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Der FC Biel ist sportlich im Hoch - und will noch höher hinaus

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Der FC Biel bestreitet zum sechsten Mal einen Halbfinal des Schweizer Cups. Die Seeländer versetzen eine Region in Euphorie und träumen vom Aufstieg in die Challenge League - und vom Coup gegen YB.

Ein paar Sessel laden zum Verweilen ein, in der Buvette ist für Erfrischung gesorgt, und auf dem Rasen wird Fussball gespielt. Es ist eine Szenerie, die abgesehen vom mit Regenwolken verhangenen Himmel das Herz eines jeden Fussballromantikers höherschlagen lässt. Auch Oliver Zesiger ist am Mittwochabend zugegen im Pavillon unweit der Bieler Tissot Arena. Wie er das regelmässig ist, wenn der FC Biel ein Training absolviert, schliesslich ist er als Sportkoordinator des Klubs aus der Promotion League stets daran interessiert, den Puls der Mannschaft zu fühlen.

An diesem Abend hat der 42-Jährige aber noch ganz andere Hüte auf. Denjenigen des Medienkoordinators beispielsweise. Im Pavillon vor dem Trainingsplatz stehen nämlich nicht nur gemütliche Sessel, sondern auch Kameras, Mikrofone und Lichtkegel. Es ist Equipment, das erahnen lässt, dass der FCB gerade viel mehr im Fokus steht, als er sich das gewohnt ist, dass auf einmal Medien aus der ganzen Schweiz wissen wollen, was für ein Klub dieser FC Biel ist und welche Menschen hinter einem Verein stehen, der in dieser Saison auf einer sportlichen Erfolgswelle reitet, die am Samstag (20.30 Uhr) einen neuerlichen Höhepunkt bereithält.

Im Halbfinal des Schweizer Cups treffen die Bieler dann auf die Young Boys, den Schweizer Meister. Es ist eine Partie, welche die Stadt und Grossteile des Kantons Bern in einen Ausnahmezustand versetzt. "Wir hätten über 20'000 Tickets verkaufen können", sagt Zesiger. Die Bieler Arena hat allerdings ein Fassungsvermögen von lediglich 5200 Fans. Auf einer Zusatztribüne, die extra aufgestellt wird, werden weitere 800 Menschen Platz finden, was nicht viel an der Tatsache ändert, dass das Motto für dieses Spiel für das Gros der Leute sein wird: Sofa und Fernbedienung, statt Schalensitz und Bratwurst. Er erhalte immer noch stündlich Anrufe, sagt Zesiger. Und jedes Mal muss er die Hoffnungen der Personen am anderen Ende der Leitung enttäuschen. Trotz vieler Hüte - denjenigen des Ticketdruckers hat er nicht auf.

Zum sechsten Mal in der Vereinsgeschichte steht der FC Biel in diesem Jahr im Halbfinal des Schweizer Cups. Einmal wurde auch diese Hürde genommen, 1961 mit einem 3:1-Erfolg gegen den FC Luzern, ehe dann La Chaux-de-Fonds mit einem 1:0 den ersten Cuptitel verhinderte. Es war eine andere Zeit. Heute sind die Bieler ein ambitionierter Klub aus der Promotion League, dessen oberstes Saisonziel es ist, in die Challenge League zurückzukehren. Bis zum Konkurs und Zwangsabstieg 2016 war der FCB schon während acht Saisons in Serie Teil der zweithöchsten Spielklasse gewesen.

"Das ist das, was wir vor der Saison festgelegt haben. Und das wollen wir unbedingt schaffen", sagt Trainer Samir Chaibeddra. Fünf Runden vor Schluss liegen die Bieler in der Liga punktgleich mit Leader Kriens auf Rang 2, auch Rapperswil-Jona hegt zwei Punkte dahinter noch Hoffnungen auf die Spitzenposition. Es wäre aber falsch, daraus zu schliessen, Biel steige ohne Ambitionen in das Cup-Duell mit YB. "Wenn alles passt, steht uns nichts im Weg, auch YB zu schlagen", sagt Omer Dzonlagic. Der Flügelspieler ist mit elf Treffern hinter Malko Sartoretti der zweitbeste Torschütze in der Meisterschaft, und auch im Cup hat der 29-Jährige schon viermal getroffen, darunter auch im Viertelfinal gegen Lugano zum wegweisenden 1:0. "Klar wäre es eine Riesensensation, wenn wir weiterkommen. Aber genau für solche Träume spielt man Fussball."

Der frühere Akteur des FC Thun ist nicht der einzige Spieler im Kader mit viel Erfahrung auf Profistufe. Ein anderer ist Freddy Mveng. Der 32-jährige Mittelfeldspieler hat 92 Super-League-Einsätze in seinem Resümee, einen davon für die Young Boys. Und mit Xamax und Sion stand er 2011 und 2017 zweimal in einem Cupfinal. Solche Spieler seien extrem wichtig für seine Mannschaft, konstatiert Chaibeddra. Weil sie mit ihrer Erfahrung die jüngeren Teamkollegen führen und für Ruhe sorgen könnten. "Biel ist eine Arbeiterstadt. Diese Mentalität wollen wir auch auf den Platz bringen, indem alle hart und füreinander arbeiten. Es ist wichtig, dass wir alle mit den Füssen am Boden bleiben."

Die Erfahrung kommt auch zum Vorschein, wenn Mveng vor der Kameralinse steht. Hatten vorhin noch einige Spieler Witze darüber gemacht, in Interviews alle genau dasselbe zu sagen und sich so vom Gehalt ihrer Aussagen her den Profis anzunähern, die sie Wochenende für Wochenende vor den Bildschirmen sehen, tönt es bei Mveng so: "Seit ein paar Monaten schauen wir von Spiel zu Spiel. Mit dieser Herangehensweise sind wir gut unterwegs. Das Spiel gegen YB ist ein Match wie jeder andere." Er hält kurz inne. "Ausser, dass das Fest grösser wäre, wenn wir gewinnen." Mveng lacht.

Als Letzter stellt sich im Pavillon Damian Kelvin ins mediale Kreuzfeuer. Taktisch und mental bereit sein, müssten sie, sagt der Innenverteidiger. Abgezockt schiebt er nach, zu viel wolle er nicht verraten. Nicht, dass YB-Trainer Giorgio Contini plötzlich die Blaupause für den Erfolg aus der Zeitung kopieren könnte. "Wenn wir so spielen wie gegen Lugano, wird es für jeden Gegner schwierig." Sprich: Aufsässig, diszipliniert, geduldig und konzentriert. Zusammen etwas Schönes kreieren, wollten sie, sagt der 22-Jährige.

Doch was wäre ihm denn persönlich wichtiger, der Aufstieg in die Challenge League oder ein Sieg gegen YB? Kelvin lacht. Sein Blick schweift rüber zu Aushilfsmedienchef Zesiger, der mit ebenso breitem Grinsen gespannt auf die Antwort wartet. Er sagt: "Unsere erste Priorität ist der Aufstieg." Nonverbal hat er da aber längst kommuniziert, dass er wohl am liebsten "beides" gesagt hätte.

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