainer-Neuling Merlin Polzin angetreten, hatten dabei 35 Punkte gesammelt und nur ein einziges Mal (am 2. März in Paderborn) verloren. Fern schienen sämtliche Erinnerungen an den sechsmal in Folge verspielten Bundesligaaufstieg, ehe 96 Sekunden im Heimspiel gegen den Abstiegskandidaten Eintracht Braunschweig ausreichten, um alles auf den Kopf zu stellen. 40. Minute: Ballverlust von Marco Richter im Mittelfeld, Konter Braunschweig, 0:1. 41. Minute: Ballverlust von Marco Richter im Mittelfeld, Konter Braunschweig und Eigentor Silvan Hefti, 0:2. Vorbei war’s mit der Aufstiegs-Herrlichkeit, zurück war stattdessen die Angst, im entscheidenden Moment abermals zu versagen.
Nix zu gewinnen verlieren
Urplötzlich waren sie also zurück, die Symptome der alljährlichen Hamburger Frühjahrsbaisse, besser bekannt als Nervosität und lähmende Verunsicherung. Sichtlich geschwächt, vermochten sich die Hanseaten in den beiden jüngsten Duellen mit Schalke und dem KSC nicht davon zu befreien – im Gegenteil. Doch eigentlich ist die Sache ganz einfach. Erledigt der HSV in den kommenden zwei Wochen seinen Job, feiert er zum Saisonende trotz der aktuellen Mini-Krise die Rückkehr in die 1. Bundesliga. Was es dazu braucht? Leader und Persönlichkeiten, die dem Rest des Teams vor Augen führen, wie gut die Ausgangslage für die Rothosen trotz der letzten Wochen noch ist. Nach wie vor hat der HSV sein Schicksal nämlich komplett in den eigenen Händen, verfügt über den besten Angriff der Liga, die drittbeste Defensive, das beste Torverhältnis und natürlich noch immer über ein Polster von mindestens drei Punkten auf die nachfolgende Konkurrenz. Diese ist es, die sich in Tat und Wahrheit keinen Ausrutscher mehr erlauben darf, während die Hamburger in jedem Spiel sehr viel gewinnen können.
Die Perspektive ist gut
Diese Denke zu verinnerlichen und aufs Team zu übertragen, ist nun die Aufgabe von Führungspersönlichkeiten wie Topskorer Davie Selke (20 Saisontore) oder Sportdirektor Stefan Kuntz, die beide in den vergangenen Jahren nicht Teil der missglückten Hamburger Aufstiegs-Missionen waren. Positive Nachrichten gibt es zudem von der Verletztenfront, wo Neo-Nativerteidiger Miro Muheim (Muskelfaserriss) spätestens nächstes Wochenende wieder ins Team zurückkehren dürfte. Sprich: Drei Spieltage vor dem Saisonende könnte die Ausgangslage eigentlich kaum besser sein. Nicht nur, weil der HSV aus einer Position der Stärke agieren kann, sondern auch, weil die Konkurrenz das zum Teil deutlich schwerere Restprogramm vor sich hat. Während sich die Hanseaten noch mit Darmstadt (12.), Ulm (16.) und Fürth (14.) messen werden, trifft z.B. der erste Verfolger Magdeburg (Rang 3, 50 Punkte) noch auf Paderborn und Düsseldorf (beide 49 Punkte), die Ostwestfalen zudem noch auf Schalke (13.) und den KSC (8.), Düsseldorf ebenfalls noch auf Schalke und Kaiserslautern (49 Punkte) noch auf Spitzenreiter Köln (54 Punkte). Bleibt eigentlich nur die SV Elversberg (49 Punkte), der auf dem Papier gegen Nürnberg, Braunschweig und Schalke ein ähnlich punktereicher Saisonabschluss zuzutrauen ist, wie den Hanseaten – allerdings bei einem Rückstand von vier Punkten und fünf Toren. In Anbetracht von nur noch drei verbleibenden Spielen eine kleine Weltreise, weshalb die Schlussfolgerung nur heissen kann: In diesem Jahr hat es sich ausgescheitert – der HSV kehrt zum Saisonende nach sieben Jahren ins Fussball-Oberhaus zurück.