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Der FC Zürich blickt auf eine wirre Saison zurück

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Nach dem Verpassen der Meisterrunde sind beim FC Zürich fast alle Exponenten konsterniert. Sie reden von "purer Enttäuschung" und widersprechen sich teils gegenseitig.

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Nach dem Verpassen der Meisterrunde stellt sich FCZ-Trainer Ricardo Moniz mit den Spielern den enttäuschten Fans © KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Als Lindrit Kamberi vor die Reporterschar tritt, atmet er zuerst hörbar aus. Und aus dem Seufzer des FCZ-Verteidigers ist bereits herauszuhören, was er später verbalisiert: "Ich bin enttäuscht. Wir hatten uns so viel vorgenommen, und jetzt spielen wir um die Plätze 7 bis 12. Das ist unglaublich, das hätte ich zu Beginn der Saison nie unterschrieben."

Kamberi verschwindet dann in der Kabine. Dort habe "eine grosse Leere" geherrscht, sagt sein Teamkollege Bledian Krasniqi wenig später. "Es war nicht alles schlecht, aber am Ende hat es nicht gereicht. Das ist die pure Enttäuschung." Die beiden Spieler sind sie sich aber auch einig: "Wenn du am Ende der Saison auf die Tabelle schaust, stehst du meistens da, wo du es verdient hast."

Beim FCZ hoffte man auf ein ähnliches Szenario wie im letzten Jahr. Damals qualifizierte sich das Team als Sechster für die Meisterrunde und spielte dort stark auf. Mit vier Siegen machten die Zürcher noch zwei Plätze gut und bestritten sogar für die Qualifikation für die Conference League. Nun ist der Traum vom Europacup frühzeitig geplatzt.

"Wir waren auf dem richtigen Weg, haben gesehen, dass die Mannschaft Fussball spielen kann", konstatiert Präsident Ancillo Canepa. Nach 14 Runden und nur zwei Niederlagen stand der FC Zürich an der Tabellenspitze, ehe der schrittweise Abstieg folgte. Auf Ausrufezeichen wie die Auswärtssiege in Basel und Lugano folgte oft umgehend die Ernüchterung. So kommt auch Canepa zum Schluss, dass schlicht die Konstanz gefehlt habe.

Dass die Mannschaft so unbeständig auftrat, lag aber auch am Verein und seiner Transferpolitik. Vor allem im Winter wurden die Fans durch die Abgänge von Publikumslieblingen wie Antonino Marchesano und Nikola Katic geschockt. Weitere Spieler wie Ifeanyi Mathew, Jonathan Okita oder Nemanja Tosic wurden kurzerhand aussortiert. Mit Benjamin Mendy hingegen verpflichtete der Verein eine höchst umstrittene Persönlichkeit, die wegen Vergewaltigung angeklagt und aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. Eine Erklärung des Klubs folgte erst nach einem öffentlichen Aufschrei und mit grosser Verspätung.

Auch sonst gab es immer wieder Nebengeräusche. Da war der Eklat rund um Labinot Bajrami, als dessen Vater den Trainer mit einem Schirm bewarf. Es gab die kurzzeitige Verhaftung von Daniel Denoon und die Disziplinarmassnahme gegen Junior Ligue, der zwischenzeitlich aus der ersten Mannschaft ausgeschlossen wurde. Episoden, die einzeln eine Randnotiz wären, zusammen aber ein turbulentes Gesamtbild ergeben.

Doch von hausgemachter Unruhe will man in der Vereinsführung nichts wissen. Wie Sportchef Milos Malenovic, der an einer Pressekonferenz im Februar von "Stimmungsmache" sprach, sagt auch Canepa: "Die Unruhe war vor allem ein Medienthema. Natürlich hatten wir gewisse Vorkommnisse, aber die haben wir sehr schnell gemanagt und abgehakt. Auf die sportliche Leistung hatte das keinen Einfluss."

Ganz anders klingt das bei Krasniqi. Auf die Frage, was zum Verpassen der Meisterrunde geführt hat, antwortet der 23-jährige Mittelfeldspieler: "Das ist schwer zu erklären. Es war eine turbulente Saison mit vielen Unruhen." Diese seien "von allen Seiten" gekommen, so Krasniqi weiter. "Das hat uns sicher nicht gut getan, aber ich will das nicht als Ausrede nehmen. Am Ende stehen wir auf dem Platz und haben es dort verspielt."

Nach den beiden unterschiedlichen Aussagen geht die Frage weiter an Trainer Moniz, der einen Mittelweg wählt. Ja, es habe Unruhen gegeben, aber diese seien vor allem disziplinarischer Natur gewesen. Im Verein selbst sei es aber immer ruhig geblieben, man habe immer eine klare Philosophie verfolgt.

Fest steht: Das grosse Saisonziel, ein Platz in den Top 4, muss der FC Zürich schon jetzt abschreiben. Auf die Frage, wer die Verantwortung trage, nennt Moniz sich selbst. "Es ist immer der Coach, so ist unser Job." Was das für seine Zukunft bedeutet, wollte und konnte der 60-jährige Niederländer kurz nach Spielschluss noch nicht sagen. Auch Canepa hielt sich bedeckt: "Wir werden uns sicher alle zusammensetzen und überlegen, wie wir die neue Saison optimal vorbereiten können."

Zeit hat der FCZ genug, im Mai stehen fünf bedeutungslose Runden auf dem Programm. Es sind Spiele ohne Abstiegssorgen, aber auch ohne Perspektive. "Für uns geht es um nichts mehr", sagt Kamberi. Nur um die Ehre. Die Mannschaft will sich würdig von den Fans verabschieden, die auch in Bern wieder zahlreich mitgereist waren, das Team lautstark unterstützten und erst nach Spielende ihren Unmut mit Pfiffen kundtaten.

Während die Spieler bei den Zuschauern Abbitte leisten, kann sich die Klubführung fragen, was genau in dieser zeitweise so vielversprechenden Saison schief gelaufen ist, und wie künftig ein ruhigeres Umfeld geschaffen werden kann.

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